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Neues Bewertungssystem Leitrer von Pflegeheime in Bernburg sehen Pflege-Tüv überwiegend positiv: itarbeiter werden durch Prüfung sensibilisiert,

Von Franz Ruch 04.03.2020, 15:56
Betreuung mit Kaffee und Kuchen: Simone Track (Mitte) ist Pflegedienstleiterin im Pfauschen Stift in Bernburg.
Betreuung mit Kaffee und Kuchen: Simone Track (Mitte) ist Pflegedienstleiterin im Pfauschen Stift in Bernburg. Engelbert Pülicher

Bernburg - Das Bewertungssystem für Seniorenheime mit stationärer Langzeitpflege ist überarbeitet worden. Der „Pflege-Tüv“ wird von Einrichtungen in Bernburg unterschiedlich aufgenommen. Gelobt wird, dass das wenig aussagekräftige alte System durch ein mehr am Patienten orientiertes neues System abgelöst werde.

Kritisiert wird, dass dadurch die grundlegenden Probleme in der Pflege nicht behoben würden. Der Pflege-Tüv soll Betroffenen helfen, bei der Suche nach einem Heimplatz die Qualität der Einrichtungen besser zu beurteilen.

Statt der Noten im alten System gibt es detaillierte Bewertungen

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte das alte Prüfsystem als „Farce“ bezeichnet. Fast alle Heime hätten am Ende „irgendwie die Note eins bekommen“, kritisiert er. Und tatsächlich: Im bundesweiten Durchschnitt erhielten die Heime die Note 1,2.

Der Kritik schließt sich Mandy Grüneberg, Leiterin des Seniorenzentrums „Krumbholzblick“ in Bernburg, an: „Viele Heime haben zuvor mit super Noten abgeschlossen, aber wenn man hinter die Kulissen geschaut hat, wurden die Defizite deutlich“.

Noten gibt es beim neuen Prüfsystem nicht mehr. Stattdessen gibt es Bewertungen, die detailliert über Qualität und Mängel aufklären. Jetzt melden die Einrichtungen selbst Daten aus der eigenen Pflegedokumentation. Zusätzlich begutachten Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) die Einrichtung.

Bis Ende 2020 sollen alle Heime mindestens einmal geprüft werden. Die Ergebnisse werden auf den Webseiten der Krankenkassen veröffentlicht.

Alle Pflegeheime soll bis Ende 2020 mindestens einmal geprüft werden

Wichtige Änderungen gibt es bei der Art und Weise, wie die Prüfer des MDK die Qualität der Heime bewerten. Neben einem Gespräch mit den Pflegebedürftigen und der Kontrolle ihres Pflegezustands soll das Fachgespräch mit den verantwortlichen Mitarbeitern in den Pflegeheimen wesentlicher Bestandteil der Prüfung sein.

Claudia Weiß vom Qualitätsmanagement der Pflegeheime der Kanzler von Pfau’sche Stiftung in Bernburg begrüßt das: „Selbst, wenn in der Dokumentation etwas nicht notiert wurde, hat das Pflegepersonal die Möglichkeit, offene Fragen mit dem Prüfer zu klären“.

So sehe sie es auch positiv, dass jetzt zweimal statt einmal jährlich geprüft wird. „Vorher wurde nur auf die Daten geschaut. Mit dem neuen Pflege-Tüv steht der Bewohner im Vordergrund“.

Im Pflegeheim Rosenblick werden die Patientendaten noch handschriftlich dokumentiert

Doch das neue System bleibt nicht ohne Kritik. Die beginnt bei der Umstellung des alten auf das neue System. Michael Fritzsching, Heimleiter der Senioren- und Pflegeheime Rosenblick in Bernburg, hat in seinem Pflegeheim noch eine handschriftliche Dokumentation der Patientendaten. Diese sei deshalb für seine Mitarbeiter enorm zeitaufwendig. „Wir versuchen es auszugleichen, sodass es nicht auf die Pflege zurückfällt“, sagt er.

Andere befragte Pflegeheime, die technischer aufgestellt sind, beklagen dieses Problem nicht: „Wir haben ein sehr gutes Computerprogramm und tragen nur noch manuell Kleinigkeiten ein. Alles andere geht automatisch“, so Mandy Grüneberg.

Auf der anderen Seite geht es um den Nutzen für die Pflegebedürftigen. So habe Heimleiter Fritzsching nichts dagegen, dass Pflege überprüft wird, zweifle aber an, ob der Pflege-Tüv für die Betroffenen tatsächlich relevant sei: „Es kam noch niemand zu mir und wollte eine Bewertung sehen. Die Leute wollen wissen, ob wir ein Bett frei haben.“

„Mitarbeiter werden durch Prüfung sensibilisiert, auf welche Dinge es ankommt“

Dem schließt sich auch Mandy Grüneberg an. Es gehe für die Angehörigen nicht in erster Linie um Noten, sondern um Platz. Und der sei knapp. „Die Leute sind froh, wenn sie untergebracht werden können“, sagt sie. Erst später, nach einer Eingewöhnungszeit, würden sich Bewohner und Angehörige auch für die Bewertungen interessieren.

Im neuen Pflege-Tüv sieht sie dennoch eine Chance: „Die Mitarbeiter werden durch die Prüfung sensibilisiert, auf welche Dinge es ankommt“. So würden sie motiviert, noch mal „ein Stück genauer“ hinzuschauen.

In einem Punkt sind sich aber alle befragten Bernburger Pflegeheime einig: Ob und wie sinnvoll das neue System tatsächlich ist, wird sich erst gegen Ende des Jahres zeigen, wenn die ersten Bewertungen erfasst sind. (mz)