Aus dem Gericht Prozess in Bernburg eröffnet Blick in menschliche Abgründe
Drei Jahre Haft für Drogenbesitz, Körperverletzung und sexuellen Missbrauchs der Stieftochter.

Bernburg/MZ - In dem Märchen der Brüder Grimm vom „Teufel mit den drei goldenen Haaren“ schlüpft ein König in die Rolle des bösen Stiefvaters. Der Monarch kauft einer armen Frau ihren Sohn ab, dem vorhergesagt wird, dass er im Alter von 14 Jahre die Königstochter heiraten wird. Das wollte der Regent jedoch nicht und legte das Baby in eine Schachtel, die er ins Wasser warf, um den Jungen zu töten.
Die Geschichte, die sich kürzlich im Bernburger Amtsgericht im Saal 119 abspielte, war jedoch kein Märchen, sondern blanke Realität. Dabei saß ein Stiefvater auf der Anklagebank, der mehr als 20 Einträge im Bundeszentralregister vorzuweisen hat und über mehrjährige Hafterfahrung verfügt.
„Ich sitze schon seit 1998 auf diesem Stuhl, aber diese Verhandlung besitzt ein Alleinstellungsmerkmal und sprengt den Rahmen des Vorstellbaren. Es blieb dem Schöffengericht nicht erspart, tiefste menschliche Abgründe zu erörtern“, erklärte Strafrichter André Stelzner.
Der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln sowie die Cannabis-Plantage mitten in Bernburg waren nur die Spitze des Eisbergs in der Anklageschrift. Hinzu kamen zwei begangene Körperverletzung gegen zwei seiner Stieftöchter sowie sexueller Missbrauch in sechs Fällen gegenüber der ältesten Stieftochter, die von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machte.
Die beiden anderen Mädchen, die sich in der Obhut des Jugendamtes befinden, erschienen nicht vor Gericht. Eine der beiden jüngeren Mädchen hat jedoch mit ihrem Erscheinen bei der Polizei und der Aussage, dass sie nicht mehr nach Hause wolle, nach Auskunft eines Beamten im Zeugenstand die Ermittlungen erst in Gang gesetzt.
Das Drogengehöft wurde daraufhin beobachtet und eine Durchsuchung vorgenommen. Dabei wurden 1.430 Gramm Marihuana mit einem THC-Gehalt von 94,7 Gramm, ein Gasrevolver, Pfefferspray, zwei Messer und ein Handy sichergestellt. Bei der Auswertung der Handydaten stockte selbst den hartgesottensten Ermittlern der Atem.
Der Stiefvater hat nicht nur seine Cannabis-Plantage, die er seit 2014 betreibt, im Bild festgehalten, sondern auch die Sexspiele mit seiner damals minderjährigen Stieftochter vom Oral- bis zum Geschlechtsverkehr. „Ich frage mich, ob der Strafrahmen des Amtsgerichts überhaupt ausreichend ist“, so der Staatsanwalt mitten im Prozess.
Aufgrund des nach fast drei Stunde abgegebenen Geständnisses, mit dem den zwei jüngeren Mädchen eine Aussage und dem Gericht die in Inaugenscheinnahme der „Pornovideos“ erspart blieb, kam es noch zu einem Urteil.
Für drei weitere Jahre schickte André Stelzner den ihm seit 23 Jahren bekannten Kriminellen hinter Gitter. So lange haben die Stieftöchter Ruhe. Der Staatsanwalt hat aber auch angekündigt, dass gegen die Mutter, die mit dem Angeklagten seit Anfang September verheiratet ist, demnächst ermittelt wird. Sie hätte ihre Töchter vor dem Stiefvater beschützen müssen.