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Parkhotel in Bernburg Parkhotel in Bernburg: Ab Dezember wird das Parforcehaus zur Flüchtlingsunterkunft

Von Torsten Adam 18.11.2015, 13:20
Das ehemalige Parkhotel in Bernburg ist eine Unterkunft für Asylbewerber.
Das ehemalige Parkhotel in Bernburg ist eine Unterkunft für Asylbewerber. Archiv/Pülicher

Bernburg - Das Parkhotel am westlichen Stadtrand von Bernburg wird in eine Flüchtlingsunterkunft umgewandelt, in der knapp 400 Menschen wohnen können. Das hat Landrat Markus Bauer (SPD) jetzt auf MZ-Nachfrage bestätigt.

Der Mietvertrag mit den Eigentümern sei in der Vorwoche unterschrieben worden und beginne am 1. Dezember. Weitere Details wie Laufzeit und finanzielle Konditionen zu der Vereinbarung nannte der Landrat unter Hinweis auf seine Verschwiegenheitspflicht nicht. Nur so viel: „Die Miete liegt im wirtschaftlichen Rahmen und der Vertrag gibt beiden Seiten eine gewisse Planungssicherheit.“

Im Jahr 1728 lässt Fürst Victor II. Friedrich von Anhalt-Bernburg das Parforcehaus unweit der Wippermündung in die Saale errichten, als Ausgangspunkt für Jagden im Auwald, die es dort bis 1752 gibt. Danach verliert das Haus zunächst seine Bedeutung und dient nur noch als Fasanerie. Mit Zustimmung des Anhaltischen Landtages wird das ehemalige fürstliche Jagdhaus im Jahr 1872 an den Gastwirt Theodor Schröter verkauft, der es allerdings nur ein paar Jahre führt. Bereits 1879 wird ein W. Ohlhoff in einer Anzeige des Bernburger Wochenblattes als Inhaber genannt. In den folgenden Jahrzehnten erfreut sich das Objekt bei den Bernburgern als Ausflugslokal großer Beliebtheit. Im Zuge einer Restaurierung im Jahr 1994 wird an das Parforcehaus ein 4-Sterne-Hotel mit 104 Zimmer und sieben Suiten sowie Tagungsräumen angebaut.

Der Landrat drückt den Mietpreis

Nach MZ-Informationen ist eine vierjährige Laufzeit vereinbart worden. Die ursprünglich vorgesehene Monatsmiete von 150.000 Euro hatten die Kreistagsmitglieder in ihrer nichtöffentlichen Sitzung am 4. November mehrheitlich gekippt und den Landrat beauftragt, in Nachverhandlungen den Preis um 15 Prozent zu drücken. Demnach liegt dieser nun bei 127.500 Euro, was Kosten von gut zehn Euro pro Asylbewerber und Tag entspricht. Markus Bauer sagte der MZ lediglich, dass er das vom Kreistag vorgegebene Limit eingehalten habe, das sich deutlich unter den Mietzahlungen bewege, die das Land Sachsen-Anhalt für Flüchtlingsunterkünfte ausgebe.

Die Kreisverwaltung hatte sich entgegen erster Planungen doch für die Inanspruchnahme des durch die Eigentümer angebotenen Hotels entschieden, um dem zuletzt stetig steigenden Flüchtlingsstrom Herr zu werden. Und sie kam damit dem Land zuvor, das laut Bauer ebenfalls mit den Betreibern des Parforcehauses in Verhandlung stand. Mit diesem Schachzug hat der Salzlandkreis nun einerseits selbst mehr Kapazitäten, um die ihm jede Woche zugewiesenen Asylbewerber - zuletzt waren es knapp 150 - vorläufig unterzubringen zu können.

Andererseits wären bei einem Vertrag zwischen Land und Parkhotel-Eigentümern die dort einquartierten Zuwanderer dem Salzlandkreis nicht im Rahmen der festen Verteilungsquote von 9,8 Prozent angerechnet worden. Wie Markus Bauer sagte, solle das Hotel als Durchgangsstation zwischen der Erstaufnahme in Roschwitz und der späteren dezentralen Unterbringung in Wohnungen fungieren. Da die Zeit drängt, soll ein externer Träger zunächst als Interimslösung die Betreuung der Asylsuchenden übernehmen, eine Ausschreibung dieser Aufgabe werde vorbereitet. Noch ungeklärt sei bislang, ob das Objekt einem bestimmten Flüchtlingsklientel vorbehalten bleibt.

Was wird aus Hotelangestellten?

Ungewiss ist derweil die Zukunft der Angestellten des Hotels, das seit ein paar Tagen nicht mehr buchbar ist, wenngleich die Internetseite einen anderen Eindruck vermittelt. „Unser Interesse ist, dass sie nicht arbeitslos werden, wir wollen vermittelnd tätig werden, können aber nicht in Arbeitsverträge eingreifen. Die Menschlichkeit muss sich nicht nur auf die Flüchtlinge, sondern auch die Beschäftigten erstrecken“, sagte der Landrat.

Thomas Gather, Handlungsbevollmächtigter des Eigentümers, dementierte auf MZ-Nachfrage in den sozialen Medien kursierende Meldungen, dass es bereits Kündigungen gegeben hat. Und das sei auch nicht vorgesehen: „Wir werden keinen auf die Straße setzen und haben die Zusage, dass die Angestellten vom neuen Träger übernommen werden.“ Geschäftsführer Johannes P. Gather hatte am 30. Oktober allerdings auch schriftlich gegenüber der MZ behauptet, „dass es keine Vereinbarung mit dem Salzlandkreis über die Nutzung des Parkhotels als Asylbewerberunterkunft gibt“.

Wenige Tage zuvor waren da jedoch schon die Kreistagsmitglieder zu der Sondersitzung einberufen worden, um über die Anmietung des Objektes für diesen Zweck zu fest ausgehandelten Konditionen zu entscheiden. Nach MZ-Informationen sind derzeit vom Stammpersonal nur noch wenige Mitarbeiter im Hotel tätig. Ob die anderen gekündigt wurden oder einen Aufhebungsvertrag gegen Abfindung unterschrieben haben, ist unklar. Sicher ist nur, dass die fünf Azubis weg sind, sie können ihre Lehre im „Acamed Resort“ in Neugattersleben beenden. (mz)