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Bernburg Bernburg: Zeit für neue Formen des Wohnens

Von HEIKO WIGRIM 03.06.2011, 13:45
Olaf Böhlk wünscht sich eine Sanierung der alten Bernburger Bergstadt, des letzten mittelalterlichen Straßenraums. (FOTO: ENGELBERT PÜLICHER)
Olaf Böhlk wünscht sich eine Sanierung der alten Bernburger Bergstadt, des letzten mittelalterlichen Straßenraums. (FOTO: ENGELBERT PÜLICHER) CARDO

BERNBURG/MZ. - Der "Fokus Saale" und die Vorhaben der Verwaltung in dem sensiblen Stadtbereich haben die Diskussion in Bernburg angeregt. Gedanken über die Gestaltung des Bereiches hat sich auch Olaf Böhlk gemacht. "Mit meiner Publikation habe ich mich sehr intensiv mit der Bernburger Stadtgeschichte und dem Bernburger Stadtgrundriss beschäftigt." Somit habe er seit Jahren schon einen Blick auf den Bereich der Freiheit und der unteren Langen Straße geworfen.

Der Zustand dort werfe die Frage auf, was mit dem Stadtviertel geschehen soll und welche Bedeutung es künftig für Bernburg spielen könne. Es gehe ihm nicht darum, fertige Lösungen anzubieten, "es ist aber wichtig, dass man sich erst einmal Gedanken darum macht."

Die Verwaltung habe angekündigt, dort Baulücken zu schaffen. "Dies geschieht in dem Glauben, dass man Wohngebiete in der Innenstadt aufwerten kann, indem man sie auflockert." Ob dies dort an der Freiheit erfolgreich sein könne, sei ungewiss. "Es handelt sich dabei um den letzten mittelalterlichen Straßenraum in Bernburg, der in seinem ursprünglichen Grundriss noch vorhanden ist." Werde der Bereich abgerissen, verliere er sein jetziges Flair.

Interessanter Stadtgrundriss

Bernburg besitze einen interessanten und seltenen Stadtgrundriss. Während sich in anderen Städten alles um einen zentralen Marktplatz gruppiere, gebe es in Bernburg gleich vier historische Stadtzentren. Dazu gehören die Talstadt mit Alt- und Neustadt, die Bergstadt mit dem Bereich am Karlsplatz sowie den Schlossbereich. "Das macht es schwierig, die Stadt als Ganzes zu fördern."

Wichtig ist nach Böhlks Ansicht, die Ideen und Vorschläge der Bernburger in die Entwicklung eines solch wichtigen historischen Stadtbereiches mit einzubeziehen. Die Stadt habe ja aus ihrer Geschichte als Residenzstadt heraus keine großen Erfahrungen, wie eine Stadt von ihren Bürgern selbst verwaltet wird. Das Engagement der Leute sei noch immer zu gering. "Dies wird dann kompliziert, wenn Bernburg mit Problemen wie dem demographischen Wandel konfrontiert wird."

In der Stadt sei schon viel Geld investiert worden, um für bestimmte Bevölkerungsgruppen eine Infrastruktur zu schaffen. Es gebe hervorragende Kindereinrichtungen, das Freizeitangebot für Familien sei sehr gut. "Was in Bernburg fehlt ist ein Angebot zur alternativen Kultur." Es sei besonders auffällig, wenn man mit Studenten spreche, dass diese sich von den vorhandenen Angeboten überhaupt nicht angesprochen fühlen. "Da scheint es eine große Lücke zu geben."

Alternatives Wohnangebot

Und genau da komme der Bereich der Freiheit ins Spiel. "Wäre es nicht möglich, dort beispielsweise ein alternatives Wohnangebot für Studenten in der Innenstadt anzubieten?" Ein ähnliches Projekt gebe es bereits in Merseburg, dort sei ein neues Szene- und Studentenviertel entstanden. Alternative Wohnangebote für Studenten bedeute, im Bereich Freiheit nicht gleich alles höchstmodern zu sanieren, sondern zunächst die Substanz zu sichern. "Das heißt, die Dächer zu erneuern und die Statik zu sichern." Dann könnten dort - bezahlbar für Studenten - Wohnungen und Wohngemeinschaften eingerichtet werden. Somit werde die Nutzung an die vorhandene Substanz angepasst. Schrittweise könne dann die Sanierung weitergeführt werden.

Das Viertel fit für den Markt zu machen, wie man aus den Verlautbarungen der Stadt herauslesen könne, würde bedeuten, massive Eingriffe in die Struktur des Viertels vorzunehmen, um den Bereich für Investoren interessant zu machen. Es komme vielmehr darauf an, dort langsam und behutsam vorzugehen und nicht die Spitzhacke anzusetzen. "Wer die Freiheit abreißt, der bricht der Stadt das Rückgrat." An der Freiheit müsse mehr passieren, als nur das Wohnen. Würden dort Studenten wohnen, könnte sich auch eine alternative Kultur entwickeln.

Man könne nicht nur von Studenten etwas erwarten, sondern müsse ihnen auch etwas anbieten, wenn sie zur Belebung der Stadt beitragen sollen. Wohnen in der Innenstadt bedeute aber auch, dass dann das Verkehrsproblem für die Studenten gelöst werden müsse.

Kreative Köpfe in der Stadt halten

Erfolg für die Entwicklung der Bernburger Innenstadt sieht Böhlk nur, wenn es gelinge, die Bereitschaft zu entwickeln, auch in Experimentelles zu investieren. So könnten kreative Köpfe in der Stadt gehalten werden. Das komme bislang zu kurz. Nicht nur die Stadt, auch die mittelständische Wirtschaft müsse erkennen, dass im eigenen Interesse der demografischen Entwicklung entgegengewirkt werden könne und müsse. Dies, so Böhlk, könne mittels einer Stiftung geschehen. So sei es möglich, auch Bereiche wie die Freiheit für Investoren interessant zu machen. "Man kann hier nicht alles abreißen, was einem nicht passt." Abriss und Schrumpfen der Stadt müssten von außen passieren.

"1050 Jahre Bernburg sollten nicht nur Anlass auf einen Rückblick sein, sondern auch auf einen Blick darauf, wie sich die Stadt in den nächsten 50 Jahren entwickeln soll." Dazu sei die Beteiligung der Bürger immens wichtig. Und dazu gehöre die nötige Zeit, über die verschiedenen Aspekte zu diskutieren. Nicht der Druck der Fördermittel sollte den zeitlichen Ablauf bestimmen.

Anregung zur offenen Debatte

Seine Vorschläge sieht Böhlk nicht als die eine Lösung an. "Sie sollen Anregung sein, sich mit der Entwicklung im Bereich Freiheit, Saalplatz und der unteren Langen Straße auseinander zu setzen." Geht es nach Olaf Böhlk, so sollten sich Bürger, Verwaltung und Eigentümer an einen Tisch setzen und nach gangbaren Lösungen für das Stadtviertel suchen. Dabei sollten auch neue Wege beschritten und neue Ideen betrachtet werden.