Wenn das Bücken zur Sammelleidenschaft wird
Aschersleben/MZ. - Er hat einen Blick dafür. Selbst wenn er im Auto sitzt, entdeckt er ihn. Dann muss Klaus Palluch anhalten, zurücklaufen und das so wichtige Teil für Babys aufheben. Der Ascherslebener sammelt seit einigen Jahren Nuckel. 716 befinden sich bereits in seinem Besitz.
"Sie sind alle gebraucht. Keine neuen. Ich habe sie alle gefunden", erklärt er mit einem Lächeln. An einer Kette hat er sie aufgefädelt, wie eine Girlande, und diese dann an der Decke der Garage angebracht. Und: Auf jeden Schnuller steht deshalb das "Findungsdatum" und der "Findungsort." So ist das erste Stück in der Kette auf den 25. Dezember 1992 datiert. "Aber das ist eigentlich nicht ganz der Erste. Der stammt von meiner Tochter. Wir haben ihn beim Räumen gefunden. Meine Tochter ist heute 32 Jahre alt", sagt der 60-Jährige.
Damals hat er solche Dinge auch noch nicht gesammelt. Er hebt viel auf, schmeiße selten etwas weg. Aber wieso und überhaupt es gerade Nuckel sein müssen, diese Frage kann er sich selbst nicht beantworten. Nie hatte er etwas mit Nuckel zu tun - er hat Schlosser gelernt. Und ob er selbst je einen Nuckel hatte, auch daran kann er sich nicht erinnern. Wohl aber an die ersten Male, als die Sammelleidenschaft über ihn gekommen sei und er den unwiderstehlichen Drang verspürte, den Nuckel vom Boden aufzuheben. "Damals habe ich mich umgeschaut, dass das auch ja keiner mitbekommt. Heute bücke ich mich einfach", gibt er zu.
Früher sei er schon mal belächelt worden. Heute helfen seine Frau Barbara, Freunde und Bekannte mit, die Sammlung zu vergrößern. Kurz nach der Wende habe er jede Woche einen Nuckel auf der Straße gefunden. Heute sei das seltener geworden. "Man merkt, die Kinder werden weniger. Aber wenn Stadt- fest ist, dann findet man wieder welche", schmunzelt er. Auf dem letzten Fest habe er sich immerhin drei Mal bücken müssen.
Im Urlaub dagegen finde er immer welche. "Die schönsten stammen aus Griechenland und Spanien", erklärt er. Gehe der Urlaub zu Ende und er habe noch keinen gefunden, dann mache er sich regelrecht auf die Suche, gibt er zu. Aus Mallorca habe er 30 Stück mitgebracht. "Gut, dass ich nicht in die Zollkontrolle gekommen bin", lacht er. Manchmal finde er sogar Nuckel, die kein Kind verlieren könne. "Da ist sogar noch eine Kette dran. Eigentlich können sie nicht aus den Kinderwagen fallen", meint er.
Was aus den vielen Nuckeln einmal werden soll, das weiß er selbst noch nicht. Doch bis er diese Frage beantworten kann, bis dahin sammelt er weiter.