Ausstellung Ehemalige Bernia-Schuhfabrik Bernburg: Ausstellung im Kreisarchiv zeigt Geschichte der Firma

Bernburg - Ungewöhnlich viele Menschen drängten sich am Dienstagvormittag in den Räumlichkeiten des Kreisarchivs in der Bernburger Thomas Müntzer-Straße zur Eröffnung einer bemerkenswerten Ausstellung.
In den kommenden zwei Monaten – voraussichtlich bis zum 31. Oktober – können die Besucher einen Einblick in die Historie eines ehemaligen Unternehmens der Saalestadt erhalten, das von der Gründung im Jahr 1946 bis zu seiner offiziellen Schließung kurz nach der Wende viele Höhen und Tiefen erlebte.
Die Rede ist von der Bernia-Schuhfabrik, deren Erzeugnisse vor allem in den 1960er und 1970er Jahren ein Exportschlager waren. Damals befand sich die Firma noch in privater Hand.
Viele einstige Mitarbeiter besuchen die Ausstellung
„Ich staune und hätte nie erwartet, dass so viele ehemalige Mitarbeiter zur Eröffnung dieser Ausstellung kommen. Dabei ist eigentlich alles Schnee von gestern“, erklärte Rosemarie Klöden, die von ihrem Sohn Martin (46) und Enkel Max (16) zu dieser Veranstaltung begleitet wurde.
Sie betonte: „Die Schuhfabrik hat das Leben unserer Familie maßgeblich geprägt.“ Und das vieler Bernburger, wie das des Malers Eberhard Kretschmann. „Ich habe die Außenfassade des Betriebsgebäudes mit meinen Kollegen Ende der 1950er gestrichen und zu Weihnachten gern eingekauft. Dann waren die Schuhe immer besonders preiswert“, so der Gast bei der Eröffnung.
Familie Klöden begann 1946 mit Schuhproduktion
Gertrud und Herbert Klöden, die Schwiegereltern von Rosemarie Klöden, begannen am 1. September 1946 in der Schlossgarten-Straße in Eigenregie Schuhe anzufertigen. Eine begehrte Ware nach dem Zweiten Weltkrieg, die zunächst aus Roggenstroh und kurz darauf aus dem Kunststoff Igelit bestand.
Dank des Geschäftssinns und des Organisationstalents von Herbert Klöden wuchs die Anzahl der produzierten Schuhe und die der Mitarbeiter von Jahr zu Jahr. Als der Firmengründer durch einen tragischen Unfall 1968 ums Leben kam, trat sein damals erst 30-jähriger Sohn Bodo Klöden das Erbe seines Vaters an.
1972 wurde die Firma ein Volkseigener Betrieb
In einer schwierigen Zeit, denn damals gab es in der DDR nur noch wenige Privatunternehmen, die von der Parteiführung geduldet worden sind. Bodo Klöden setzte unter schwierigsten Bedingungen trotzdem den Bau einer neuen Produktionshalle in der Halleschen Straße durch.
Im Januar 1971 lief dort die Erzeugung der Bernia-Schuhe an. Doch am 1. September 1972 wurde das Unternehmen ein Volkseigener Betrieb, mit Firmenchef Bodo Klöden als Betriebsleiter. „Mein Mann blieb bis 1979 an der Spitze und schied dann freiwillig aus“, erzählte Ehegattin Rosemarie Klöden.
Bodo Klöden hatte nicht das richtige Parteibuch in der linken Brusttasche. Der Unternehmer gehörte damals der LDPD an. Leute in führender Stellung mussten aber in der SED sein.
Die am Dienstag eröffnete Ausstellung wäre ohne die wohlwollende Unterstützung von Rosemarie Klöden und das Engagement von Sabine Seifert nie zustande gekommen. Die Akten der Bernburger Firma gelangten nach dem endgültigen Aus ins Zentralarchiv in Großbeeren (Brandenburg) und kamen nach 25 Jahren in die Hände der Leiterin des Kreisarchivs.
„In diesen Akten steckt eine Menge Potenzial, unter anderem auch Technologie-Vorlagen für die Fertigung der Schuhe und verschiedener Muster. Es wäre schade gewesen, diese Zeitzeugnisse nur einzumotten“, so Sabine Seifert.
Die Ausstellung kann montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr sowie am Dienstag von 13 bis 17.30 Uhr und am Donnerstag von 13 bis 16 Uhr besichtigt werden. (mz)