Grundschule Beesenlaublingen Grundschule Beesenlaublingen : Unterricht wie zu Kaisers Zeiten

Beesenlaublingen - In Zweierreihen aufgestellt - getrennt nach Jungen und Mädchen -, warten die zehn Zweitklässler auf den Beginn ihrer Schulstunde. Die Tür öffnet sich: Fräulein Rottenmeier erscheint und lässt erst die Jungen, dann die Mädchen eintreten und auf historischen Schulbänken Platz nehmen. „Im Namen des Kaisers begrüße ich euch mit einem Guten Morgen“, sagt sie. „Guten Morgen, Frau Lehrerin“, antworten die Zehn wie im Chor.
Dann heißt es, Haltung annehmen und die Hände vorzeigen. Denn Fräulein Rottenmeier will sie kontrollieren. Diejenigen, die sie kritisiert, müssen aufstehen, aus der Bank treten und sich erklären. Der Rohrstock, den sie die gesamte Zeit über mit sich führt, kommt jedoch nicht zum Einsatz. Lediglich zur Demonstration. Bei dem Schlag auf die Schulbank zucken die Schüler merklich zusammen.
Gustav und Ernestine: Kinder erhalten alte Namen
„Gerade sitzen, Ohren spitzen“, fordert die Lehrerin sodann ein. Es folgt eine Lektion im richtigen Naseputzen, das nicht etwa in den Hemdärmel, sondern in ein Stofftaschentuch erfolgen soll. Während die Mädchen bestickte oder umhäkelte Tüchlein nutzen, greifen die Jungen auf karierte Tücher zurück.
Nach der „Lehrstunde“ in Gehorsam, beginnt der Unterricht. „Hände falten, Schnabel halten“, mahnt Fräulein Rottenmeier und bittet die Kinder zu Schiefertafel, Schwamm und Griffel zu greifen. Jeder soll seinen Namen aufschreiben. Franz, Gustav, Martha und Wilhelmine sind zu lesen - und Marvin. Der Zweitklässler kann sich an seinen neuen Namen - Friedrich - offenbar nicht gewöhnen. So wie er sind alle 90 Kinder der Grundschule Beesenlaublingen am Donnerstag nicht nur in historische Schulkleidung geschlüpft, sondern haben auch andere Namen erhalten - eben solche, die zu Kaisers Zeiten modern waren.
Dass die besondere Schulstunde den Kindern wohl noch lange in Erinnerung bleiben wird, ist Fräulein Rottenmeier, alias Marion Beau, zu verdanken, die hart, aber herzlich die Leitung übernommen hat. Gouvernantenartig schreitet sie im Klassenzimmer auf und ab, fordert den aufmerksamen Blick ihrer Zöglinge ein und fällt zu keiner Sekunde aus ihrer Rolle.
"Besser als jede Geschichtsstunde"
„Es macht Spaß“, sagt sie und ist überzeugt: „Das ist besser als jede Geschichtsstunde.“ Intensiv habe sie sich auf den Tag vorbereitet; viel gelesen und Videos angeschaut, um mit Mimik, Gestik und Sprache den Ton der Zeit zu treffen. Mit Erfolg. Die Kinder lauschen gebannt; keiner tanzt aus der Reihe. Auch sie wurden auf das Projekt vorbereitet. „Ich habe im Vorfeld eine Geschichtsstunde zum Thema Kaiserzeit gehalten“, berichtet Marion Beau.
Dabei habe sie die Regeln erklärt, die die Schüler damals befolgen mussten, und ihnen die Angst vor dem Rohrstock genommen. Wenngleich, die neunjährige Jessica, alias Ernestine, dennoch befürchtet hatte, dass dieser zum Einsatz kommen würde, da sie ihre Handrücken - zum Missfallen von Fräulein Rottenmeier - mit Abziehbildern verziert hatte. Doch sie blieb unbestraft. Nicht zuletzt aufgrund dessen fällt ihr Fazit positiv aus.
Ebenso sieht es Tim, alias Gustav. „Es war mal was anderes und wir haben was Neues gelernt“, sagt der Achtjährige, der nichts dagegen hätte, wenn die Schulstunden immer so gestaltet und alle die gleiche Schulkleidung tragen würden.
Dass die Geschichtsstunden der besonderen Art - am Freitag folgt eine weitere unter dem Motto „Schule Moral“ wie im Jahr 1958 - so gut angenommen werden, freut nicht zuletzt Schulleiterin Claudia Beyer, die anlässlich des 80-jährigen Bestehens der Schule mit ihrem Team eine Festwoche für die Schüler gestaltet hat. Höhepunkt wird am Sonnabend die Teilnahme am Sommerfest im Beesenlaublinger Park sein. Und dann? Dann heißt es kurz Verschnaufen - und den Schlussspurt bis zu den Sommerferien in Angriff nehmen ... (mz)