Der Glücksbringer Der Glücksbringer: "Manche spielen danach Lotto und hoffen auf den großen Gewinn"

Bernburg - Schweine, vierblättrige Kleeblätter und Jürgen Wölfer - alles Glücksbringer für das junge Jahr 2021. Warum ausgerechnet der 53-jährige Bernburger? Ganz einfach: Wölfer ist seit 35 Jahren Schornsteinfeger und wurde schon unzählige Male an seinen pechschwarzen Kehranzug gefasst. Mal an seine Knöpfe, mal an die verrußten Anzugfasern. „Manche spielen danach Lotto und hoffen auf den großen Gewinn“, erzählt der Schornsteinfeger, der genau weiß, warum seine Zunft anderen Glück bringen soll.
„Es ist eine alte Tradition aus Norditalien“
„Das geht schon auf das Mittelalter zurück. Es ist eine alte Tradition aus Norditalien“, weiß Wölfer. Von dort aus kamen die Wandergesellen bis nach Deutschland, um die Schornsteine vom Ruß zu befreien.
Glück hatten die Familien, die die Gesellen besuchten. Denn wenn doch einmal Funken aus dem Schornstein auf die Strohdächer flogen, gerieten sie recht schnell in Brand. Für Jürgen Wölfer gab es von Anfang an keinen spannenderen Traumberuf, um genauso wie die Gesellen vor hunderten von Jahren hoch auf den Dächern herumzukraxeln. „Mein Vater war auch schon Schornsteinfeger und es kommt oft vor, dass die Kinder die Firma weiterführen“, erzählt Wölfer. Genauso war es auch bei ihm. Trotz der Vorurteile, die so manche hatten.
„Viele denken, das ist ein schwerer und dreckiger Job. Er hatte aber vor allem zu DDR-Zeiten viele Vorteile“, weiß Wölfer. Schließlich war man schon damals sein eigener Herr, konnte seine Arbeitszeiten flexibel einteilen, kam herum und war viel an der frischen Luft - für den Bernburger der größte Pluspunkt.
Weiße Augen, weiße Zähne - der Rest war schwarz
Es gab aber auch Momente, in denen der eigentliche Glücksbringer mit seinem markanten schwarzen Zylinder mal kein Glück brachte. Gerade ausgelernt, war er dabei, einen Schornstein zu kehren, da passierte das Unglück. „Früher wurde dabei unten im Haus vor das Rohr ein Blumentopf gehalten, damit der Ruß nicht in die Wohnung kommt. Doch die Frau des Hauses stürzte dabei vom Stuhl“, erinnert sich Wölfer. Als er nach getaner Arbeit bei ihr unten ankam, schauten ihn nur noch das Weiße der Augen und die weißen Zähne an. „Der Rest war schwarz und ich musste lachen“, erzählt Wölfer.
Der Job in den vergangenen Jahren grundlegend geändert
Inzwischen muss man überhaupt erst Glück haben, Wölfer in seinem Kehroutfit, das man im Übrigen nicht waschen kann, anzutreffen. Schließlich hat sich sein Job in den vergangenen Jahren grundlegend geändert.
„Es gibt immer weniger Menschen, die mit Holz oder Kohle heizen“, erklärt der Schornsteinfeger, warum er nun meistens in herkömmlicher Arbeitskleidung unterwegs ist. Zum Beispiel um zu messen und und die Anlage zu überprüfen. Wem also Jürgen Wölfer für 2021 Glück bringen soll, der sollte wachsam sein und am besten in seinem Kehrbezirk in den Nienburger Ortsteilen wohnen. (mz)