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"Wir bleiben bis zur letzten Minute" Hartmut Smandek arbeitet ehrenamtlich im Hospizdienst der Kanzler von Pfau'schen Stiftung Bernburg: "Wir bleiben bis zur letzten Minute"

Von Franz Ruch 04.04.2020, 12:56
Hartmut Smandek steht vor dem AWO-Seniorenzentrum in Bernburg.
Hartmut Smandek steht vor dem AWO-Seniorenzentrum in Bernburg. Pülicher

Bernburg - Hartmut Smandek gehört zu den wenigen Menschen, die momentan noch ein Pflegeheim betreten dürfen. Doch auch für ihn läuft das jetzt anders ab. Statt Alltagskleidung, trägt er Kittel, Mundschutz und Handschuhe. Bis aufs Äußerste vor Ansteckung geschützt, begleitet er so Menschen auf den letzten Metern ihres Lebenswegs. Der 63-jährige Preußlitzer arbeitet ehrenamtlich im Hospizdienst der Pfau'schen Stiftung in Bernburg - auch während der Corona-Krise.

Hartmut Smandek und seine 24 ehrenamtlichen Kollegen im Hospizdienst wurden einzeln gefragt, ob sie sich eine Arbeit unter diesen Bedingungen vorstellen könnten. „Viele leisten die Betreuung im Moment ausschließlich per Telefon“, erzählt er.

Hartmut Smandek gehört zu den Ehrenamtlichen, die Patienten noch persönlich besuchen dürfen

Er gehöre zu den wenigen, die Patienten noch persönlich besuchen dürfen - wenn auch deutlich seltener. „Ich besuche die Leute nur noch, wenn es akut wird. Das heißt, kurz vor dem Tod“.

Dass der Kontakt zu den Menschen in Pflegeheimen auch für die Hospiz-Betreuung möglichst knapp gehalten wird, bedrückt den ehemaligen Pflegedienstleiter, auch wenn er die Notwendigkeit einsieht. In seiner 15-jährigen Erfahrung in der Hospizarbeit sei es sonst üblich, dass er Betroffene mehrere Wochen bis Monate vor dem Tod begleitet.

„Ich bin oft da, wenn Angehörige nicht da sein können“, sagt der ehemalige Pflegedienstleiter. Für einen Menschen kurz vor dem Tod da zu sein, sei die Hauptaufgabe in seinem Ehrenamt. „Sterben sollte keiner allein. Wir bleiben bis zur letzten Minute“.

„Aber in der finalen Phase, da müssen Sie persönlich da sein“, sagt Hartmut Smandek

Regelmäßige Besuche und engen Kontakt gebe es jetzt maximal noch bei Hausbesuchen oder über das Telefon. „Früher haben wir kaum telefoniert, aber heute sehr viel“, sagt er. Das helfe, den Kontakt zu halten, auch wenn man nicht vor Ort sein kann. „Aber in der finalen Phase, da müssen Sie persönlich da sein“, sagt er.

Dadurch, dass Hartmut Smandek die Betroffenen nur noch selten und unter extremen Bedingungen im Heim besuchen kann, ergeben sich neue Schwierigkeiten. „Die Leute erschrecken sich zunächst, wenn sie mich in der Schutzkleidung sehen. Sie nehmen mich nur noch vermummt wahr“, sagt er.

Gerade von Demenz Betroffene oder ältere Leuten würden oft gar nicht begreifen, was es mit dem Corona-Virus überhaupt auf sich hat. „Bei vielen kommt es nicht an“, sagt er. Dann sei die Situation besonders schwierig.

Nach einer Weile lockere sich dann aber die Stimmung im Raum. Dann setzt sich Hartmut Smandek oft ans Bett und hält die Hand des Menschen. Am Bett könne er trotz der Vorschriften keinen Abstand wahren, sagt er.

„Wenn ich zwei Meter weit weg sitze, bringt das nichts“ 

„Der Patient muss meine Nähe spüren. Wenn ich zwei Meter weit weg sitze, bringt das nichts“. Sorge wegen einer Ansteckung habe er nicht. Und das, obwohl der Ehrenämtler wegen seines Alters und einer Krebserkrankung zur Risikogruppe gehört.

„Die Schutzmaßnahmen halte ich strikt ein“, sagt er. Bevor er das erste Mal ein Pflegeheim in der Krise betreten hat, habe er sich außerdem vorsorglich mit seiner Frau Angela auf das Corona-Virus testen lassen. Nach 27 Jahren Ehe danke er ihr für ihre Unterstützung bei seiner Arbeit.

Als Corona-Helfer appelliert Hartmut Smandek an alle, die Kontaktsperren ernstzunehmen. Kontakt zu seinen Verwandten zu halten sei aber gerade jetzt besonders wichtig, gerade auch für Menschen in Pflegeheimen. Hartmut Smandek macht vor, wie das in Corona-Zeiten geht: „Ich telefoniere jeden Tag mit meiner Mutter“, sagt er. (mz)