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Neonazi-Frauen in DDR Neonazi-Frauen in DDR: Immer nur "Freundinnen von Nazis"

Von Felix Filke 21.10.2018, 10:56
Femke Opper ist in die Texte der Ausstellung in der Gedenkstätte in Bernburg vertieft.
Femke Opper ist in die Texte der Ausstellung in der Gedenkstätte in Bernburg vertieft. Pülicher

Bernburg - Rechtsextremismus war in der DDR ein absolutes Tabuthema – und offiziell überhaupt nicht existent. Dass die Wahrheit anders aussah, zeigt die Ausstellung „Rechtsextreme Frauen in der DDR der 1980er Jahre im Blick von MfS und Polizei“, die am Mittwoch in der Bernburger „Euthanasie“-Gedenkstätte eröffnet wurde.

Rückblick auf die 1980er Jahre in der DDR

„Mitte der 1980er Jahre wurde immer offensichtlicher, dass die DDR ein Problem mit Rechtsextremismus hatte“, sagt die Historikerin und Kuratorin der Ausstellung, Henrike Voigtländer.

Wendepunkt war demnach der 17. Oktober 1987, als ein Punk-Konzert in der Berliner Zionskirche von etwa 30 Skinheads aus der rechten Szene der DDR überfallen wurde – auch wenn die DDR-Führung von West-Berliner Rechtsradikalen sprach.

Kaum untersucht ist aber bislang die Rolle von Frauen innerhalb dieser gewaltbereiten Gruppen in der DDR. „Frauen werden mit ihren politischen Meinungen und Handlungen oft übersehen und unterschätzt“, sagt Voigtländer. Und das Beispiel des Nationalsozialistischen Untergrunds um Beate Zschäpe zeige, dass das bis heute so sei. Auch sie sei zunächst als politisch uninteressant eingestuft worden.

Auf Tafeln gibt es die Biografien von vier Frauen

Die Ausstellung besteht aus acht Tafeln, denen man neben allgemeinen Informationen zum Thema „Rechtsextremismus in der DDR“ auch die Biografien von vier Frauen entnehmen kann. Sie alle zogen Ende der 1980er Jahre durch rechtsextremistische Taten und Verhaltensweisen das Interesse des Ministeriums für Staatssicherheit auf sich.

Eine von ihnen ist das kahlgeschorene Skinhead-Girl Sabine P. – auch wenn das nicht ihr richtiger Name ist. Er wurde wie der der anderen Frauen von der Kuratorin geändert. P. stammt aus Potsdam, absolviert eine Lehre zur Textilreinigungsfacharbeiterin und kommt über Fußballspiele des Berliner Fußballclubs BFC Dynamo mit Skinheads in Kontakt.

Skinheads werden in Akte der DDR-Volkspolizei zu Fußballrowdys

1986 reist sie mit einer Skinhead-Gruppe nach Dresden, wird in eine Schlägerei verwickelt und danach von der Polizei verhört. In der Polizeiakte wird sie später als „Fußballrowdy“ bezeichnet – ihre Skinhead-Kleidung und Neonazi-Ideologie bleiben unerwähnt.

Später wird sie verhaftet, weil sie in einem Jugendclub Gäste und Polizisten beschimpft und einen Laternenmast zerstört. Sie selbst bezeichnet sich im Verhör als Neonazi, verhaftet wird sie jedoch wegen „Rowdytums“.

Endvierzigerin ritzte Hakenkreuze in Bäume

Laut Henrike Voigtländer eine gängige Praxis damals und Ausdruck der Fehleinschätzung. Wenn überhaupt, seien Frauen nur die Freundinnen von Nazis gewesen, aber niemals selbst rechtsextrem.

Die Ausstellung widerlegt auch die damalige SED-Meinung, Rechtsextremismus sei ein reines Jugendphänomen. Denn Hilde K., eine weitere beleuchtete Biografie, war schon Ende 40, als sie im Stadtpark einer thüringischen Kleinstadt Hakenkreuze an Bäume malt und Parolen gegen russische Bürger brüllt.

„Ich halte die Ausstellung für sehr gelungen, aber ich hätte mir ein paar mehr Biografien gewünscht“, sagt Ute Hoffmann, Leiterin der Gedenkstätte. „Außerdem hätte mich interessiert, was später aus den Frauen geworden ist.“ Dieses Wissen haben aber die Akten nicht hergegeben, so Henrike Voigtländer. (mz)