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Bernburg Bernburg: Die vergessene Weltmarke

Von andreas braun 18.06.2012, 16:35

bernburg/MZ. - Der Name "Saxonia" hatte einen guten Klang. Nicht nur in Bernburg, sondern weit über die Stadt- und Staatsgrenze hinweg. Produziert wird an gleicher Stelle, wenn auch auf kleinerem Gebiet, immer noch Hightech. Aber der Name, der damit in Verbindung steht, ist in der Wahrnehmung eher unterrepräsentiert. Pöttinger produziert hier Saatmaschinen, die auf alle Kontinente exportiert werden. Während Salz, Zement und Pharmazie mit der Saalestadt identifiziert werden, vergisst man schnell die Landmaschinen.

Exportschlager der DDR

In der DDR waren Drillmaschinen aus dem Bernburger Landmaschinenbau ein Exportschlager, der in alle Welt ging - auch in das devisenbringende NSW (Nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet). Viele Schüler kamen hier zum UTP (Unterrichtstag in der Produktion).

Mit der Wende kam der Knick. Von einst fast 800 Mitarbeitern blieben am Ende noch 30. Die Übernahme durch das RabeWerk Anfang der 90er Jahre brachte keinen Aufschwung.

Erst mit der Übernahme durch die österreicherische Firma Pöttinger begann der Aufstieg des Produzenten, der einige Patente hat. Der Stamm zählte nicht mehr als 30 feste Mitarbeiter und einige mit zeitlich befristeten Arbeitsverträgen. Heute sind 100 Mitarbeiter beschäftigt. Davon 99 Prozent Facharbeiter, sagt Andreas Lang. Der Produktionsleiter kennt die Firma, ist seit Ewigkeiten dabei, wie er sagt. "Ich kenne jede Ecke im Betrieb", sagt der Mann, der alle Höhe und Tiefen mitmachte. Ihm zur Seite stehen Uwe Rusch, für Forschung, Entwicklung und Konstruktion zuständig, und Thoralf Blättermann, Einkauf.

Vertrauen zählt viel

Blättermann kam vor einem Jahr und er kannte den Betrieb, weil er mit einem früheren Angestellten zusammen studierte. Er kommt aus der Autobranche und wechselte mit Mitte 40 noch mal. "Das habe ich gemacht, weil ich von der Firmenphilosophie überzeugt bin." Und weil er weiß, dass hier Know-how und eine zukunftssichere Produktionsstätte sind. Zukunft, darauf setzen die Mitarbeiter, und auch Sabine Opitz, die für Auszubildende Ansprechpartnerin ist, sieht gerade in dem Familienunternehmen eine Sicherheit, die sie motiviert. Ausgebildet wird bei Pöttinger seit eh und je. Jährlich sind es zwischen zwei und vier Auszubildende im Beruf Industriemechaniker. In diesem Jahr sogar fünf, sagt Sabine Opitz. Die junge Frau gehört seit fünf Jahren zur Firma.

"Wir sind schon ein Global Player, aber hier gilt noch die Handschlagqualität", sagt Blättermann. Das heißt, sich vertrauen und aufeinander verlassen können, zählt für die Firmenchefs mehr, als das schnelle Geld zu machen. In der Firma zähle noch der Mensch, der hier gern arbeiten soll. Gerade das, sagt Lang, stimme zuversichtlich, dass Bernburg an Bedeutung zulegen wird. Der Standort wird als Kompetenzzentrum für Sätechnik in der Firmengruppe geführt.

Zuversicht durch Investition

Entwicklung, Forschung, Einkauf - die Firma ist selbstständig, auch wenn sich natürlich regelmäßig mit dem Hauptsitz abgestimmt wird. In den elf Jahren unter Pöttinger sind rund fünf Millionen Euro an den Standort investiert worden. So in die Teilefertigung, wo mit Lasertechnik gearbeitet wird, und bei der Lackierung, wo man eine moderne Pulverbeschichtungsanlage in Betrieb nahm. Alles stimme zuversichtlich, dass in Bernburg Landmaschinen gebaut werden, so lange es Landwirtschaft gibt, meint Lang. Die wird es noch ein Weile geben. Doch um in der Oberliga auf dem Weltmarkt mitzuspielen, muss tagtäglich hart gearbeitet werden, sagt Uwe Rusch. Fehler kann man sich nicht leisten und einer Entwicklung hinterher rennen auch nicht. "Wir müssen schnell reagieren und liefern, was benötigt wird. Ausruhen gibt es nicht und vorproduzieren geht auch nicht. Wir können keine Modelle bauen und dann nach Käufern suchen, sondern wir müssen genau beobachten, was gebraucht wird", so Rusch. Die beiden Hauptmodelle der Bernburger sind Terrasem und Vitasem. Beide sind hoch entwickelt und können sehr genau dosieren. Doch, so sagt Rusch, hier geht jede Maschine einzeln aus der Halle. Keine zwei gleichen sich. Die Vielfalt der Herstellung ist enorm. Ab nächster Woche wird wieder verstärkt produziert und 40 Maschinen wöchentlich, jede anders, verlassen die Halle.