Wirtschaftliche Entwicklung Wirtschaftliche Entwicklung: Versteigerung des Heidicker-Möbel-Centers?
Thale/MZ. - Zehn Jahre später betrachtet es Bürgermeister Thomas Balcerowski als historischen Erfolg, dass sich Thale die Unternehmer-Familie Heidicker bald endgültig vom Hals geschafft hat. Das nach diversen "Räumungsverkäufen", Schließungen und kurzzeitigen Wiederbelebungsversuchen ungenutzte Pleite-Objekt wird "verwertet und wieder einer Nutzung zugeführt", sagte Balcerowski der MZ.
Die Stadt, der Heidickers noch immer den Kaufpreis und über 100 000 Mark Grundsteuern schulden, habe Anfang des Jahres die Zwangsverwaltung beantragt und damit die zwangsweise Verwertung des Grundstücks eingeleitet. "Wir wollen nicht unbedingt die Steuern eintreiben, sondern den Zustand auf dem Grundstück ändern", schränkt Balcerowski ein. "Denn so wie es jetzt aussieht, kann es nicht bleiben." Der Bürgermeister ist allerdings davon überzeugt, dass die Stadt "keine Zahlungen auf Grund des Kaufvertrages erwarten kann". Der Verkehrswert des Grundstücks betrage zwar 4,2 Millionen Mark. Doch bei dem ersten Versteigerungstermin sei niemand bereit gewesen, auch nur die geforderten 50 Prozent des Verkehrswertes - also 2,1 Millionen Mark - zu bieten. Beim zweiten Termin würden diese Wertgrenzen aber fallen.
Doch neben Thale sei noch eine Bank im Gläubiger-Rennen, die ein Darlehen ausgereicht und die "bessere Rangposition im Grundbuch" habe. Das Kreditinstitut werde deshalb zuerst bedient. Zudem sei es damals versäumt worden, die Kaufpreis-Forderung entsprechend zu sichern. Die notariell beurkundete Auflassungserklärung sei nicht von der Kaufpreis-Zahlung abhängig gemacht worden - und Heidickers Ehefrau Angelika damit "ins Grundbuch gekommen", ohne ihre vertraglich vereinbarten Zahlungsverpflichtungen auch nur ansatzweise zu erfüllen.
Das war auch nicht ihre Absicht - im Gegenteil. Heidickers verlangten stattdessen von Thale rund 8,3 Millionen Mark Schadenersatz und zogen mit ihrer Klage bis vor den Bundesgerichtshof. Es ging - nicht nur sprichwörtlich - um die Wurst. In einer zweiten Bauphase sollte dem Möbelhaus ein Shopping-Center mit Lebensmittel-, Textil- und anderen Märkten folgen. Doch "die Baugenehmigung wurde abgesagt, da das von Thale verkaufte Grundstück trotz vorheriger Zusage für ein Einkaufszentrum nicht genehmigungsfähig war", teilten Heidickers 1995 der Öffentlichkeit in großen Zeitungsanzeigen mit. Auf Grund der umfangreichen Bauvorbereitungen habe er "drei Millionen in den Sand gesetzt" und weigere sich, den verlangten Grundstückspreis zu zahlen, fügte Walter Heidicker gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung hinzu.
Die geschäftlichen Absichten der Westfalen seien gescheitert, da die von ihnen geplante Bebauung der Restfläche spekulativen Charakter hatte, argumentierte damals Ex-Bürgermeister Michael Maertens. Denn der bestätigte Bebauungsplan habe nur die Errichtung eines Möbelhauses gestattet, der für ein Einkaufszentrum nötige Sondergebietsstatus sei nicht genehmigt worden. Weil im Kaufvertrag ausdrücklich von einem "großflächigen Einzelhandel" gesprochen worden sei, die Stadt aber genau das in Thale/Nord gar nicht wollte, glauben sich Heidickers "hinters Licht geführt". Er sei "mit falschen Zusagen nach Thale gelockt worden", warf Walter Heidicker der Stadtverwaltung vor.
Doch diese Zusagen habe es nie gegeben, weiß auch Balcerowski. Jetzt habe die Stadt den Prozess, der wie ein Damoklesschwert über Thale geschwebt habe, in letzter Instanz gewonnen. "Hätten wir verloren, wären wir in eine Zwangslage gekommen - denn dieses Geld hätten wir nicht aufbringen können", deutet das Stadtoberhaupt an. Damit hätten Heidickers auch ihn aus dem Amt gehebelt: "Ich hätte meine Arbeit beenden können."