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Wolga M21 Gaz Wolga M21 aus Bernburg: Musiker liebt seinen Benzin-Fresser Baujahr 1969

Von Katharina Thormann 03.10.2017, 05:55
Johannes Wengorz aus Bernburg fährt einen Wolga M21. Mit genau so einem Modell war er mit seiner Band in den 1970ern unterwegs.
Johannes Wengorz aus Bernburg fährt einen Wolga M21. Mit genau so einem Modell war er mit seiner Band in den 1970ern unterwegs. Engelbert Pülicher

Bernburg - Die Rollings Stones tourten x-mal mit einem Bus durch die Lande, die Kelly Family hatte sogar einen britischen Doppeldecker. Und Johannes Wengorz aus Bernburg? Der setzte sich ans Steuer seines Gaz Wolga M21, wenn er in den 1970ern mit seiner Band „Set Köthen“ zu Konzerten durch die halbe DDR fuhr.

„Die bekannten Bands hatten einen LO oder einen W50 und viele andere wie wir hatten einen Wolga mit Anhänger für die Instrumente“, erinnert sich der 63-Jährige an seinen gehobenen Mittelklassewagen, den damals eigentlich nur Taxifahrer und Mitarbeiter von Behörden fuhren, oder sich die Leiter der großen Betriebe herum chauffieren ließen.

Erinnerung an Touren mit „Set Köthen“ in den 1970er Jahren

Genau aus solch einem Großbetrieb hatte auch der Lackiermeister seinen Wolga bekommen. Zu verdanken hatte er das der Ölkrise, in der man die Spritfresser gern loswerden wollte. Für die jungen Musiker war das kein Problem, trotz der zwölf bis 14 Liter Benzin, die der Wagen pro 100 Kilometer schluckte.

„Wir konnten damals gut das Kilometergeld für die Anfahrt beim Veranstalter abrechnen“, erzählt Wengorz. Da die Band freitags bis sonntags und damit an drei Abenden immer gut gebucht war, sparten sie sich die Heimreisen und übernachteten lieber in günstigen Unterkünften. Und so blieb am Ende für alle sogar noch ein bisschen was übrig im Portemonnaie.

Wolga M21 aus Bulgarien wurde in Hamburg angeboten

Die Erinnerungen an die Zeit brachten den Oldtimerfan vor vier Jahren auf die Idee, sich wieder einen Wolga anzuschaffen, nachdem der damalige für ein neueres Modell, einen Gaz 24 weichen musste. „Heutzutage ist das aber gar nicht mehr so einfach“, sagt Wengorz. Es war ein wahrer Glücksgriff, als er den 1969er Wolga in Hamburg inseriert sah.

Zuvor lief der im russischen Nischni Nowgorod gebaute Wagen in Bulgarien. Erfreulicherweise hatte er sogar fast dieselbe Farbe wie sein früheres Modell. Der Wolga ist nicht der einzige Oldtimer, mit dem Wengorz tagtäglich unterwegs ist: „Wenn ich eins über die Jahre gelernt habe, ist es, dass man einen Oldtimer bewegen muss.“

Und darum werden die Enkel morgens entweder mit dem Wolga oder mit seinem russischen Geländefahrzeug Uaz 469 zur Schule gebracht. In seinem dachlosen Lkw Robur Garant 30 K wäre es dann doch ein bisschen zu zugig. Den hat er übrigens schon seit der Wende, auch der Erinnerung wegen.

„Genau mit solchen Fahrzeugen wurden die legendären Gastrich-Buden in Bernburg mit Brause beliefert“, erzählt Wengorz. In der Werkstatt seines Vaters wurden des Öfteren die Fahrzeuge lackiert und mit Werbung beklebt. „Ich war damals noch ein kleiner Junge und begeistert, wenn sie wieder in der Werkstatt standen“, sagt Wengorz, der aber auch noch zwei Oldtimer-Motorräder hegt und pflegt.

Während seine RT/2 , mit der er seine Frau kennenlernte, im Büro des Lackierbetriebs steht, parkt der SR-2, für den Wengorz zu DDR-Zeiten sogar einen Kindersitz für Sohn Johannes Junior anbaute, auf einem Schrank in der Kundenannahme.

„Ich brauche ein Auto, was lebt”

Ausfahrten unternimmt er am liebsten mit seiner Frau, etwa zu Oldtimertreffen in der Region. Ob die Oldtimer manchmal nicht etwas unbequem sind im Gegensatz zu komfortablen Neuwagen? Da muss der Oldtimerfan den Kopf schütteln, denn: „Ich brauche ein Auto, was lebt. Was unterschiedliche Geräusche macht, sonst ist es für mich zu langweilig. Da verzichte ich gern auf Fahrkomfort.“

Was noch in seiner Sammlung fehlt? „Eigentlich nichts mehr“, sagt Wengorz, der aber gern einmal wieder in einem Ifa F8 sitzen würde. Schließlich war das sein erstes Auto. (mz)

Johannes Wengorz mit seinem Wolga in den 1970ern.
Johannes Wengorz mit seinem Wolga in den 1970ern.
privat
Ein Blick in den Innenraum seines jetzigen Modells - alles ist original belassen.
Ein Blick in den Innenraum seines jetzigen Modells - alles ist original belassen.
Ute Nicklisch