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Crystal Meth und Legal Highs Maßregelvollzug der Salus gGmbH in Bernburg: Suchtkranke Straftäter immer häufiger abhängig von illegalen Drogen

Von Dörthe Hein 18.05.2018, 07:54
Heike Mittelstedt, Ärztliche Direktorin des Landeskrankenhauses Bernburg, hat beobachtet, dass Drogenkonsumenten in immer jüngerem Alter zu Rauschmitteln greifen.
Heike Mittelstedt, Ärztliche Direktorin des Landeskrankenhauses Bernburg, hat beobachtet, dass Drogenkonsumenten in immer jüngerem Alter zu Rauschmitteln greifen. Archiv/Stedtler

Bernburg - Suchtkranke Straftäter, die in Sachsen-Anhalts Maßregelvollzug in Bernburg landen, sind immer häufiger abhängig von illegalen Drogen. Es gebe immer weniger Patienten, die eine reine Alkoholsucht mitbringen, teilte die landeseigene Betreibergesellschaft, die Salus gGmbH, auf Nachfrage mit.

Deren Anteil an allen Patienten im Maßregelvollzug habe vor fünf Jahren noch bei 43 Prozent gelegen, inzwischen betrage er aber nur noch rund 22 Prozent. Im Gegenzug sei der Einfluss von Designerdrogen wie Crystal Meth oder sogenannten „Legal Highs“ gestiegen, die in Form von Badesalzen, Kräutermischungen, Lufterfrischern und Reinigern auf dem Markt seien.

Immer mehr Designerdrogen wie Crystal Meth und Legal Highs

Die Ärztliche Direktorin des Landeskrankenhauses Bernburg, Heike Mittelstedt, sagt, es gehe immer seltener um Abhängigkeiten von bestimmten Substanzen.

„Vielmehr steht der Konsum als solcher im Vordergrund, der vom Verlangen nach Ausblendung von Realität und Alltagserleben geprägt ist.“ Oft nähmen die Patienten willkürlich Drogen mit ganz unterschiedlichen Wirkungen - je nachdem, was verfügbar sei.

Im Maßregelvollzug werden Menschen untergebracht und therapiert, die von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln abhängig sind und deshalb straffällig wurden. Zudem werden dort Straftäter behandelt, die aufgrund einer psychischen Erkrankung für ihre Taten nicht oder vermindert schuldfähig sind und eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen.

In Bernburg und Uchtspringe sind 430 Menschen untergebracht

Aktuell steigt die Zahl der Patienten in den Einrichtungen des Maßregelvollzuges. Ende März seien in den beiden Landeskrankenhäusern in Bernburg und Uchtspringe (Landkreis Stendal) 430 Menschen untergebracht gewesen, 2017 waren es noch rund 400. In den Jahren zuvor waren die Zahlen rückläufig gewesen, ausgegangen von 468 Patienten im Jahresdurchschnitt 2013.

Grundlage sei eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gewesen, die unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit zu mehr Entlassungen im Maßregelvollzug Uchtspringe geführt habe, wo psychisch kranke Patienten betreut werden.

Schwere Schäden an Körper und Seele

In Bernburg beobachtet Heike Mittelstedt, dass Drogenkonsumenten in immer jüngerem Alter zu Rauschmitteln greifen. Das habe schwere psychosoziale und organische Folgen - nicht nur mit einer raschen Abhängigkeit, sondern auch mit Schäden am Hirn und Persönlichkeitsstörungen.

„Häufig gehen diese mit erhöhter Gewaltbereitschaft einher“, erläutert die Ärztliche Direktorin. Auch Begleiterscheinungen wie schwere Psychosen würden diagnostiziert. Sie müssten behandelt werden, bevor überhaupt die Suchtproblematik angegangen werden könne.

Moderne Therapien und mehr Personal

Viele Patienten seien zu einem normalen sozialen Miteinander kaum in der Lage - es müsse quasi eine Erstsozialisierung erfolgen. Den gewachsenen Herausforderungen wurde laut Salus im Landeskrankenhaus Bernburg mit der Weiterentwicklung der Therapiekonzepte begegnet, aber auch mit mehr Personal.

Zwischen März 2017 und März 2018 sei die Zahl der Kräfte im Krankenpflegedienst von 150 auf 172 erhöht worden. Statt zwei gebe es nun vier Sporttherapeuten. Zudem seien vor dem Hintergrund der gestiegenen Gewaltbereitschaft auch Krankenpfleger zu Antigewalt-Trainern ausgebildet worden, die entsprechende Therapiegruppen leiteten.

Nach Angaben der Salus liegt die Planzahl der Vollzeitkräfte in den Einrichtungen des Maßregelvollzugs Sachsen-Anhalt bei aktuell 650. In den meisten Berufsgruppen könnten die Stellen mit geeigneten Bewerbern besetzt werden. Schwierig sei aber die Gewinnung von Fach- und Assistenzärzten für das Landeskrankenhaus Uchtspringe. Dort seien aktuell 3 von 15 Stellen unbesetzt. (dpa)