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Denkmalschutz Oberste Geschoss am "Hotel Wien" in Bernburg wird abtragen: Bernburger Wohnstättengesellschaft investiert

Von Torsten Adam 08.01.2020, 13:58
Bernburgs Baudezernent Holger Dittrich (links) und BWG-Geschäftsführer Holger Köhncke mit einer historischen Zeichnung, die als Vorbild für den denkmalgerechten Umbau des „Hotels Wien“ dient.
Bernburgs Baudezernent Holger Dittrich (links) und BWG-Geschäftsführer Holger Köhncke mit einer historischen Zeichnung, die als Vorbild für den denkmalgerechten Umbau des „Hotels Wien“ dient. Engelbert Pülicher

Bernburg - Das „Hotel Wien“ in der Bernburger Talstadt wird, salopp gesagt, einen Kopf kürzer gemacht. Die Wohnstätten GmbH (BWG) als neuer Eigentümer des stadtbildprägenden Hauses an der Ecke Krumbholzstraße/Breite Straße möchte im kommenden Jahr die vierte Etage abtragen und die Kubatur wieder so herstellen wie zur Erbauungszeit um 1750.

In der zweiten und dritten Etage, beide bislang ungenutzt, sollen sechs Ein-Zimmer-Appartements für Studenten eingerichtet werden. Das kündigte Geschäftsführer Holger Köhncke gegenüber der MZ an. Die Kosten für das Vorhaben schätzt er auf knapp 800 000 Euro. Der Baubeginn ist für das Frühjahr 2021 anvisiert, die Fertigstellung bis zum dritten Quartal 2022.

Seit Jahresbeginn ist das traditionsreiche „Hotel Wien“  in der Hand der BWG. Zuvor hatte der Hauptausschuss des Stadtrats den Verkauf der Immobilie an das Tochterunternehmen einstimmig gebilligt - zum Verkehrswert von 46 000 Euro.

Kreisbaubetrieb hatte das Gebäude Mitte der 1980er Jahre saniert

An das ursprüngliche Antlitz des Gebäudes werden sich nur noch ältere Bernburger erinnern können. Denn vor rund 35 Jahren war es der Kreisbaubetrieb, der es maßgeblich veränderte und um ein Stockwerk erhöhte. „Drinnen ist alles nur Stahlbeton, lediglich die Fassade ist historisch“, sagt Holger Köhncke.

Unter heutigen Denkmalschutz-Vorschriften hätte die Sanierung so wohl nicht vonstattengehen können. Die BWG plant nun, das gesamte Haus mit Leben zu erfüllen. Das Erdgeschoss wird bereits seit acht Jahren von der Jugendkulturinitiative Bernburg als Kulturzentrum genutzt. Bestandteil des unbefristeten Mietvertrages ist auch eine Drei-Raum-Wohnung für Vereinsmitglieder und Studenten.

In der zweiten und dritten Etage sollen jeweils drei Ein-Raum-Wohnungen in Größen zwischen 15 und 22 Quadratmetern zuzüglich einer eigenen Sanitärzelle entstehen. Pro Stockwerk werden die Appartements um eine Gemeinschaftsküche erweitert.

Auch eine neue Treppenanlage ist vorgesehen. Holger Köhncke geht davon aus, dass das stadtnahe Wohnen unter den Studenten der Hochschule Anhalt oder anderen jungen Mietern auf großes Interesse stößt. Mit dem Angebot wolle die BWG auch den Zeitgeist treffen. „Wir merken, dass der Trend weggeht von großen Wohngemeinschaften“, erklärt der Geschäftsführer.

Ist die vierte Etage abgetragen, soll das Haus ein 30-Grad-Walmdach erhalten, wie es typisch für die Zeit des Klassizismus war. Ein Ausbau des Dachbodens sei nicht vorgesehen. Mit der Dachneueindeckung der Krumbholzstraße 18 und dem Einbau neuer Holzfenster in der Nummer 19 wäre die komplette Außenhülle des Gebäudeensembles nachhaltig und gestalterisch angemessen saniert, schätzt Holger Köhncke ein.

Rund um Markt in Bernburg werden vier Gebäude saniert

Das „Hotel Wien“ ist nur eins von vier Mosaiksteinen, die sich zu einem schöneren Stadtbild rund um den Markt in der Talstadt zusammenfügen sollen. Die Stadt lässt derzeit das ehemalige fürstliche Regierungsgebäude Markt 28 aus dem Jahr 1746 durch einen neuen Dachstuhl sichern.

Schräg gegenüber, am Eckhaus Markt 12/13, will die BWG möglichst im Februar mit dem Abriss eines hinteren Anbaus beginnen, um das Einzeldenkmal aus dem Jahr 1890 für einen Investor aufzuhübschen. Holger Köhncke rechnet damit, dass diese Arbeiten etwa ein halbes Jahr dauern werden.

Im Idealfall erfährt das Haus das gleiche Schicksal wie das einen Steinwurf entfernte Gebäude Nienburger Straße 4. Auch dort hatte die BWG Anbauten abgebrochen und die Immobilie dann Anfang 2019 weiterverkauft. Der Erwerber will nach MZ-Informationen in diesem Jahr mit der Restaurierung beginnen und dort Wohnungen einrichten. (mz)