Der Eisbär von Bernburg Der Eisbär von Bernburg: Ein beliebtes Fotomotiv vom Karlsplatz

Bernburg - Zugegeben: Ein langes Leben hatte er nicht. Dafür aber eins mitten im Rampenlicht und im Blitzlichtgewitter. Denn der Eisbär auf dem Karlsplatz in Bernburg ist in dieser Woche das wohl beliebteste Fotomotiv unter den Saalestädtern gewesen. Tagelang wurde gerätselt, wer den 1,40 breiten und 1,60 Meter hohen Bärenkopf in den großen Schneehaufen mitten im Stadtzentrum modelliert hat.
Nun ist es raus. Es war Holzbildhauermeister Ulf Knaul: „Ich hab am Sonntag bei dem strahlenden Sonnenschein aus dem Fenster auf den Schneehaufen geschaut und mich an meinen Großvater erinnert.“
Ein bisschen verpflichtet gefühlt
Sein Opa, Erwin Knaul, war ebenfalls Holzbildhauer und baute fast auf den Tag genau vor 80 Jahren bereits auf dem Karlsplatz einen Bären aus Schnee. Schon damals war es eine echte Attraktion, wie alte Bilder zeigen. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion hatte der Holzbildhauer im Februar 1941 eine ganze Bärenfigur auf einem Schneepodest auf den Platz gezaubert. Auf einem Bild durfte Ulf Knauls Vater sogar Probesitzen.
Nun, 80 Jahre später, führt Ulf Knaul nicht nur die Handwerkstradition in dritter Generation weiter. Er fühlte sich auch ein bisschen verpflichtet, es seinem Großvater mit dem Schneebären gleichzutun - wenn in Bernburg nun ausnahmsweise so viel Schnee zum Modellieren vom Himmel fiel.
„Wie bei meinem Großvater wollte ich natürlich auch am nächsten Morgen einen Überraschungseffekt erzeugen“
Also packte er seine Schaufel und mehrere Maurerkellen und fing am vergangenen Sonntagabend an. Der Schneehaufen habe sich förmlich angeboten, einen Bärenkopf zu bauen, der aus einer Höhle herausschaut und eine Tatze nach vorn schiebt. Einen Namen hat der Bär allerdings nicht. „Wie bei meinem Großvater wollte ich natürlich auch am nächsten Morgen einen Überraschungseffekt erzeugen. Da hatte ich aber die Rechnung nicht mit den vielen Spaziergängern gemacht, die noch unterwegs waren“, erzählt der 60-Jährige.
„Ich wollte damit nur den Spaziergängern ein bisschen Freude bereiten“
Einer, der von der Schneefigur ein Foto machen wollte, bot dem Künstler sogar ein bisschen Kleingeld als Dankeschön für die Kunstaktion an. „Ich hab es nicht angenommen. Ich wollte damit nur den Spaziergängern ein bisschen Freude bereiten“, sagt Knaul, dem man nicht das erste Mal während seiner Arbeit öffentlich über die Schulter schauen konnte.
Kurz nach der Wende wurde er sogar in den ZDF-Wintergarten nach Mainz eingeladen, um beim Holzbildhauen an einer Figur zuzuschauen. Auch für Messen hat er unter anderem Weinfässerböden künstlerisch gestaltet oder aber bei der Bundesgartenschau seine Holzkünste präsentiert.
Handwerk vom Vater gelernt
Gelernt hat er sein Handwerk von seinem Vater, der wie sein Großvater Erwin hieß. Auch dessen Bruder Ekkehard und seine Schwester Edith wurden Holzbildhauer und betrieben in Bernburg ihre Werkstätten, nachdem sie von Ulf Knauls Großvater angelernt wurden. „Er wanderte 1924 wegen der Wirtschaftskrise für zwei Jahre nach Buenos Aires in Argentinien aus und hat dort viel im Bereich Ornamentschnitzerei gelernt“, erzählt Knaul. Doch wegen der Liebe kehrte er dann wieder nach Bernburg zurück - zum Glück für die Saalestädter, die dann 1941 den ersten und nun den zweiten Schneebären auf dem Karlsplatz erleben durften.
Ob es noch einen dritten gibt?
Das will Ulf Knaul nicht ausschließen. Denn eigentlich wollte er neben dem Eisbären die Silhouette des Eulenspiegelturms nachbauen. Doch das Tauwetter kam dazwischen. Sobald der nächste Winter aber genügend Schnee gebracht hat, will er sein eisiges Kunstwerk mit Schaufel und Maurerkelle zu Ende bringen. (mz)
