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DSGVO an Schulen Datenschutz-Grundverordnung DSGVO: Wie Grundschulen in Bernburg die EU-Richtlinie umsetzen

Von Torsten Adam 14.08.2018, 07:58
Claudia Brumby pflegt die Internetseite der Bernburger Franz-Mehring-Grundschule.
Claudia Brumby pflegt die Internetseite der Bernburger Franz-Mehring-Grundschule. Engelbert Pülicher

Bernburg - Die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung, kurz DSGVO, verunsichert europaweit Betreiber von Internetseiten. Welche Daten darf ich wem gegenüber preisgeben? In welchen Fällen würde ich mich strafbar machen?

Ein bizarres Beispiel aus dem nordrhein-westfälischen Dormagen machte jüngst bundesweit Schlagzeilen. In den Erinnerungsmappen, die die Vorschulkinder zum Abschied von ihrer Kindertagesstätte erhielten, schwärzten die Erzieherinnen auf sämtlichen Fotos die Gesichter aller Altersgenossen, in einem Fall sogar bei Zwillingsmädchen. Nur, um möglichen Klagen vorzubeugen.

IT-Fachmann Michael Schleusener betreut Webseiten

Mit den Fallstricken der am 25. Mai in Kraft getretenen DSGVO beschäftigt sich bei der Stadt Bernburg Michael Schleusener. Er betreut die Internetauftritte der fünf kommunalen Grundschulen Mehring, Goethe, Diesterweg, Regenbogen und Baalberge.

Der IT-Fachmann greift dabei auf ein kostenloses Angebot des Landesinstituts für Schulqualität und Lehrerbildung (Lisa) zurück. Mit diesem neuen Baukastensystem, das nun ebenfalls eine optimale Ansicht auf Smartphone und Tablet ermöglicht, kann jede Schulhomepage individuell gestaltet werden.

Landesinstitut bietet Baukasten-Lösung für Webseiten an

Der rechtliche Rahmen steht jedoch fest. „Impressum und Kontaktmöglichkeiten müssen niet- und nagelfest sein“, sagt Michael Schleusener.

Weil die bislang verwendete, unterschiedliche Software in die Jahre gekommen war, rüstete der Mitarbeiter der Stadtverwaltung in den vergangenen Monaten schrittweise alle Grundschul-Internetseiten auf die neuen Lisa-Vorgaben um und nahm sie dafür zeitweise vom Netz.

Webseiten waren wegen Umrüstung zeitweise nicht erreichbar

Während Michael Schleusener für den technischen Teil verantwortlich zeichnet, liefern die Pädagogen die Inhalte. In der Regel übernehmen diese Aufgabe die Schulleiter. Wie an der Goethe-Grundschule. „Die Internetseite ist unverzichtbar. Sie ist unser Sprachrohr nach außen. Bei 219 Kindern können wir nicht jeden Tag alle Eltern informieren“, sagt Silke Sielmon.

Der Online-Auftritt vereinfache die Kommunikation sehr, die Eltern können schnell sehen, was demnächst anliegt. Zusammen mit ihrer Stellvertreterin Kerstin Kreisel trage sie die Informationen regelmäßig ein.

„Wo es gut läuft, brauchen wir ja nicht einzugreifen"

An der Mehring-Grundschule kümmert sich Claudia Brumby quasi als Frau der ersten Stunde um die Homepage. Als sie vor fünf Jahren nach ihrem Referendariat ihre Lehrerstelle antrat, hatte die Schule noch keinen Internetauftritt.

„Das fand ich schade, die Kollegen ebenso“, erinnert sich die 28-Jährige. Sie sei zwar kein Technik-Spezialist, habe aber Hilfe in der Familie gefunden, um die Aufgabe anzupacken. Weiteres Wissen eignete sich Claudia Brumby im Laufe der Jahre im stetigen Lernprozess an.

Zwar basiert die Homepage als einzige unter den städtischen Grundschulen nicht auf den Lisa-Modulen, doch im Rathaus hat man auf eine Umstellung verzichtet, um das Engagement der jungen Lehrerin nach Feierabend nicht auszubremsen.

Sozialdezernent Paul Koller betont: „Wo es gut läuft, brauchen wir ja nicht einzugreifen, das wäre kontraproduktiv.“ Michael Schleusener hat die Internetseite kürzlich lediglich an die DSGVO-Vorgaben angepasst.

„Unter Fotos erwähnen wir nur noch die Vornamen"

Deswegen ist die Bildungseinrichtung seit diesem Schuljahr etwas vorsichtiger bei Namensnennungen. „Unter Fotos erwähnen wir nur noch die Vornamen und maximal die Anfangsbuchstaben des Familiennamens der Kinder“, sagt Claudia Brumby.

In Ausnahmefällen ergebe es aber Sinn, den kompletten Namen zu veröffentlichen, zum Beispiel beim Sieger einer Mathematik-Olympiade, wie Michael Schleusener erklärt. Einerseits könne die Schule mit dieser Leistung werben, andererseits werde der Schüler dadurch gewürdigt. Voraussetzung: Immer muss das schriftliche Einverständnis der Eltern vorliegen.

Eltern von zehn Kindern wollen keine Fotos auf der Webseite

Und dies wird in der Regel bereitwillig gegeben. Es gibt aber auch manchmal Gründe, weshalb Erziehungsberechtigte das Abbilden der Jungen und Mädchen auf der Schulhomepage verweigern. „Bei uns betrifft das rund 10 von 260 Kindern“, sagt Claudia Brumby. In diesen Fällen bleibe nichts anderes übrig, als sie gar nicht erst zu fotografieren oder ihre Gesichter auf Gruppenbildern unkenntlich zu machen.

Dass die vielen Text- und Bildbeiträge ein Echo finden, registriert die Lehrerin anhand der Klickzahlen. Durchschnittlich mehr als 1.000 Zugriffe pro Monat gebe es. Und die 28-Jährige weiß durch diese Statistik-Auswertung genau, was von besonderem Interesse ist. „Ganz weit vorne sind Videos von unserer Theater-Arbeitsgemeinschaft und Fotos von Wandertagen.“

Schulen im Altkreis Bernburg sind bei Digitalisierung gut aufgestellt

Mit ihrem umfangreichen Onlineservice ist die Stadt Bernburg einer der Vorreiter im Grundschulbereich in Sachsen-Anhalt. „Wir sind auf einem Stand, den sich andere Kommunen wünschen würden“, sagt Paul Koller selbstbewusst.

Nach Angaben von Michael Schleusener greifen bisher nur 20 Prozent aller Schulen im Land auf das Lisa-Angebot zurück. Der große Rest vertraue entweder anderen Anbietern oder sei schlichtweg noch gar nicht online.

Im Altkreis Bernburg ist die Digitalisierung überdurchschnittlich weit entwickelt. Hier haben neben den fünf staatlichen Bernburger Grundschulen auch die Schulen in Latdorf, Plötzkau, Könnern, Güsten sowie das evangelische Martinszentrum einen Internetauftritt. (mz)