1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Aschersleben
  6. >
  7. Arbeiten bei 50 Grad: Stadtkirche St. Stephani Aschersleben: Dachdecker kämpfen gegen Hitze und Schadstoffe

Arbeiten bei 50 Grad Stadtkirche St. Stephani Aschersleben: Dachdecker kämpfen gegen Hitze und Schadstoffe

Von Regine Lotzmann 30.07.2019, 09:56
Zimmermann Falko Sluschny präsentiert die fertig mit Schiefer eingedeckte Dachfläche. Hier fehlen noch die Blitzableiter.
Zimmermann Falko Sluschny präsentiert die fertig mit Schiefer eingedeckte Dachfläche. Hier fehlen noch die Blitzableiter. Frank Gehrmann

Aschersleben - „Wir haben gestern mal das Thermometer rausgehalten, aber schnell wieder reingeholt“, sagt Falko Sluschny. „Wir wollten es einfach nicht kaputt machen, die 50 hatte es nämlich schon angeschlagen“, meint der Vorarbeiter der Quedlinburger Werkstätten für Denkmalpflege selbst ein bisschen ungläubig. Doch der Zimmermann und sein Team haben derzeit - auch wenn es rundum schon wieder ein bisschen „abgekühlt“ ist - einen der heißesten Arbeitsplätze der Region: hoch oben auf dem Dach der Ascherslebener Stephani-Kirche.

Den Dachdeckern, die gerade das letzte Stück Kirchendach auf der Südseite neu eingeschiefert hatten, ging es sogar noch ein bisschen schlechter. „Im Rücken die knallige Sonne, von vorn die Hitze des Schiefers - so viel kann man gar nicht trinken, um das auszuhalten“, findet Sluschny und erzählt, dass die Dachdecker teilweise sogar in Vollmontur arbeiten mussten, weil die abzureißende Dachpappe mit Schadstoffen belastet war. „Die haben Blut und Wasser geschwitzt.“

Für die Hitze-geplagten Handwerker gilt deshalb bei diesem Wetter eine verkürzte Arbeitszeit. „Mittags ist hier Schluss“, sagt der Vorarbeiter und erklärt: „Wir müssen so klug sein und sagen, die Gesundheit geht vor und nicht die Termine.“

Drei Kisten Mineralwasser stehen jeden Tag für die Handwerker bereit

Während der Arbeitszeit gibt es zudem viel zu trinken. Drei Kisten Wasser stehen jeden Tag auf dem Dachboden bereit. „Denn der schwarze Schiefer heizt sich auf und gibt die Wärme auch nach innen ab, das sammelt sich dann.

Und es ist hier wie in einem Gewächshaus: schwülwarm“, beschreibt der Zimmermann das unerträgliche Klima unter den Dachsparren. Und gibt zu: „Das ist anstrengend, da zu arbeiten.“ Was da helfe, sei Wasser. Sehr viel Wasser.

Doch die Arbeiten gehen voran. Die Südseite der Dachfläche - 35 Meter lang und rund 23 Meter hoch - ist fast fertig. Die alten Holzbalken sind saniert. Der Schiefer ist drauf. Nur der Blitzschutz fehlt noch. Jetzt sitzen die Zimmerleute der Werkstätten für Denkmalpflege am letzten viertel Stück Dach. Vorne, auf der Nordseite.

„Und das ist das komplizierteste“, gesteht Falko Sluschny. „Überall ist der echte Hausschwamm in den Balken. Komplett. Auf der ganzen Mauer.“ Der Holzschutzgutachter hat das bestätigt. „Ein Teil der Mauerkrone kommt jetzt runter. Dann schauen wir, wie weit das Myzel in die Wand reicht“, nennt der Vorarbeiter die nächsten Arbeitsschritte. „Dann wird wieder aufgemauert, der Urzustand hergestellt.“

Dass die Arbeiten am Stephani-Dach ihre Zeit brauchen - wahrscheinlich noch bis zum nächsten Frühling -, liegt auch an den vielen sanierungsbegleitenden Sicherungsmaßnahmen. So mussten in dem riesigen Dach mehrere Arbeitsebenen eingezogen werden, damit die Handwerker überhaupt an die Balken kommen - und zur Sicherheit.

Damit die Handwerker an alle Dachbalken gelangen, wurden mehrere Arbeitsebenen eingezogen

Oder die „Gewächshäuser“. So bezeichnet Sluschny die Notdächer, die nun auch an der Vorderseite des Gotteshauses angebracht wurden. Direkt über dem unteren Stück Dach. „Dadurch können wir im Trockenen arbeiten“, sagt der Handwerker.

Was wichtig sei bei den vielen schweren Gewittern, die es in letzter Zeit gebe. „Wenn es regnet, schießt sonst das Wasser hier durch.“

Und die frischsanierten Balken würden wieder nass werden. „Das begünstigt den Hausschwamm, den wir ja gerade versuchen, herauszubekommen.“ Sluschny weiß nämlich: „Trockenheit ist der beste Schutz. Damit sind wir in den letzten Jahren immer gut gefahren.“ Auch wenn es sich wirklich wie in einem Gewächshaus arbeitet. Da hilft nur Wasser. Viel Wasser. (mz)