Pflaumenkuchenmarkt in Plötzkau Pflaumenkuchenmarkt in Plötzkau: Vom Viehmarkt zum Volksfest

Plötzkau - Jährlich, immer am zweiten Septemberwochenende, wird in Plötzkau seit nunmehr 240 Jahren ein großes Volksfest gefeiert - der „Pflaumenkuchenmarkt“. Und das seit 1775. Laut Kirchenbuch ist das Fest jedoch erst 1778 aus einem Vieh- und Jahrmarkt entstanden. Leider gibt es in Wort und Bild nur wenig Material über die vergangenen 240 Pflaumenkuchenmärkte. Es wurde kaum fotografiert und nur wenig aufgeschrieben. Gerade aus der Zeit der Nachkriegsjahre bis in die 1970er Jahre hinein ist kaum etwas erhalten.
„Miss Pflaume“ war Tradition
Neben Jahrmarkt, Tanz, Unterhaltung und der Spezialität „Pflaumenkuchen“ gehörte früher auch die Wahl einer „Miss Pflaume“ dazu. Lore Zabel, Margitta Schreiber, Gisela Dolge, Marlies Pape und andere konnten sich über diesen Titel freuen.
Nicht weniger spektakulär war das sogenannte „Hähnekrähen“. Jenes richteten die Herren des Dorfes höchstpersönlich aus und einige verstanden sich perfekt auf das Imitieren, so dass angeblich sogar das Hühnervolk ganz aus dem Häuschen geriet. Man musste spätestens um 7.30 Uhr im Sportlerheim sein, um einen Platz zu ergattern. Sieger waren unter anderem Lothar Schreiber und Lothar Lautenbach. Sie erhielten jeweils einen Siegergürtel, gestiftet von Egon Buhle.
Eine Ausstellung, initiiert vom Verein der Heimatfreunde, greift nicht nur die Geschichte des Marktes, sondern auch andere Begebenheiten auf. Es sind unter anderem Erinnerungen an den Markt, das Thema Eigenheimbau, Haus der Dienste und die Erweiterung der Schule. Silvia Wojtaszek, ehemalige Bürgermeisterin des Ortes, hat dazu vor allem Zeitungssauschnitte und Fotos gesammelt. Zu sehen ist die Ausstellung am Freitag ab 17 Uhr und am Sonnabend von 14 bis 18 Uhr im Jugendklub.
Pflaumenkuchen wird seit jeher in mehreren Varianten in jedem Haushalt gebacken, mal mit Zucker und Zimt, mal mit Streusel, mal mit und mal ohne Sahne. Den Pflaumenkuchen für die Besucher des Marktes hat bis zur Wende noch der Bäckermeister Rudolf Hoppe gebacken. Bei ihm trafen sich die Rentner, um bei einem Schwätzchen die Pflaumen zu entsteinen.
Die duftenden großen Kuchenbleche brachte der Bäcker dann mit Pferd und Wagen zum Markt runter. Seit der Wende entsteint keiner mehr die Pflaumen - das aufwendige Backen stand nicht mehr im Verhältnis zum annehmbaren Verkaufspreis. So übernahm die Bäckerei Latsch aus Bernburg dieses Geschäft.
Um die Veranstaltung finanzieren zu können, wurde früher eine Mark Eintritt kassiert. Dafür erhielt jeder Besucher eine Festplakette. Der Platz wurde mit geliehenen Schneezäunen aus Holz abgesperrt; die Kassierung übernahmen die Jugendlichen der Schule, die hierbei pro Stunde fünf Mark verdienten. Heinz Lisock brachte die Einnahmen am Montag nach dem Fest zur Gemeinde. Im Schnitt kamen zwischen und 8000 und 10 000 Mark zusammen.
Attraktionen, wie die Auftritte des Ensembles des VEB Schwermaschinenbau Magdeburg, eine Modenschau, der Frühschoppen, die Blaskonzerte der Gäste aus Böhmen, die noch vielen bekannte Tanzkapelle „Team 72“ mit Moppel-Reinhard Seidel oder ein Programm der Konzert- und Gastspieldirektion Halle wurden auf diese Weise finanziert. Wichtig war, dass Einnahmen für die Ausgaben reichten. Wenn Geld übrig blieb, wurde in die materielle Basis des Festes investiert.
Eine solche Auswahl an Schaustellern wie heute gab es damals nicht. Ebenso wenig ein derartiges Festzelt. Mit großem Aufwand hatten sich die Plötzkauer früher von Peißen ein Zelt geborgt, welches Freiwillige auf- und auch wieder abgebaut haben. Im Zelt selbst war es gemütlich. Der Gastwirt aus Bründel, Walter und Leni Malkowski, holten bei heißen Temperaturen zur Kühlung der Bierfässer große Eisstangen aus der Papierfabrik Bernburg.
Begehrter Wildschweinbraten
Jedes Jahr konnte der Markt verbessert werden: Holzbänke, eine Bühne, welche unter der Leitung von Günter Bartel gebaut wurde und vieles mehr. Es folgten Holzhütten, an denen es einige Jahre lang Wildscheinbraten gab, welcher vom Fleischer Rudi Köbel und den Frauen aus der Schulküche um Lisa Deumlich zubereitet wurde. Später wurden diese Hütten durch feste Verkaufsstände ersetzt. 1983 wurde die sogenannte Feier- und Freizeithalle errichtet. Dafür waren sogar finanzielle Mittel seitens des Zentralen Wettspielfonds des Rates des Bezirkes Halle zur Verfügung gestellt worden. Die LPG (P) Bründel und eine Feierabendbrigade mit Jürgen Kuhn, Josef Hofrichter, Hermann Hinzdorf sowie den Gemeindevertretern Lothar Kaufmann, Egon Buhle und Martin Bartel kümmerten sich um den Aufbau.
Herr Tarlatt, ein Künstler aus Bernburg, hatte eigens für die Bühne ein Bild gemalt, bestehend aus zwei Teilen. Viele erinnern sich sicherlich noch daran. Einige der Plötzkauer waren etwas verärgert oder enttäuscht von dem Werk, weil darauf nur etwas dickere, nicht gerade hübsche Frauen abgebildet waren.
Freitags war Discozeit für die Jugend auf dem Festplatz; am Sonnabend gab es Tanzmusik in der Weintraube. Die gastronomische Versorgung teilten sich der Konsum und die HO. Vom Rat des Kreises wurde durchgestellt, das der Großhandel Weintrauben für das Fest reservierte. (mz)