Hospizdienst in Bernburg Hospizdienst in Bernburg: Patienten nicht allein lassen

bernburg - Es gibt diese Patienten, bei denen Angelika Döring einmal kurz durchatmen muss, bevor sie das Zimmer betritt. Es sind junge Menschen, die schwer krank sind und in absehbarer Zeit sterben müssen, deren Schicksal der 58-Jährigen besonders nahe gehen. Aber das lässt sie sich möglichst nicht anmerken, denn sie möchte den Betroffenen die letzten Wochen, die letzten Stunden so angenehm wie möglich machen. Sie ist eine von 20 ehrenamtlichen Hospizhelfern beim Hospizdienst der Kanzler von Pfau’schen Stiftung.
Anforderungen steigen
Koordiniert werden deren Einsätze von Angelika Börstler. Krankenhäuser, Pflegedienste oder Angehörige wenden sich an sie, wenn sie eine Sterbebegleitung für Schwerkranke wünschen. Börstler schätzt dann im Vorhinein ab, wer mit wem harmonieren könnte. Die Koordinatorin weiß, dass „die psychische Begleitung in der letzten Phase sehr wichtig ist“. Die Anforderungen an die Sterbebegleiter steigen nach ihrer Erfahrung immer mehr und sie wünscht sich daher noch mehr Freiwillige wie Angelika Döring.
„Jeder, der eine schlimme Krankheit hat, sollte das Recht haben, nicht allein zu sein“, meint Angelika Döring. Denn oft sei es tatsächlich die Angst der Betroffenen, am Ende allein zu sein, erzählt die 58-jährige Frührentnerin, die nach ihrem Abschied aus dem Berufsleben nicht einfach nur zu Hause sitzen wollte. „Es beruhigt die Schwerkranken ungemein, wenn jemand da ist und an ihrem Bett sitzt.“
Durch einen Zeitungsartikel ist die ehemalige Mitarbeiterin im Bauamt der Stadt Könnern vor vier Jahren auf das Angebot der ambulanten Sterbebegleitung der Stiftung aufmerksam geworden. Nach einer Informations-Veranstaltung habe sie sich dazu entschlossen, es zu versuchen und an einem entsprechenden Lehrgang teilgenommen. „Ich habe schon immer gern geholfen“, erzählt sie. „Das ist so in mir drin.“ Schon lange vor ihrer Tätigkeit als Hospizhelferin hat sie zwei ihr nahe stehende Menschen bis kurz vor deren Tod begleitet. „Allerdings nicht bis zum Schluss, denn dann kamen sie ins Krankenhaus“, erzählt Angelika Döring. „Nach ihrem Tod hat mich immer die Frage beschäftigt: Was hätte ich noch tun können?“ Inzwischen weiß sie, was Schwerkranken gut tut, wenn auch jeder Fall anders ist und sie sich das Vertrauen immer wieder neu erarbeiten muss. Döring hört dann einfach auf ihr Herz und liegt dabei meistens richtig. Sie hält den Betroffenen die Hand, legt ihre Lieblingsmusik auf, liest ihnen aus der Zeitung vor oder sorgt mit ätherischen Ölen für Entspannung. Und natürlich wird miteinander geredet. Die Themen „Krankheit“ und „Tod“ sind zwar nicht tabu. Aber sie bestimmen nicht das Miteinander. „Wenn man von den Kranken angenommen wird, ist das das schönste Geschenk“, meint Angelika Döring.
Koordinatorin anfangs dabei
Dabei spüre man gleich am Anfang, ob die Chemie stimmt, sagt Döring. Das war auch bei jenem jungen Mann so, an den sie immer noch zurück denken muss. Anfangs sei sie skeptisch gewesen. Doch kaum hatten sie sich das erste Mal gesehen, „war das Eis gebrochen“. Die Koordinatorin der Hospizarbeit Angelika Börstler ist beim Erstgespräch stets dabei. Angelika Döring stellt sich dann vor und fragt die Schwerkranken, was sie von ihr erwarten: „Der eine möchte reden, der andere unterhalten werden“, sagt Döring. Sie ersetzt nicht die Angehörigen, sondern ist einfach da, wenn diese nicht können oder mal eine Stunde für sich brauchen. Und sie übernimmt auch nicht die Aufgaben von Ärzten, die schmerzstillende Mittel verabreichen, oder Pflegediensten. Sie kommt einfach und bringt Zeit und Empathie mit. Bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit, betont sie ausdrücklich, werde sie glücklicherweise von ihrem Mann unterstützt. Denn oft werde sie auch am Wochenende gebraucht.
Auch wenn sie so reflektiert über ihre Arbeit spricht, spurlos gehen die Schicksale nicht an ihr vorbei. Bei der Verarbeitung helfen ihr die monatlichen Treffen mit den anderen Hospizhelfern, bei denen sie über alles reden kann. Außerdem finden regelmäßige Supervisionen sowie Fortbildungen statt, die Angelika Börstler organisiert.
Mit dem Tod der Menschen ist der „Fall“ für Angelika Döring nicht einfach abgeschlossen. Vielmehr ist sie weiterhin für die Angehörigen da, die „oft in ein tiefes Loch fallen“. Und auch die Sterbegeleiter selbst bekommen eine kleine „Auszeit“ ehe sie sich einem neuen Schicksal zuwenden. (mz)