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Kritik an Hinhalte-Taktik Kritik an Hinhalte-Taktik: Geduldsfaden könnte bald reißen

Von Torsten Adam 07.06.2018, 05:56
Marcus Holzhauer vor der Brachfläche, auf der einst das „Haus der Werktätigen“ stand. Die Giebelwand vor seinem Elternhaus dahinter ist zu einem Streitpunkt zwischen den Nachbarn geworden.
Marcus Holzhauer vor der Brachfläche, auf der einst das „Haus der Werktätigen“ stand. Die Giebelwand vor seinem Elternhaus dahinter ist zu einem Streitpunkt zwischen den Nachbarn geworden. Engelbert Pülicher

Bernburg - Ein Teil vom „Haus der Werktätigen“, in der DDR-Ära jahrzehntelang ein beliebter Anlaufpunkt für Feiern, ist vor drei Jahren abgerissen worden.

Die restlichen Gebäude auf dem Grundstück an der Bernburger Schulstraße verschwanden im Dezember 2017. Der Ärger bei den Nachbarn nicht.

Im Gegenteil, er begann erst so richtig. Sorgten sich Ilona und Thomas Holzhauer zunächst um das über 20 Jahre leerstehende und zusehends verfallende Gebäude, gärt jetzt ein handfester Streit mit dem Eigentümer der Brachfläche.

Kritik an Hinhalte-Taktik: Sicherungsarbeiten vernachlässigt

Stein des Anstoßes: die freigelegte, nun Wind und Wetter ausgesetzte Giebelwand.

Dass sie zum „Haus der Werktätigen“ gehört, darüber sind sich beide Streitparteien offenbar einig.

„Das Haus Schulstraße 19, in dem meine Eltern wohnen, wurde einst wohl daran angebaut“, sagt Marcus Holzhauer, der erwachsene Sohn des Ehepaares.

Er wirft dem Besitzer des benachbarten Areals vor, Sicherungs- und Instandhaltungsarbeiten bislang ebenso vernachlässigt zu haben wie eine Schadensregulierung.

Damit meint er konkret die an den Innenwänden des Elternhauses auf der Giebelseite auftretenden Risse und den bröckelnden Putz.

Eventuelle Feuchtigkeitsschäden seien zumindest noch nicht sichtbar. Lediglich die Abrissfirma habe bisher Schäden auf dem Hof ausgeglichen.

Kritik an Hinhalte-Taktik: Gesetzlich geregelt

Familie Holzhauer beruft sich auf das Nachbarschaftsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt.

In Paragraf 10, Absatz 3, ist geregelt, dass derjenige, der sein Haus abreißt, für die Schadensbeseitigung an der bis dato gemeinsam genutzten Wand verantwortlich ist und sie „auf eigene Kosten in einen für eine Außenwand geeigneten Zustand zu versetzen“ hat.

Erst die weitere Unterhaltung würde dem Nachbarn, in diesem Falle den Holzhauers, zur Last fallen.

„Wir setzen noch auf eine gütliche Einigung“, sagt Marcus Holzhauer.

Doch der Geduldsfaden könnte bald reißen. Vor allem deswegen, weil sich die Familie von Thomas Fränkel, Geschäftsführer der Hoch-Tief-Bau Gräfenhainichen GmbH, hingehalten fühlt.

Kritik an Hinhalte-Taktik: Alles schriftlich zugesichert

Er habe sich ihnen Mitte November 2017 als Grundstückseigentümer zu erkennen gegeben und mündlich den Abriss angekündigt.

Im Dezember habe er schriftlich zugesichert, nach den Abbrucharbeiten die Sicherung der Giebelwand vorzunehmen.

Im Januar sei die Baustelle dann geräumt worden.

„Meine Eltern forderten Herrn Fränkel mehrmals mündlich und dreimal schriftlich mit von einer Gerichtsvollzieherin beglaubigten Schreiben im Januar, Februar und März zum Handeln auf.

Er hat nicht geantwortet“, sagt Marcus Holzhauer.

Kritik an Hinhalte-Taktik: Die andere Version

Er hat sich in die Angelegenheit eingeschaltet, weil der Konflikt und die Sorge um ihr Haus für seine Eltern zunehmend zu einer psychischen Belastung geworden sei.

Holzhauers wussten sich schließlich nicht mehr anders zu helfen und suchten im April Thomas Fränkel an seinem Firmensitz auf.

Dort habe er erzählt, dass er der falsche Ansprechpartner sei, weil das Grundstück der Alslebener Hoch- und Tiefbau Verwaltungsgesellschaft gehöre.

Eine Version, bei der er auch auf MZ-Nachfrage bleibt.

Kritik an Hinhalte-Taktik: Unklare Verhältnisse

Marcus Holzhauer findet das seltsam.

Nicht nur, weil sich Thomas Fränkel bei Abriss-Beginn im Jahr 2015 gegenüber der MZ als Besitzer der Fläche ausgab, sondern auch weil die Geschäftsführerin der angeblichen Eigentümerin gleichzeitig Mitarbeiterin in seiner Firma sei.

Der Gutachter, der die Schäden im Haus der Eltern fotografierte, sei ebenfalls im Auftrag Fränkels gekommen, wie ein Schriftstück belege.

Kritik an Hinhalte-Taktik: Gutachten bleibt noch aus

Auf der Baustelle indes hat sich trotz erneuter schriftlicher Zusage durch Fränkel im April seitdem kaum etwas getan, sagt Marcus Holzhauer.

Mitarbeiter des eingeschalteten Bauordnungsamtes des Salzlandkreises hätten lediglich mehrere Bohrungen in die Giebelwand festgestellt, in denen offenbar Klebeanker angebracht werden.

„Auf das versprochene Gutachten zur Standsicherheit warten meine Eltern bis heute.“

Kritik an Hinhalte-Taktik: Bauordnungsamt sieht keine Gefährdung

Auch wenn Holzhauers sagen, dass bereits kleinere Steine und Tapetenreste von der Wand auf den Gehweg und die Fahrbahn der Schulstraße gefallen sind, geht das Bauordnungsamt nicht von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit aus.

Die Behörde versucht derweil, zwischen den Streitparteien zu vermitteln, teilte Kreissprecherin Alexandra Koch mit.

Kritik an Hinhalte-Taktik: Wand vorerst standsicher

Thomas Fränkel sagte der MZ, dass er im hinteren Bereich die Giebelwand bereits mit der Rückwand des Holzhauerschen Hauses vernadelt habe.

Somit sei sie erstmal standsicher, auch weil die Abrissfirma an der Front einen Pfeiler habe stehen lassen.

„Jetzt muss nur noch in der Mitte der Wand ein Pfeiler neu aufgebaut werden.“

Dies solle ebenso „noch im Juni“ passieren wie die Schadensregulierung auf Grundlage eines vorliegenden Sachverständigen-Gutachtens.

Holzhauers wollen dieses letzte Versprechen abwarten, ehe sie den juristischen Weg einschlagen.

Für die Brachfläche gibt es laut Fränkel noch keine Planung. Sie könnte eventuell als Parkplatz genutzt werden, langfristig sei ein Wohnungsbau angedacht. (mz)