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Steuerhinterziehung Landgericht Halle: 58 Jahre alter Bauunternehmer aus Bernburg wird wegen Steuerhinterziehung verurteilt

Von Torsten Adam 09.08.2018, 09:58
Auch Wohnungen im Saalespeicher an der Fährgasse in Bernburg vermietete der Angeklagte.
Auch Wohnungen im Saalespeicher an der Fährgasse in Bernburg vermietete der Angeklagte. Pülicher

Halle/Bernburg - Wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen ist ein 58-jähriger Bernburger vor dem Landgericht Halle schuldig gesprochen worden. Die 2. Große Wirtschaftsstrafkammer verurteilte den Bauunternehmer in dieser Woche zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten ohne Bewährung. Zwei Monate davon gelten bereits als verbüßt.

Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass der Mann den Fiskus um 1,05 Millionen Euro geschädigt hat. Dabei sei er mit hoher krimineller Energie vorgegangen, sagte der Vorsitzende Richter Helmut Tormöhlen in der Urteilsbegründung.

Angeklagter täuschte Finanzämter in Köthen und Bitterfeld

Der Angeklagte habe die Finanzämter in Köthen und Bitterfeld vorsätzlich hinters Licht geführt, indem er den Beamten bei zwei Immobilien vorgaukelte, diese nach der Sanierung veräußern zu wollen.

Dass er sowohl das ehemalige Hotel „Goldene Kugel“ an der Wilhelmstraße als auch den früheren Saalespeicher an der Fährgasse von Anfang an vermieten wollte, um so die Verkaufschancen zu erhöhen, verschwieg er.

Aus falschen Angaben resultierten knapp 1,2 Millionen Euro

Wegen der Vermietungen war er nicht vorsteuerabzugsberechtigt. So aber brachten ihm die falschen Angaben in den Umsatzsteuererklärungen der Jahre 2007 bis 2010 Zahlungen von insgesamt knapp 1,2 Millionen Euro ein. Es waren quasi zinslose Darlehen, die sich der Beschuldigte vom Finanzamt ohne dessen Wissen erschlich.

Mit dem Geld finanzierte der Bauunternehmer nach Angaben des Richters die laufenden Hausrestaurierungen. „Er machte für beide Objekte Aufwendungen geltend, obwohl er wusste, dass das nicht rechtens ist“, sagte Tormöhlen in Bezug auf Zeugenaussagen, die den Beschuldigten als kundig in Steuersachen beschrieben hatten.

Seine Baufirma ging wenig später Pleite

Seine Firma, der zu dieser Zeit offenbar das Wasser schon bis zum Hals stand, konnte er mit diesen Steuertricks aber nicht mehr retten - die Kommanditgesellschaft, deren Gesellschafter und Geschäftsführer er war, ging pleite.

Der nicht vorbestrafte Angeklagte ließ sich mit einer von seinem Verteidiger verlesenen Erklärung zur Sache ein, bestritt aber jeglichen Vorsatz. Dies widerlegten jedoch nach Auffassung der Strafkammer die Aussagen der ein Dutzend Zeugen, die seit Prozessbeginn im Juni geladen waren.

Angeklagter bestreitet jeglichen Vorsatz

So hatte der 58-Jährige beispielsweise in einem mit der Stadt Bernburg im August 2009 geschlossenen Modernisierungsvertrag angegeben, nicht vorsteuerabzugsberechtigt zu sein. Das heißt, er hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Vermietungsabsichten und nicht erst - wie vor Gericht behauptet - später.

Aus dem Denkmalschutzprogramm von Bund, Land und Stadt war die Restaurierung des früheren Bernburger Vorzeigehotels „Goldene Kugel“, das seitdem als Seniorenheim genutzt wird, mit 1,1 Millionen Euro an Fördermitteln unterstützt worden.

Steuer-Rückzahlung ist keine Selbstanzeige

Zwar meldete der Bauunternehmer, der in Bernburg eine ganze Reihe stadtbildprägender Gebäude erworben hatte, dem Finanzamt nach seinen Vergehen veränderte Besteuerungsgrundlagen und zahlte 132.000 Euro zurück. Doch als Selbstanzeige sei dies nicht zu werten, sagte der Richter.

Helmut Tormöhlen hielt dem 58-Jährigen allerdings zugute, dass er mit dem Geld nur einen Liquiditätsengpass überbrücken und seine Firma retten wollte. „Eine Vermögensverschiebung konnten wir jedenfalls nicht feststellen.“ Mildernd habe sich auf das Strafmaß auch ausgewirkt, dass die Taten lange zurückliegen.

Gericht stufte Taten nicht als besonders schwer ein

Dass sich das Verfahren so lange hinzog, habe den Angeklagten belastet. „Für diese Zeitdauer muss man sich fast schämen“, sagte der Richter mit Mahnung an die Politik, die personellen Voraussetzungen für angemessenere Prozesszeiten zu schaffen. Anders als von der Staatsanwältin im Plädoyer gefordert, entschied sich das Gericht deshalb, die Taten nicht als besonders schwere Fälle einzustufen.

Der Bernburger nahm das Urteil gefasst auf. Er hat nun die Möglichkeit, Revision einzulegen. Das heißt, dass eine andere Instanz das Urteil auf mögliche Rechtsfehler überprüft, nicht jedoch noch einmal die tatsächlichen Umstände des Falls untersucht. (mz)