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Fake-Auktionen bei Ebay Fake-Auktionen auf Ebay: Mutmaßlicher Betrüger aus Mansfelder Land gründete Firma mit falschem Pass aus Frankreich

Von Torsten Adam 02.02.2019, 13:57
Mit einer Schachtel Merci bedankte sich der Tatverdächtige immer bei seinen Nachbarn an der Thomas-Mann-Straße in Bernburg, die für ihn Paketlieferungen annahmen.
Mit einer Schachtel Merci bedankte sich der Tatverdächtige immer bei seinen Nachbarn an der Thomas-Mann-Straße in Bernburg, die für ihn Paketlieferungen annahmen. Engelbert Pülicher

Bernburg - Die Spur führte scheinbar nach Frankreich. Ein Trugschluss, wie die Polizei in Bernburg inzwischen nach umfangreichen Ermittlungen weiß. Sie hat im Landkreis Mansfeld-Südharz einen mutmaßlichen Internetbetrüger festgenommen, der rund 500 Ebay-Kunden um ihr Geld brachte.

Sie zahlten per Vorkasse für günstig angebotene Ware wie Fernseher oder Klimaanlagen. Die vermeintlichen Schnäppchen bekamen sie aber nie geliefert. „Der Sachschaden liegt bei mindestens 300.000 Euro“, sagt Reviersprecher Klaus-Peter Schneider der MZ.

Er spricht von einer „hohen kriminellen Energie“. Denn der Tatverdächtige, ein 43 Jahre alter Deutscher, hat den Betrug offensichtlich akribisch und von langer Hand geplant.

Betrüger wurde im Oktober im Mansfelder Land festgenommen

Mit einem französischen Reisepass, ausgestellt auf den Namen Pierre Lemounte, wies er sich im März 2018 beim Eintrag seiner Firma, der Lemounte IT GmbH, ins Handelsregister aus - ebenso bei der Eröffnung eines Kontos bei der Salzlandsparkasse, über das die Transaktionen liefen. „Der Pass ist eine Totalfälschung“, sagt der Polizeisprecher.

Die Fahnder hätten den 43-Jährigen bereits am 25. Oktober vergangenen Jahres in seiner Wohnung in einer Kleinstadt im Mansfeldischen gefasst. Er habe sich widerstandslos festnehmen lassen.

Kripo ging anfangs von Komplizen in Frankreich aus

Zu diesem Zeitpunkt waren die Ermittler noch davon ausgegangen, dass der 43-Jährige einen französischen Komplizen hat und veröffentlichten im November einen Fahndungsaufruf mit dem Reisepass-Foto - eine Kopie sicherte die Polizei beim Handelsregistergericht.

Mittlerweile ist auch dank des Amtshilfeersuchens in Frankreich anzunehmen, dass der in Untersuchungshaft sitzende Mann weitgehend allein gehandelt hat. In den Vernehmungen soll er die Vorwürfe zum Teil eingeräumt haben.

Betrüger mietete Wohnung in Thomas-Mann-Straße in Roschwitz

An der Thomas-Mann-Straße in Roschwitz hatte der Tatverdächtige im Frühjahr 2018 eine Zwei-Raum-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus angemietet und diese Adresse auch als Firmensitz angegeben.

Nach Aussagen seiner Nachbarn wohnte er dort allerdings nicht. In der Regel ließ er von ihnen Paketlieferungen annehmen und bedankte sich dafür stets mit einer Pralinenschachtel Merci. „Er war immer sehr nett, gab sich mir gegenüber als Franzose aus und sprach Deutsch mit Akzent“, erzählte eine Nachbarin der MZ bereits im August - eine wohl bewusst falsch gelegte Spur.

Dass mit dem schlanken Mann, dessen Arme vollständig tätowiert sind, etwas nicht stimmt, wurde der Frau erst wenige Tage zuvor bewusst, als der Hausverwalter das Schloss zur Wohnungstür austauschen ließ, weil der Mann von Anfang an keinerlei Miete bezahlt habe.

Hausverwalter ließ Schloss tauschen, weil der Mann keine Miete zahlte

Offenbar enthielten die angenommenen Pakete jene Ware, die er anschließend bei Ebay anbot. Hunderte kauften Klimaanlagen, Fernseher oder Laptops und überwiesen drei- bis vierstellige Geldsummen vor dem Erhalt der Ware.

Sie vertrauten dabei auf die 100-prozentig positiven Kundenbewertungen, die der Verkäufer auf seinem im Mai angemeldeten Ebay-Konto zuvor 216 Mal erhalten hatte. Ab August häuften sich allerdings die Beschwerden über nicht gelieferte Ware.

Opfer zeigten Lemounte IT GmbH an, Ebay sperrte Konto

Ebay reagierte, beendete alle offenen Transaktionen und sperrte das Konto. Immer mehr Opfer erstatteten in der Folgezeit Strafanzeige gegen die Lemounte IT GmbH. Den Ermittlungsbehörden gelang es, in Zusammenarbeit mit der Salzlandsparkasse einen stattlichen Geldbetrag auf dem Konto des mutmaßlichen Internetbetrügers einzufrieren.

Nach MZ-Informationen soll es sich um eine sechsstellige Summe handeln, auf die der Tatverdächtige vorläufig keinen Zugriff mehr hat. Laut Sprecher Stefan König hatte die Sparkasse selbst aufgrund auffälliger Kontobewegungen festgestellt, dass möglicherweise ein Straftatbestand vorliegt.

Offen ist, wann es zu einer Anklage kommt. Nach Angaben des Polizeisprechers seien noch weitere Ermittlungen nötig. (mz)