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Kleingartenanlage "Bergstädter"  Kleingartenanlage "Bergstädter" in Bernburg: Ein anderer Wind

Von Torsten Adam 25.06.2019, 11:56
Grundstückseigentümer und „Bergstädter“-Vereinsvorsitzender Stefan Mutz steht vor der imposanten Linde auf dem zentralen Platz an einem neuen Holzzaun, den die Mitglieder montiert haben.
Grundstückseigentümer und „Bergstädter“-Vereinsvorsitzender Stefan Mutz steht vor der imposanten Linde auf dem zentralen Platz an einem neuen Holzzaun, den die Mitglieder montiert haben. Torsten Adam

Bernburg - Nach dem Verkauf des vier Hektar großen Grundstücks durch das Land an Privateigentümer weht ein anderer Wind durch die Kleingartenanlage „Bergstädter“ am Südrand von Bernburg. Dem einen gefällt das, dem anderen nicht. Wie immer ist es eine Frage der Perspektive.

Thomas Fäller hatte dort 15 Jahre lang eine Parzelle gepachtet, nun hat er sie gekündigt. Unter anderem wegen eines aus seiner Sicht ernsthaften Problems. „Die öffentliche Toilettenanlage im Vereinsheim wurde geschlossen. Laut Satzung dürfen wir im eigenen Garten aber kein Klo betreiben“, sagt der 54-jährige Bernburger.

Aus seiner Sicht sei die Nutzung damit stark eingeschränkt, wenn man beim Grillabend in gemütlicher Runde nicht einem menschlichen Bedürfnis nachgehen kann.

Kleingartenanlage „Bergstädter“ in Bernburg: Nachpächterin wurde abgelehnt

Thomas Fäller suchte selbst eine Nachpächterin. Doch diese sei vom Vereinsvorstand, dessen Vorsitzender Stefan Mutz gleichzeitig Miteigentümer des Grundstücks ist, abgelehnt worden. „Obwohl die Frau sogar bereit war, die nun geforderte Kaution von 300 Euro zu bezahlen.“

Für den Bernburger ist das nicht nachvollziehbar. Zudem sei er aus allen Wolken gefallen, als er erfuhr, dass er für die Laube keine Abstandszahlung verlangen darf. Denn sie gehört wegen des im deutschen Einigungsvertrag vereinbarten Schuldanpassungsgesetzes nun ebenfalls dem Grundstückseigentümer. „Das ist de facto eine Enteignung“, sagt Thomas Fäller verärgert.

Beim Regionalverband der Gartenfreunde sei ihm diese Rechtslage bestätigt worden. „Ich sehe, wie hier der Leerstand ringsherum wächst, der Verein muss doch ein Interesse daran haben, die Anlage am Laufen zu halten“, zeigt sich der 54-Jährige irritiert, auch von „seltsamen Bauaktivitäten“.

Kleingartenanlage „Bergstädter“ in Bernburg: Wer nicht zahlt, muss gehen

Stefan Mutz relativiert diese Darstellung. „Alles, was wir hier tun, kommunizieren wir transparent, auch vor ein paar Wochen in der Mitgliederversammlung. Für das Schuldanpassungsgesetz kann ich ja nichts.“

Der Esco-Manager hatte das Grundstück samt der jeweils 250 Quadratmeter großen Parzellen zusammen mit Guido Bestehorn vor zwei Jahren für 55.600 Euro bei einer Internetauktion ersteigert. Nach dem Rücktritt des alten Vorstandes ist Mutz mittlerweile auch Vereinsvorsitzender. Einen Interessenskonflikt sieht er daran nicht, weil der Regionalverband der Gartenfreunde als Zwischenpächter eingebunden sei.

Kleingartenanlage „Bergstädter“ in Bernburg: Trennung wegen mangelnder Zahlungsmoral

Mutz räumt ein, dass der Verein in der Vergangenheit Pächter verloren hat. „Einige sind altersbedingt gegangen, von einer Handvoll haben wir uns wegen mangelnder Zahlungsmoral getrennt“, erklärt er die Gründe.

Es seien aber auch neue Mitglieder gewonnen worden. „Diese schauen wir uns aber genau an.“ Fehler der Vergangenheit sollen vermieden werden. So seien etliche Parzellen total vermüllt hinterlassen worden.

Damit sich das nicht wiederholt, würden nun auf Anraten des Regionalverbandes 300 Euro Kaution verlangt. Um künftig auch Vandalismus vorzubeugen und ungebetene Gäste fernzuhalten, seien an allen drei Eingängen neue Schließanlagen für 1.000 Euro installiert worden.

Kleingartenanlage „Bergstädter“ in Bernburg: Es bleibt eine Gartenanlage

In zwei Arbeitseinsätzen seien nicht nur 30 Nadelbäume, die in Kleingärten verboten sind, gefällt worden. Es seien auch bereits acht vermüllte Parzellen beräumt und zu Wiesen umgestaltet worden. „Zwei sind derzeit in Arbeit, 19 müssen noch gesäubert werden“, erläutert Stefan Mutz die Bauaktivitäten, die - wie er weiß - Raum für allerlei Gerüchte gegeben haben. „Das bleibt eine Kleingartenanlage“, versichert er.

Richtig sei, dass perspektivisch eine Verkleinerung geplant ist. Derzeit würden 88 Mitglieder 98 der 130 Parzellen bewirtschaften. „Einige Pächter sind älter als 80, da sind in den nächsten Jahren weitere Abgänge zu erwarten.“

Deshalb sollen am Ostrand der Anlage 10 bis 20 Parzellen abgegeben werden. Die Fläche könnte für Wohnmobilstellplätze genutzt werden. Eine Reduzierung der Fläche ist für den Vereinsvorsitzenden alternativlos.

Kleingartenanlage „Bergstädter“ in Bernburg: Probleme bei der Pacht

Das Problem ist die Pacht: Die Eigentümer verlangen vom Regionalverband den in der Region erlaubten Höchstsatz von zwölf Cent je Quadratmeter und Jahr. Tatsächlich zahlen die Mitglieder aber rund 18 Cent an den Verein, weil dieser die Pacht für die gesamte Anlage, also auch die leerstehenden Gärten, abführen muss.

Zwar dürfen Pächter für fremde leerstehende Parzellen laut Bundeskleingartengesetz nicht zur Kasse gebeten werden, wie Urteile der Oberlandesgerichte Oldenburg und Braunschweig bestätigten. Allerdings lassen Richter und Gesetz offen, wie die Vereine die Defizite sonst ausgleichen sollen.

Kleingartenanlage „Bergstädter“ in Bernburg: Lokal kein Vereinsareal mehr

Das umfassend sanierte Vereinsheim mit Lindenplatz, Bar, Saal, Kegelbahn und Toiletten ist nach dem Tod des Wirts aus der Pacht herausgelöst worden. Es wird laut Mutz nun an Interessenten vermietet.

Dass die Vereinsmitglieder die dortigen Klos nicht mehr nutzen können, sieht der Eigentümer nicht als Problem. „Fast alle haben sich mit einer Biochemiecampingtoilette in ihrer Laube beholfen“, sagt Mutz. Und früher sei die Toilettenanlage ja auch des Öfteren ausgefallen.

Dass wegen des konsequenteren Vorgehens nun ein rauerer Wind durch „Bergstädter“ weht, sieht Mutz nicht so. Im Gegenteil: „Wir nehmen ein neues Wir-Gefühl wahr, das zuletzt etwas eingeschlafen war.“ Dazu hätten auch die gemeinsamen Aufräumaktionen beigetragen.

Nicht mehr dabei ist Thomas Fäller. Er hat inzwischen eine neue Parzelle in der benachbarten Sparte „Zur Tulpe“ gefunden, seine potenzielle Nachpächterin ebenfalls. (mz)

Blick auf die Kleingartensparte „Bergstädter“, die zu den größten Anlagen in Bernburg gehört.
Blick auf die Kleingartensparte „Bergstädter“, die zu den größten Anlagen in Bernburg gehört.
Engelbert Pülicher