Annett Beitlich Annett Beitlich aus Bernburg arbeitet als Entertainment-Managerin auf dem Kreuzfahrtschiff Aida

Bernburg - Als sie als kleines Mädchen in Bernburg ihre erste Fahrt mit der „MS Saalefee“ machte, hätte sich Annett Beitlich nicht träumen lassen, einmal hauptberuflich auf Schiffen in der Welt unterwegs zu sein. Die 41-Jährige ist Entertainment-Managerin auf dem Kreuzfahrtschiff Aida. Azoren, Karibik, Polarkreis - die Bernburgerin hat die Welt bereist. Gerade erst sie von Bord der „weißen Lady“ gegangen, wie die Mitarbeiter die Aida aura als ältestes Schiff der Flotte nennen. Vier Monate am Stück war sie unterwegs, diesmal in Europa.
Verantwortung für 40 Mitarbeiter
Vor 14 Jahren ist die gelernte Fitnessfachwirtin über einen Bekannten zum Kreuzfahrtriesen Aida gekommen. Zunächst als „Gastgeberin“, wie Animateure in Aida-Kreisen genannt werden. Das sei nicht mit Pool-Animation vergleichbar, sagt sie. Dennoch wollte sie mehr sehen als Fitnessräume unter Deck. Heute hat sie die Verantwortung für 40 Mitarbeiter. Drei Streifen zieren ihre Uniform - einer weniger als die des Kapitäns.
Dafür lasse sie sich auch regelmäßig weiterbilden. Beim „Beschwerdetraining“ lerne man, auch schwierigen Gästen gegenüber freundlich zu bleiben. Wer wie Annett Beitlich auf dem Schiff arbeiten will, müsse zu mehrtägigen Castings in die Firmenzentrale nach Hamburg. Bewerber würden dort auf Herz und Nieren geprüft, um den Anforderungen auf See standzuhalten, erklärt sie. Kein Job, mit dem sich ein traditionelles Familienleben, bestehend aus Ehe und Kind, leicht vereinbaren lasse.
„Man muss flexibel und teamfähig sein“
„Büro und Bühne“, antwortet Annett Beitlich auf die Frage, was denn eine Entertainment-Managerin eigentlich genau mache. „Man muss flexibel und teamfähig sein“, sagt sie. „Als Abteilungsleiterin hat man für jeden Mitarbeiter ein offenes Ohr und nimmt zuweilen auch die Rolle eines Elternteils ein.“
Der Tag einer Entertainment-Managerin ist intensiv durchgetaktet. Zwischen 8 und 24 Uhr etwa sei Annett Beitlich täglich beschäftigt. Morgens E-Mails checken, mehrere Konferenzen mit den Abteilungsleitern, Kontrollrunden übers Schiff drehen und die Wünsche und Fragen der mehr als 1.000 Gäste aufspüren.
Neben der Gästebetreuung für die Shows kümmert sie sich mit den Technikern um einen reibungslosen Ablauf des Programms. Bekannte Autoren wie Wladimir Kaminer („Russendisko“) oder Andrea Maria Schenkel („Tannöd“) haben hier schon Lesungen abgehalten.
Englisch-Kenntnisse sind Pflicht
Nicht nur für die Betreuung internationaler Gäste seien Englisch-Kenntnisse Pflicht für diesen Beruf. Bei der Zusammenarbeit mit so vielen verschiedenen Charakteren passieren schon auch mal Zwischenfälle, die man professionell lösen müsse. „Einem der Künstler ist während eines Auftritts auf der Bühne zum Beispiel mal die Hose gerissen“, erzählt die Bernburgerin.
„Quasi noch während des Auftritts hat ihm die Kostümbeauftragte die Hose genäht, ohne die Show zu unterbrechen.“ An Bord hat Annett Beitlich auch eigene Shows: „Annetts Boulevard“ und „Annetts Bartime“. Dort holt sie abends vor der Hauptshow Gäste und Mitarbeiter für eine Gesprächsrunde zu sich an die Bar. Texte und Abläufe dafür schreibt sie selbst.
Rentiere, Huskys, Rochen, Walhaie und Schildkröten
Hat man einen Lieblingsort, wenn man so viel gesehen hat? „Die Felsenstadt Petra in Jordanien“, sagt Annett Beitlich. „Das war so eine beeindruckende Kulisse, dass ich glaubte, ich bin im Film.“ Während der Reisen seien auch Freundschaften entstanden. In Griechenland serviert ihr ein Kellner in einem Restaurant inzwischen auch ohne Worte ihren Lieblingskaffee.
Am Polarkreis hat sie Bekanntschaft mit Rentieren und Huskys gemacht. Sie schwamm mit Rochen, Walhaien und Schildkröten. „Auch, wenn ich mal aufhöre: Das sind Eindrücke, die kann mir nie wieder jemand nehmen“, sagt sie. Südamerika und Australien stehen als Ziele noch auf ihrer Wunschliste.
Sie selbst habe der Job auch verändert. „Ich bin gelassener geworden“, sagt die Bernburgerin. „Und aufmerksamer“. Sie sei sehr auf Service geschult, weshalb ihr Hilfsbedürftige umso mehr auffielen. Gefühlt 98 Prozent der Aida-Gäste seien Deutsche. Wie sieht sie ihre Nationalität heute? „Wir sind auf jeden Fall sehr zuverlässig und pünktlich“, sagt sie und lacht laut. Allerdings empfinde sie ihre Landsleute als gestresst. „Wenn wir in der Karibik unterwegs sind, nehmen die Deutschen aber nach 14 Tagen die karibische Gelassenheit mit.“ (mz)