1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Bernburg
  6. >
  7. Kirche St. Wenzel in Peißen: Kirche St. Wenzel in Peißen: Bald tickt die Uhr wieder richtig

Kirche St. Wenzel in Peißen Kirche St. Wenzel in Peißen: Bald tickt die Uhr wieder richtig

Von Susanne Schlaikier 15.11.2020, 14:56
Ivonne Gutzeit, Edith Hoffmann, Simone Schubert und Karola Schulz (von links) aus der Kirchengemeinde Peißen freuen sich, dass die Ziffernblätter endlich restauriert werden. Diesen Job übernimmt Uhrmacher Helmut Ebert (rechts).
Ivonne Gutzeit, Edith Hoffmann, Simone Schubert und Karola Schulz (von links) aus der Kirchengemeinde Peißen freuen sich, dass die Ziffernblätter endlich restauriert werden. Diesen Job übernimmt Uhrmacher Helmut Ebert (rechts). Engelbert Pülicher

Peißen - Höhenangst? Scheinen Ulrich Hörandel und Jan Meissner nicht zu kennen. Bis an die Spitze des Turms der Kirche St. Wenzel in Peißen sind sie geklettert, um dort in 40 Meter Höhe Seile zu befestigen und die Klangschalen herunterzulassen. Aber die beiden sind Fassadenkletterer - und solche Höhen gewohnt. Jedoch nicht nur die gut 100 Jahre alten Klangschalen wurden ausgebaut. Es folgten auch die Teile der Kirchturmuhr. Die Uhr aus dem 19. Jahrhundert der Bernburger Firma Fuchs, die auch die Blumenuhr vor dem Rathaus gebaut hat, muss dringend repariert werden.

Innenleben der Uhr muss generalüberholt werden

Dafür muss nicht nur das „Innenleben“ der Uhr generalüberholt werden, sondern auch die Zeiger und Ziffernblätter abgebaut und aufgearbeitet werden. „Die Fuchs’schen Uhren haben einen ganz besonderen Hemmungsbetrieb“, weiß Uhrmacher Helmut Ebert aus Beesenstedt (Saalekreis).

Seit mehr als 25 Jahren restauriert und wartet er Turmuhren und kennt sich daher bestens aus. Der mechanische Antrieb, von denen es in Deutschland auch nicht mehr allzu viele Kirchturmuhren gibt, bleibe erhalten. „Der elektrische Aufzug wird nachgerüstet, greift aber nicht in die Uhr ein“, erläutert Ebert.

Die Restauration der Turmuhr, die bei einem Sturm im Frühjahr bereits einen Zeiger verloren hatte und schon lange nicht mehr richtig tickt, kostet rund 45.000 Euro. Beinahe die Hälfte davon ist durch Spenden zusammen gekommen. Großzügig gefördert wird das Vorhaben nicht nur von den Betreibern des Erdgasspeichers. „Auch die Peißener haben uns unheimlich unterstützt“, ist Ivonne Gutzeit, die Vorsitzende des Gemeindekirchenrates, die die Reparatur der Uhr mit einigen Mitstreitern wesentlich vorangetrieben hat, dankbar.

Der zweite Versuch war vom Erfolg gekrönt

Der erste Versuch, die zum Teil stark verrosteten Ziffernblätter über einen Balken an einem Flaschenzug nach unten zu befördern, scheiterte zwar. Denn die rund 30 Kilogramm schweren Ziffernblätter mit einem Durchmesser von rund 1,70 Meter waren einen „My“ (umgangsspachlich Mü) zu groß und passten nicht am Balken vorbei.

Aber der zweite Versuch, bei dem sie langsam direkt an der Fassade nach unten gelassen wurden, war erfolgreich.

„Bisher hatten sie einen Hauch von Bahnhofsuhr“

Die Ziffernblätter sollen in Eberts Werkstatt aufgearbeitet werden und einen frischen Anstrich erhalten. Zudem würden sie neu gestaltet, sagt der Uhrmacher. „Bisher hatten sie einen Hauch von Bahnhofsuhr“, meint der erfahrene Restaurator. Künftig sollen römische Ziffern die Zeit anzeigen. Wie lange die Arbeiten dauern werden, vermag Helmut Ebert nicht zu sagen. „Wir wollen es noch in diesem Jahr schaffen“, meint er nur.

Ebenfalls wieder aufgearbeitet werden die beiden Klangschalen. Wann sie zuletzt zu hören waren, weiß auch Ivonne Gutzeit nicht. Es muss auf jeden Fall schon eine ganze Weile her sein. Sie habe auch ältere Leute gefragt, aber niemand könne sich erinnern, sagt Gutzeit. Die Klangschalen sind ebenfalls verrostet, beschädigt und mit Vogelkot beschmutzt.

Die Vorsitzende des Gemeindekirchenrates war über diesen Zustand ziemlich erschrocken. Aber Helmut Ebert meinte, die sähen beinahe aus wie neu. Soll heißen, sie lassen sich wieder reparieren und sollen in Zukunft viertelstündlich schlagen. Wobei der Viertelstundenschlag höher sein werde als der Stundenschlag, sagt der Uhrmacher. Die Schallluken sollen bereits in der nächsten Woche von der Tischlerei Halle aus Beesenlaublingen erneuert werden. (mz)

Die Fassadenkletterer Jan Meissner und Ulrich Hörandel (rechts) lassen eines der vier Ziffernblätter aus dem Kirchturm auf den Boden herab.
Die Fassadenkletterer Jan Meissner und Ulrich Hörandel (rechts) lassen eines der vier Ziffernblätter aus dem Kirchturm auf den Boden herab.
Pülicher
Der Beesenstedter Helmut Ebert begutachtet mit fachmännischem Blick die Klangschalen der Peißener Kirche.
Der Beesenstedter Helmut Ebert begutachtet mit fachmännischem Blick die Klangschalen der Peißener Kirche.
Pülicher