Wohnen in Aschersleben Wohnen in Aschersleben: Erste WGs für Senioren

Neu Königsaue/MZ - Von außen sieht der leerstehende Wohnblock in der Schachtbreite in Neu Königsaue aus wie die beiden anderen: roter Ziegel am Fuß, darüber beginnt grauer Putz, die Fenster sind doppelt verglast. Hinter den Kulissen aber wird an einem Projekt gearbeitet, das - soweit es die zuständigen Ämter wissen - bisher einzigartig ist im Salzlandkreis (siehe „Erfolgreiche Beispiele in Berlin“). Die vier Wohnungen des Hauses in dem Ortsteil von Aschersleben sollen zu zwei sogenannten Senioren-Wohngemeinschaften (WG) umgebaut werden.
Leben wie Studenten
Künftig sollen dort ältere Menschen einziehen, die ihre Selbstständigkeit behalten wollen, aber auf eine gewisse Hilfe angewiesen sind. Vorgesehen dafür sind neben Pflegern auch zusätzliche Kräfte, die sich bei Bedarf um den Haushalt kümmern. Im Kern sollen die Senioren aber nach dem Vorbild von Studenten leben, die ja ebenfalls einen gemeinsamen Haushalt bestreiten, sonst aber unabhängig voneinander sind. „Jeder hat sein eigenes Zimmer, mit seinen eigenen Möbeln. Gekocht wird in der gemeinsamen Küche, gelebt im Wohnzimmer“, erklärt Dirk Schäfer, Chef der Initiative der Pflegesachverständigen & Pflegeberater (IPP) Sachsen.
Der Verein "Vorharzer Heimstätte" wird die Wohnungen mieten, um sie dann an interessierte Senioren weiterzuvermieten. Ähnliche Projekte setzte der Verein nach eigener Aussage bereits in Brandenburg und Sachsen um. Wenn das Vorhaben auch in Neu Königsaue zu einem Erfolg wird, sind weitere WG’s in der Region nicht ausgeschlossen.
Frühstens im Mai können die ersten Senioren dort einziehen. Platz sollen die Wohnungen für elf Menschen bieten. Derzeit läuft die Ausschreibung für die entsprechenden Bauarbeiten, erklärte Ralf Klar, Geschäftsführer der Wohnungsgesellschaft Vorharzer Heimstätte GmbH. Das kommunale Unternehmen, das lange Zeit von der Insolvenz bedroht war und noch immer einige Millionen Euro Schulden hat, ist Eigentümer des Hauses in der Schachtbreite. Der Umbau ist ein Teil von Investitionen, die die Wohnungsgesellschaft auch dank Fördermittel vom Land in den kommenden Monaten umsetzen will. Ähnlich altersgerechte Wohnungen sollen auch in Frose entstehen. Verhandlungen dazu laufen derzeit. Daneben soll auch hochwertiger Wohnraum entstehen, unter anderem in der Kirchgasse in Hoym.
Es ist sozusagen eine neue Stufe zwischen der eigenen Wohnung und einem Seniorenheim. Wohl auch deshalb wird das Projekt von allen Beteiligten als richtungsweisend für die Region beschrieben. Die Idee dazu hatte Steffi Niese, die sich mit ihrem Pflegedienst seit 1997 um ältere Menschen in der Region kümmert. „Mit diesen Wohnungen soll ein selbstbestimmtes Wohnen möglich bleiben“, erklärte sie gestern der MZ. Es gebe keine Vorschriften, lediglich Hilfestellungen - falls notwendig. Sie und ihre Mitarbeiter werden sich um die Pflege der Senioren in den WG’s kümmern - ähnlich wie sie es bereits jetzt schon mit dem Ambulanten Pflegedienst tun.
Gemeinschaft muss wollen
Diese neuen Möglichkeiten des Wohnens begrüßt nicht nur die Verwaltung in Nachterstedt, die ja Hauptgesellschafter der Wohnungsgesellschaft Vorharzer Heimstätten ist, sondern auch der Seniorenbeirat des Salzlandkreises. Dessen Chef Ulrich Menkhaus sagte, damit werde man den politischen Forderungen, möglichst lange in der eigenen Wohnung zu leben, gerecht. „Wenn das klappt, dann wird der Weg zur stationären Aufnahme länger.“ Damit könnten die Senioren länger am gesellschaftlichen Leben teilhaben, so Menkhaus, der bis zu seiner Rente selbst Chef des DRK-Ortsverbandes Bernburg und in dieser Funktion auch für Alten- und Pflegeheime zuständig war. Voraussetzung sei aber, dass die Gemeinschaft auch miteinander leben will und sich der Gesundheitszustand nicht wesentlich ändert.
