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Matrose, Hausmeister, Altenpfleger Evangelische Martinsgemeinde Bernburg: Pfarrer Lambrecht Kuhn war schon Matrose, Hausmeister und Altenpfleger

Von Torsten Adam 12.05.2019, 08:56
Der Bernburger Pfarrer Lambrecht Kuhn fährt nicht nur leidenschaftlich Motorrad wie diese Awo und eine BMW für längere Strecken. Er hat als ehemaliger Binnenschiffer auch ein Faible für alles Maritime.
Der Bernburger Pfarrer Lambrecht Kuhn fährt nicht nur leidenschaftlich Motorrad wie diese Awo und eine BMW für längere Strecken. Er hat als ehemaliger Binnenschiffer auch ein Faible für alles Maritime. Engelbert Pülicher

Bernburg - Matrose, Hausmeister, Transportarbeiter, Hilfsaltenpfleger, Pfarrer – Lambrecht Kuhn kann auf ein breites Spektrum an Berufserfahrungen zurückblicken. Wohl der Grund, warum er den Eindruck vermittelt, ziemlich nah dran zu sein an den Menschen.

Seit Antritt seiner Pfarrstelle in Bernburg 2001 hat sich der 52-jährige Doktor der Philosophie hierzulande auch als Organisator der Motorrad-Gottesdienste einen Namen gemacht.

Seit elf Jahren engagiert sich der Mann mit dem markanten Zwirbelbart ehrenamtlich als Kreisvorsitzender des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, baut in seiner Freizeit Schiffsmodelle und ist noch in vielen Funktionen für seine Evangelische Landeskirche Anhalts im Einsatz.

Geboren in Lehnin, wuchs Kuhn in Hohenmölsen und Fürstenwalde auf

„Ich würde aus Interesse gern noch das eine oder andere mehr machen, aber dafür habe ich keine Zeit mehr“, bekennt Lambrecht Kuhn. Im märkischen Lehnin geboren, wuchs er in Hohenmölsen und Fürstenwalde auf. Auch sein Vater war Pfarrer – ein Beruf, für den sich der Sohn erst später zu begeistern wusste.

Sein Schiffbau studierender Bruder weckte bei ihm das Interesse für Technik und die maritime Welt. So entschied sich Kuhn zunächst für eine Lehre zum Matrosen der Binnenschifffahrt. „Ich war auf einem Oder-Frachtschiff unterwegs, das war mir einfach zu langweilig.“

Kuhn war Bootsmann bei der Weißen Flotte, Hausmeister im Kindergarten und Transportarbeiter einer Krankenhausapotheke

Zwar schipperte er nach der Ausbildung noch ein Jahr lang als Bootsmann der Weißen Flotte über Spree und Storkower Seen. Doch ihn zog es woanders hin. Nach kurzem Intermezzo als Hausmeister in einem Fürstenwalder Kindergarten, reifte während seiner Zeit als Bausoldat in Merseburg beim Lesen vieler Bücher der Entschluss, lieber Theologie zu studieren als das in Aussicht stehende Schiffbautechnik-Ingenieursstudium aufzunehmen.

Aus der Armee entlassen, zog Kuhn nach Berlin – dorthin, wo viele seiner Freunde aus Jugendzeiten wohnten. Er schlug sich als Transportarbeiter einer Krankenhausapotheke durch und baute parallel sein Spezialabitur, um sich seinen Studientraum an der Humboldt-Uni erfüllen zu können.

Nach erfolgreichem Abschluss zum Diplomtheologen musste Kuhn erneut beruflich „fremd gehen“, diesmal 13 Monate als Hilfsaltenpfleger. Denn Mitte der 1990er Jahre gab es mehr Vikariatsanwärter als freie Stellen.

1998 trat Lambrecht Kuhn seine Pfarrstelle in Bernburg an

1998 klappte es schließlich, seine erste und bislang einzige Pfarrstelle führte ihn nach Bernburg. Hier lernte Kuhn seine Frau Berit, die die evangelische Grundschule im Martinszentrum leitet, kennen und heiratete 2005. Auch ein Grund für die Entscheidung, sich hier dauerhaft niederzulassen.

„Im Predigerseminar galt als Faustregel, nach zehn Jahren die Pfarrstelle zu wechseln, um sich nicht all zu sehr auf eingefahrenen Gleisen zu bewegen.“ Den Gedanken, dieser Empfehlung zu folgen, verwarfen er und seine Frau vor ein paar Jahren. Stattdessen haben sie sich mittlerweile ein altes Haus in Gröna gekauft. Es atmet Geschichte, eines der vielen Steckenpferde Kuhns.

Ungeklärte Familiengeschichte war Anstoß für  den Einsatz beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge

Die ungeklärte Familiengeschichte gab den Anstoß zu seinem Engagement für die Pflege von Kriegsgräbern. So konnte er das Schicksal des Zwillingsbruders seines Opas und der zwei Brüder seines Vaters, die in den beiden Weltkriegen ihr Leben lassen mussten, herausfinden.

Gemeinsam mit Karl-Heinz Schmidt betreut Lambrecht Kuhn heute in der Martinsgemeinde 1.100 Christen sowie den Parochialverband Latdorf. „Als ich hier anfing, waren es mal 2.600 Mitglieder.“ Der 52-Jährige ist aber keiner, der sich von diesem Negativtrend entmutigen lässt. Er nimmt diese Herausforderung an – so wie viele zuvor in seinem bewegten Leben. (mz)