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Woher kommt der Name des Flusses? Woher kommt der Name des Flusses?: Der entspringt in Harzgerode

Von Kurt Grosskreutz 15.11.2020, 13:56
Die Brücke über die Eine Unter der Burg in Aschersleben.
Die Brücke über die Eine Unter der Burg in Aschersleben. Kurt Grosskreutz

Aschersleben - Ob die Eine ganz gewöhnlich das Wasser aus dem Harz zu uns fließen lässt, sich unter einer Eisdecke verkriecht, übermütig über die Ufer tritt oder beinahe trocken liegt. Immer gibt es Anlass für die Ascherslebener, sich mit ihr zu befassen. Kein Wunder, dass sie für eines der Attribute unseres Ortes, nämlich als „Eine-Stadt“, herhalten muss.

Man ist aber so an sie gewöhnt, dass sich kaum jemand Gedanken macht, woher das 34 Kilometer lange Flüsschen, das bei Harzgerode entspringt und zwischen Aschersleben und Groß Schierstedt in die Wipper mündet, seinen ungewöhnlichen Namen hat.

Viele Forscher sind Schilderungen auf den Leim gegangen

Viele Forscher (auch der Verfasser) sind diesbezüglichen Schilderungen vom angesehenen Theologen und Historiker Cyriakus von Spangenberg (1525 bis 1604) auf den Leim gegangen. Der behauptete nämlich, aus erster Hand vom Harzgeröder Schloss-Amtmann Hansen von Kneutlingen erfahren zu haben, der Fluss habe seinen Namen im Ergebnis eines Rechtsstreites erhalten.

Tatsächlich war das Gewässer in jener Zeit auf den ersten Kilometern nach der Quelle zwischen „Hartzgeroda“ und „Konigeroda“ lange Zeit ein Grenzfluss zwischen der Grafschaft Mansfeld und dem Fürstentum Anhalt. Es kam an beiden Seiten des Ufers immer wieder zu Unstimmigkeiten, denn die damals noch dort lebenden Fische oder Krebse des Flusses waren sehr begehrt.

„Einigung“ namensgebend für die „Eine“?

Hans von Kneutlingen soll dem Verfasser der „Mansfeldischen Cronica“ berichtet haben, dass er diesen Streit schlichten konnte. Darum schilderte Cyriakus von Spangenberg in seiner vielzitierten Chronik, dass diese „Einigung“ namensgebend für die „Eine“ gewesen sein soll. Diese Geschichte klang plausibel und schien eine passende Erklärung für den adäquaten Namen „Eine“ zu sein.

Doch erst im letzten Jahr gelang es nachzuweisen, dass die Eine schon weit vorher als „Ena“ erwähnt wurde (MZ berichtete). Dank der Urkunde vom 25. Februar 1323 (CDA BD III; Nr. 442) kann die vermutliche Ersterwähnung der Eine ins 14. Jahrhundert datiert werden.

Historisches Dokument bestätigt die Schenkung

Das historische Dokument wurde in Latein verfasst und bezog sich auf eine Schenkung. Albrecht I. von Anhalt war von 1304 bis zu seinem Tod 1324 Bischof in Halberstadt. Er bestätigt in dieser Urkunde als Oberlehnsherr die Schenkung Burchards von Berge an das Marienkloster zu Aschersleben. Die Schenkung bezog sich auf den Grafengarten sowie Hopfengarten jenseits der Eine und unter der Burg Ascharien (Altenburg).

Die Übersetzung des infrage kommenden Inhalts lautet: „… sowie einen Ort nicht weit von hier jenseits des Flusses, zu dem Ena gesagt wird, …“

Doch damit war noch lange nicht geklärt, woher die Eine wirklich ihren Namen hatte. Wir mussten auf den Onomastiker (Namenkundler) Professor Jürgen Udolph warten, der uns endlich aufklärte, wie der Name „Ena“ entstand. Bis zu seiner Emeritierung 2008 war er an der Universität Leipzig auf diesem Gebiet tätig und fungierte gleichzeitig als Leiter der Namenberatungsstelle der Gesellschaft für Namenkunde.

Fluss hat nicht erst vor 600 Jahren den Namen erhalten

Ihm ist also zu verdanken, dass wir erfahren haben, worauf der Name unseres Flusses zurückzuführen ist. Den Zusammenhang mit der Zahl „Eins“ schließt er aus. Auch die oben genannte „Einigung“ im 16. Jahrhundert war kein Grund für die Namensgebung. Die Eine hat auch nicht erst vor etwa 600 Jahren ihren Namen erhalten.

Dass wir jedoch viel weiter in der Geschichte zurück gehen müssen, und die Eine bereits vor dem Eindringen von Asger und seinen Warnen im Rahmen der Völkerwanderung ihren Namen erhielt, ist überraschend.

Eine ausgestorbene indogermanische Sprache

Jürgen Udolph leitet die Flusszeichnung „Ena“ aus der hethitische Sprache ab. Dabei handelt es sich um eine ausgestorbene indogermanische Sprache, die in Kleinasien verbreitet war und mit Keilschrift geschrieben wurde. Ihre ältesten Schriftzeugnisse stammen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts vor Christus und sind damit die ältesten Belege einer indogermanischen Sprache.

Die Eine steht mit ihren Sprachwurzeln in einer Reihe mit dem „Inn“ der Voralpen oder der „Unstrut“ und „Ohne“ in Thüringen. Die Eine (Ena) leitet sich in ihrer Wortentstehung von Fließen, Gewässer oder Bach ab. Damit hatten sich unsere Vorfahren also keine besondere Mühe bei der Namenswahl gegeben, sondern den lebenswichtigen Fluss einfach nur als Gewässer bezeichnet. Aber der Name war so treffend und einprägsam, dass er Jahrtausende überdauert hat und uns immer noch im Sprachgebrauch begleitet.

Begriff ein wird selten gefunden

Nur die ursprüngliche Bedeutung der Eine war uns abhanden gekommen. In mittelalterlichen Urkunden schien man sich der Bedeutung eher zu erinnern, denn wir finden in alten Urkunden und Aufzeichnungen nur sehr selten den Begriff „Eine“. Viel öfter taucht die Bezeichnung „Wasser“ (lat. aqua) oder Fluss (lat. fluvius) auf. Kein Wunder, dass die alten Ascherslebener solche Bezeichnungen wie „Über dem Wasser“, „Wasservorstadt“ oder „Wassertor“ benutzt haben. Die Eine als mittelalterlichen Namensgeber etwa für eine Straße, Mühle, Brücke oder ein Tor suchen wir in dieser Zeit vergeblich.

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Fluss erster Ordnung

Die Eine wird gemäß Wassergesetz des Bundeslandes als eines der 97 Fließgewässer erster Ordnung in Sachsen-Anhalt geführt und gelangte so ins Verzeichnis der Gewässer mit erheblicher Bedeutung für die Wasserwirtschaft. Damit steht die Eine mit der Saale oder Elbe in einer Reihe.

Anfangspunkt ist die Einmündung des Grabens vom Hainberg bei Harzgerode, Endpunkt die Mündung in die Wipper bei Groß Schierstedt. Die Länge der Eine beträgt 34,8 Kilometer. Sie hat ein Einzugsgebiet von etwa 178 Quadratkilometer. (mz)

Die Quelle der Eine bei Harzgerode.
Die Quelle der Eine bei Harzgerode.
grosskreutz