Intersport Strowick in Bernburg Intersport Strowick in Bernburg: Beratung wird groß geschrieben

Bernburg - Nur allzu gern erinnert sich Erdmute Strowick an die ersten Jahre nach der Eröffnung ihres Sportartikel-Geschäftes an der Bernburger Wilhelmstraße: Mit glänzenden Augen saßen Kinder und Jugendliche in dem kleinen Laden und bestaunten die bunten Sportschuhe, Trainingsanzüge und Bälle.
So wie DDR-Otto-Normalbürger zuvor sonst nur in den Intershops die Augen ausfielen. Die schöne neue Sportwelt hielt im November 1990 in der Saalestadt Einzug. Für den Handelsverbund Intersport war der Bernburger Laden einer der ersten fünf in den neuen Bundesländern.
Dass sich Erdmute Strowick damals in das unbekannte Abenteuer Selbstständigkeit stürzte, lag schlichtweg daran, dass nach dem Mauerfall so ziemlich jede Organisationsstruktur aus dem Osten verpönt war - auch der Deutsche Turn- und Sportbund (DTSB), bei dem die waschechte Bernburgerin als Schwimmtrainerin angestellt war. Erst musste sie zerschlagen werden, um sie dann nahezu unter neuem Namen wieder aufzubauen. In diesem speziellen Fall hieß das Kind fortan Kreissportbund.
15 Jahre Lehrerin für Sport und Russisch in Baalberge
Erdmute Strowick, die an der EOS „Karl Marx“ ihr Abitur gebaut und nach dem Studium in Greifswald 15 Jahre lang bis 1988 als Lehrerin für Sport und Russisch an der POS „Geschwister Scholl“ in Baalberge unterrichtet hatte, stand plötzlich vor der Frage: „Gehe ich zurück in den Schuldienst oder mache ich was ganz anderes?“ Die heute 65-Jährige entschied sich für die eigene Existenz.
Und was lag da näher als ein Sportartikel-Laden, hatte sie doch eine besondere Affinität für den Sport - und den Kontakt mit anderen Menschen. Auch der Einzelhandel war nicht gänzliches Neuland: Ihre Abitur-Klasse war 1970 die letzte gewesen, die zusätzlich eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann absolviert hatte.
Facharbeiter-Ausbildung hat geholfen
„Diese Facharbeiter-Ausbildung hat mir geholfen, ich durfte deshalb später auch drei Lehrlinge in meinem Geschäft ausbilden“, sagt Erdmute Strowick, die dennoch so manche Selbstzweifel plagten angesichts der einzugehenden Risiken als Selbstständige, sich aber schnell freischwamm.
Von Anfang an segelte sie unter der Flagge von Intersport. „Ich schaute mir damals mit meinem Mann einen Laden in Helmstedt an und knüpfte dann Kontakte zur Zentrale nach Heilbronn“, erinnert sie sich. Beim weltweit größten Sportfachhändler liefen Strowicks offene Türen ein, schließlich suchte Intersport im Osten Deutschlands seinerseits Partner für die Expansion.
Erstes Geschäft befand sich in der Wilhelmstraße
Im November 1990 war es soweit: An der Wilhelmstraße eröffnete der Laden - in bescheidenem Ausmaß. In zwei Räumen auf insgesamt 80 Quadratmetern boten Erdmute Strowick und eine Angestellte Textilien, Schuhe, Bälle, Rucksäcke und anderes Sportequipment an. „Der Bedarf war riesig, ich fuhr zweimal pro Woche nach Leipzig ins Adidas-Lager, um Nachschub zu holen“, erzählt die Geschäftsfrau, die aber merkte, dass der kleine Laden auf Dauer nicht ausreicht.
Sie machte sich auf die Suche nach einer größeren Verkaufsfläche, fand aber nichts Passendes in Bernburg. So fiel der Entschluss, neu zu bauen am Lindenplatz, wo sich im Herbst 1996 die Tür öffnete zu einem umfassenderen Sortiment, angeboten auf 250 Quadratmetern über zwei Etagen.
Beflocken von Trikots, Besaiten von Tennisschlägern
Das breitere Angebot, ergänzt um Serviceleistungen wie Beflocken und Bedrucken von Trikots, Besaiten von Tennisschlägern, Einstellen von Skiern oder Schleifen von Schlittschuhen verlangte auch mehr Personal. Bernd Strowick, bis dato Dispatcher im Esco-Salzwerk, stieg mit ein und hilft bis heute seiner Ehefrau, mit er seit 44 Jahren glücklich verheiratet ist, auch im Berufsleben.
Die Zeiten haben sich seitdem geändert, das Kundenverhalten ebenfalls. Kein Kind staunt mehr über die bunten Sportsachen, alles ist zur Normalität geworden. Der Konkurrenzdruck aus dem Internet ist groß. Und doch gibt es Argumente, die für einen Kauf im Laden sprechen. „Bei uns können die Sachen angefasst und anprobiert werden, dazu gibt es eine Fachberatung“, sagt Erdmute Strowick, die neben ihrem Gatten auch von den Mitarbeiterinnen Stephanie Model und Stephanie Ziegler unterstützt wird.
Die 65-Jährige verkauft nicht nur Sportartikel, sondern lebt den Sport selbst. Seit 25 Jahren trainiert sie einmal wöchentlich rund 20 Damen in der Step-Aerobic - ein guter Ausgleich zur Arbeit. Das Faible für den Sport hat Erdmute Strowick besonders an eines ihrer beiden Kinder vererbt. Während Tochter Berit in Frankfurt/Main in der Werbebranche tätig ist, arbeitet Sohn Sven in Köln als selbstständiger Zeitlupen-Spezialist fürs WDR-Fernsehen, bereitete schon bei drei Fußball-Weltmeisterschaften die TV-Bilder für ein Millionenpublikum auf.
Auch weil der Nachwuchs seine eigene berufliche Erfüllung gefunden hat, ist noch offen, wer den Intersport-Laden einmal übernehmen wird. Für Strowicks haben diese Gedankenspiele derzeit aber ohnehin noch keine Priorität: „Wir machen noch weiter, wir sind noch fit. (mz)