Hölzernes Schiff im Dachgebälk
BERNBURG/MZ. - Guntram Quadt kennt sich in der Marienkirche aus wie in seinem eigenen Zuhause. Kein Wunder, der 64-Jährige ist in dem Gotteshaus in der Talstadt getauft und konfirmiert worden. Außerdem ist der Rentner stellvertretender Vorsitzender des Gemeindekirchenrates. Er ist der Mann, der sich auf dem Dachboden der 1228 erstmals erwähnten Marienkirche traut und auch dort oben scheinbar jeden einzelnen Holzbalken kennt. Es sind unzählige Holzbalken, die das rund 2 000 Quadratmeter große Kirchendach halten. Die Balken der Dachkonstruktion sind alle noch original und werden von Holznägeln zusammen gehalten.
Über eine schmale, ausgetretene Holztreppe gelangt man zuerst in den Kirchturm. Von der Ebene, in der das Uhrwerk der Kirchuhr steht, führt eine schmale Tür auf das Dach des Seitenschiffes. Einige Treppen nach unten, steht man plötzlich vor einer riesigen Tonne mit Tür: Das ist die hölzerne Kirchendecke. "Die Holzdecke ist mit einem speziellen Putz verkleidet und gemalert", sagt Quadt. Dass das Gesims der Marienkirche aus Holz ist, sieht der Besucher deshalb nicht. Die Kirchendecke liegt wie ein riesiges umgedrehtes Schiff inmitten des Daches. "Die Decke ist in den 90er Jahren zum größten Teil erneuert worden", erzählt Quadt. Ein Rest der einstigen Kirchendecke ist erhalten geblieben und hat seinen Platz auf dem Kirchendach gefunden. Die Holzdecke war als Sternenhimmel angestrichen.
Auch das Gebälk der Seitenschiffe musste wegen Hausschwammes ausgetauscht werden. "Hier konnte man nicht laufen. Die Balken wären eingebrochen", sagt Quandt. Auch die alten Schornsteine sind dort oben noch zu sehen. "Die Kirche wurde früher mit sechs Öfen geheizt", erzählt Quadt. Einer der Öfen steht im Kloster, diesen wolle man restaurieren und wieder in die Kirche stellen, erzählt der Rentner.
Über weitere schmale und steile Holzleitern und -treppen geht es hinauf. Ganz hinauf. Elektrisches Licht gibt es dort nicht mehr, nur durch die kleinen Dachfenster wird der Dachstuhl in ein dämmeriges Licht getaucht. "Dort hinten sieht man noch die alten Turmfenster", zeigt Quadt. Denn der Turm wurde zuerst gebaut, das Kirchendach war ursprünglich nicht so hoch, wie heute. "Man hat die Fenster einfach zugemauert, als man das Dach höher gebaut hat", sagt Quadt.