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"Ich bin kein Sesselfurzer" Prozess am Amtsgericht Bernburg: Betrog ein Handwerker vorsätzlich das Jobcenter?

Von Carsten Roloff 05.04.2019, 05:56
Hat ein Handwerker für einen bereits nicht mehr im Betrieb beschäftigten Angestellten weiter Fördergelder kassiert? Mit dieser Frage beschäftigte sich das Amtsgericht.
Hat ein Handwerker für einen bereits nicht mehr im Betrieb beschäftigten Angestellten weiter Fördergelder kassiert? Mit dieser Frage beschäftigte sich das Amtsgericht. Pleul

Bernburg - Höchst ungern lässt sich André Stelzner ins Wort fallen und schon gar nicht beleidigen. Wenn es passiert, wird es etwas lauter im Saal 119 des Bernburger Amtsgerichts. So bei einer kürzlich stattfindenden Verhandlung, als der Strafrichter und Verteidiger Friedhelm Bernsen, dessen Mandant sich wegen Betrugs zu verantworten hatte, verbal aneinander gerieten.

Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautete: Der Handwerker habe im Zeitraum zwischen März und Oktober 2017 einen Zuschuss für einen Arbeitnehmer beantragt, der auch vom Jobcenter bewilligt wurde.

Der ganze Haken an der Sache war, dass dieser eingestellte Arbeitnehmer seinen Vertrag bereits Mitte Mai gekündigt hatte. Das Geld floss aber weiter auf das Konto des Unternehmers, der diese Änderung des Arbeitsverhältnisses jedoch nicht rechtzeitig angezeigt hatte.

Handwerker sagt aus: Ich habe das Jobcenter per Telefon informiert

Der Handwerker sagte aber, dass er das Amt telefonisch unterrichtet habe, als ihm auffiel, dass er das Fördergeld immer noch erhalten hatte. Die Zeugin, eine Mitarbeiterin des Jobcenters, konnte diese Behauptung des Angeklagten jedoch nicht bestätigen.

Der Verteidiger versuchte ständig, die Zeugin aus dem Konzept zu bringen, zum Teil auch durch das Stellen von irrelevanten Fragen, die vom Gericht jedoch nicht geduldet wurden. Als dem Angeklagten dann noch folgende zwei Sätze über die Lippen kamen, war die Laune von André Stelzner endgültig im Keller.

„Ich bin Handwerker und kein Sesselfurzer“

„Es ist hart, dass man mich des Betrugs bezichtigt. Ich bin Handwerker und kein Sesselfurzer“, sagte der Angeklagte, der auf Anraten seines Verteidigers stur blieb, obwohl ihm der Staatsanwalt noch eine goldene Brücke gebaut und in Aussicht gestellt hatte, das Strafmaß erheblich zu reduzieren, wenn er geständig sei.

„Es kann nicht bewiesen werden, dass mein Mandant nicht angerufen hat. Ich fordere Freispruch“, so Friedhelm Bernsen der sich in seinem Plädoyer sich beschwerte, dass ihm vom Vorsitzenden ständig das Wort abgeschnitten worden sei.

Bei seinem Urteil folgte André Stelzner jedoch dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verhängte eine Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen zu je 60 Euro für den Handwerker. Gegen das Urteil will die Verteidigung Berufung einlegen. (mz)