Martinskirche in Bernburg Martinskirche in Bernburg: Architekt Conrad Wilhelm Hase kehrt auf Gemälde zurück

Bernburg - „Es gibt unglückliche Zufälle, aber auch schöne. Dieser gehört zur letzteren Gruppe“, sagt Jürgen Weigelt, während er auf ein Bild zeigt, das drei Meter weiter auf einem Schrank steht. Von dem Bild hat sich der ehemalige Bernburger Museumsdirektor in dieser Woche getrennt und es stattdessen der Martinsgemeinde übergeben. Dort gehöre es hin.
Denn wie sich durch lange Recherche herausgestellt hat, ist darauf der Erbauer der Bernburger Martinskirche zu sehen. Conrad Wilhelm Hase. Für den Gemeindekirchenrat ist das eine kleine Sensation. Denn bisher war nur den wenigsten bekannt, wer für den Bau des Gotteshauses zwischen 1884 und 1887 überhaupt verantwortlich war. Dass Jürgen Weigelt ausgerechnet zum 130. Bestehen der Kirche - sie wurde am 5. Oktober 1887 eingeweiht - Licht ins Dunkel bringen würde, kommt da sehr überraschend.
„Ich dachte, es sei ein Selbstbildnis”
Mindestens aber genauso überraschend wie für den Geschichtsexperten selbst. Schließlich ist er schon vor mehr als zehn Jahren zu dem Bild gekommen. „Bei einer Auktion, ich weiß gar nicht mehr wo“, erzählt Weigelt. Dort hat er das Bildnis eines alten Mannes ersteigert. Rechts unten am Bildrand ist noch der Maler Tronnier und das Jahr 1903 vermerkt. „Ich bin lange davon ausgegangen, dass es sich um ein Selbstbildnis handelt“, erzählt der Kunstliebhaber. Weil er aber auf Nummer sicher gehen wollte, fing er irgendwann an zu recherchieren.
Tronnier war ein Maler aus Hannover. „Ich habe dann meinen ehemaligen Amtskollegen in Hannover angerufen. Der brachte mich auf die Spur“, erzählt Weigelt. Denn der Maler hatte zum Zeitpunkt, als das Bild gemalt wurde, gerade erst seinen 30. Geburtstag gefeiert. „Er konnte es also gar nicht selbst sein“, erzählt der 68-Jährige. Wer aber auch in Hannover zu Hause war und im Jahr 1902 verstarb, war Conrad Wilhelm Hase, den der Amtskollege auf dem Bild erkannt haben wollte.
Pfarrer Karl-Heinz Schmidt war sofort begeistert
Bei der weiteren Recherche stellte sich heraus, dass eben genau dieser schon vor mehr als 100 Jahren seine Spuren in Bernburg hinterlassen hat. Und zwar genau genommen 58 Meter hohe. Denn genauso weit reicht die Spitze der Martinskirche in den Himmel.
Als dann bei Pfarrer Karl-Heinz Schmidt das Telefon klingelte und ihm erstmals von dem in Öl gemalten Zufall erzählt wurde, war er hellauf begeistert. „Ich wollte das Bild sofort sehen“, erzählt Schmidt. Schließlich hat durch den Erbauer der Martinskirche auch eine neue Ära in Bernburg begonnen. Es ist eine Zeit, in der die Schlosskirche aus allen Nähten platzte. „Die Gemeinde hatte zu der Zeit mehr als 12 000 Mitglieder“, begründet Schmidt, warum eine zusätzliche Kirche immer wichtiger wurde.
Warum wurde ein Kirchenbauer aus Niedersachsen beauftragt?
Warum man dafür aber ausgerechnet diesen renommieren Kirchenbauer aus Niedersachsen engagierte und keinen aus der Region, sei nirgends festgehalten. Es freut Schmidt aber umso mehr. Immerhin kann sich Bernburg damit in eine Riege mit der Christuskirche in Hannover und der Erlöserkirche in Berlin Rummelsburg einreihen, die ebenfalls durch die Pläne des Architekten Hase entstanden. Inzwischen ist auch mit dem Gemeindekirchenrat abgesprochen, was mit seinem Bildnis passieren soll.
„Es wird in den Eingangsbereich der Kirche gehängt“, sagt Schmidt. Auch wenn der darauf zu sehende Hase grimmig schaut. „Das passt eigentlich gar nicht zu ihm. Er wurde immer als freundlich und heiter beschrieben“, hat Schmidt recherchiert. Und was hängt nun an der frei gewordenen Stelle im Herrenzimmer der Weigelts? Natürlich etwas anderes, so Jürgen Weigelt: „Ein Bild vom SchlossBallenstedt. Das hat meine Frau sehr begrüßt. Ich werde den alten Mann aber schon ein bisschen vermissen.“ (mz)
