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Tag des Schornsteinfegers Tag des Schornsteinfegers: Wenn Kehrgeschirr ausgepackt wird

Von Uwe Kraus 15.10.2015, 16:43
Felix Hofreiter, Meister André Klaus Eichler und Geselle Rico Jeske reinigen einen Lüftungsschacht.
Felix Hofreiter, Meister André Klaus Eichler und Geselle Rico Jeske reinigen einen Lüftungsschacht. Frank gehrmann Lizenz

Aschersleben - Es sei noch wie früher, meint André Klaus Eichler, seines Zeichens Bezirksschornsteinfeger in Aschersleben. „Wir werden in der Öffentlichkeit ganz gern gesehen und gelten weiter als Glücksbringer.“ Der 43-Jährige greift immer noch zum Schultereisen und zum Kehrgeschirr, ganz klassisch, wie es seine Berufskollegen vor 150 Jahren taten. Zylinder und Halstuch zählen immer noch zu den Utensilien des Schornsteinfegers. Doch der „Bevollmächtigte Bezirksschornsteinfegermeister“ rückt auch mit einem Diagnose-Koffer voller digitaler Messinstrumente und einer Schornstein-Kamera an. „Wir kehren durchaus traditionell die Schornsteine, unter denen mit festen Brennstoffen geheizt wird. Doch dazu kommt eine lange Liste von Tätigkeiten, die wir ausführen.“ Der vorbeugende Brandschutz sei zwar die Hauptaufgabe, jedoch zählen die Energieberatung, der Umweltschutz, schließlich gehe es auch um den Schadstoffausstoß der Heizungsanlagen, und die Ausrüstung mit Rauchwarnanlagen sowie deren Wartung zum Portfolio seines Handwerksbetriebes. André Klaus Eichler reinigt und prüft Brennwertfeuerstellen ebenso wie klassische Kamine, gewerbliche Dunstabzugshauben schaut er ebenso mit fachmännischem Blick an wie Lüftungsanlagen.

„Es ist ein sehr vielfältiger Beruf, eigentlich mein Traumberuf“, sinniert der Meister. „Ich bin frei, komme unter Leute, habe meist Residenzpflicht“, so dass es kein Problem ist, dass er den heimischen Herd nebst Frau und Tochter in Quedlinburg hat, die Firma aber in der Ascherslebener Kopernikusstraße sitzt. Von dort aus sorgen er und sein Geselle Rico Jeske dafür, dass im Kehrbezirk 10 die Schornsteine und Thermen, die Öl-, Holz- oder Gasheizungen den Vorgaben entsprechen, was gelegentlich lebensrettend sein kann.

Von Fledermäusen bis Insekten

„Das, was ich da an Tieren schon rausgeholt habe“, beginnt er aufzuzählen. „Nein, einen Waschbären selbst noch nicht, aber einen so fetten Igel, den wohl ein Raubvogel im Schornstein versenkt hat. Dazu nisten diverse Vögel sich ein. Außerdem kommen verschiedene Fledermaus-Arten vor, und die Abgasleitungen sind bei Insekten ziemlich beliebt.“

Der aktuelle Kehrbezirk von André Klaus Eichler zieht sich durch ein Drittel des Stadtgebietes von Aschersleben, durch Teile von Frose bis nach Westdorf und Wilsleben. Bevollmächtigte Bezirksschornsteinfegermeister wie er erfüllen hoheitliche Aufgaben wie bauliche Abnahmen und die Feuerstättenschauen und führen Arbeiten an Abgas- und Feuerungsanlagen aus. Gleichzeitig erledigen sie in freier Tätigkeit mit ihrem Betrieb die rein handwerklichen Aufgaben, die vom „Bevollmächtigten“ im Feuerstättenbescheid festgelegt werden.

Der Nachwuchs fehlt

Am „Tag des Schornsteinfegers“ lud das Wetter nicht unbedingt dazu ein, auf die Kunden-Dächer zu steigen. „Wer Schornsteinfeger wird, weiß, dass er viel unter freiem Himmel zu tun hat“, beschreibt André Klaus Eichler das Berufsbild. Und will noch jemand anderen Leuten aufs Dach steigen? Der Schornsteinfegermeister beklagt wie fast alle Handwerksmeister, dass „die Bewerberlage dünn“ sei und geeignete Auszubildende rar seien. „Ich bilde aus, wir müssten alle Lehrlinge haben, denn der demografische Wandel hat auch die Schornsteinfeger erreicht.“ Unterdessen seien sogar einige Frauen in den Glücksbringer-Beruf vorgedrungen, selbst Meisterinnen gäbe es bereits. Ob seine zwölfjährige Tochter den Zylinder aufsetzen werde, soll sie selbst entscheiden. „Doch ich habe gerade einen Praktikanten, der war schon in den Sommerferien bei uns und zeigt viel Interesse.“ Felix Hofreiter begleitet derzeit Eichlers Gesellen mit Meisterambitionen Rico Jeske bei Überprüfungsarbeiten von Thermen. Selbst auf dem Dach eines Sechsgeschossers steht der Nachwuchs sicher. „Denn in unserem Beruf ist Höhentauglichkeit bei der medizinischen Untersuchung gefragt. Wer da Höhenangst hat, dem hilft auch alle körperliche Fitness nichts.“ (mz)