Schlossmuseum Quedlinburg Schlossmuseum Quedlinburg: Wenn sich ein Schuhmacher auf den Prügelbock schwingt
Quedlinburg/MZ. - Das Folterinstrument stand bis zum September 2002 etwas verloren im Quedlinburger Schlossmuseum, erinnert sich dessen Chef, Christian Mühldorfer-Vogt. Ursprünglich war das Gerät jedoch Bestandteil des Quedlinburger Schreckensturmes - der Name war Programm. Um ihn wieder in die neue Mittelalter-Ausstellung seinem Wert entsprechend integrieren zu können, musste er aber erst restauriert werden.
"Prügelbock-Restauratoren sind aber eher selten", meinte der Museumsdirektor scherzhaft. Doch wie es der Zufall wollte: Just in dieser Zeit arbeitete Horst Nowak als Fachberater für eine Ausstellung über historisches Schuhmacherhandwerk im Museum im Museum (die MZ berichtete). "Da haben wir ihn einfach gefragt, ob er das machen könnte", sagt Mühldorfer-Vogt. Nowak konnte. "Es war allerdings nicht einfach", erklärt der 55-Jährige. Handwerklich war es weniger problematisch, doch es fehlte einfach an Ersatzteilen.
"Es ist problematisch, neue Dinge auf alt zu trimmen, man kriegt ja nichts altes mehr." Die Bespannung für den Bock beispielsweise sollte zunächst aus alten LPG-Jutesäcken gefertigt werden. "Doch die haben einen Kunststofffaden", sagt Nowak, "das geht natürlich nicht." Mit grobem Baumwollgewebe kam man dem Original letztlich nahe - nachgedunkelt und mit Flecken versehen, die die blutige Geschichte des Instruments wohl zwangsläufig mit sich brachte. Ähnlich war es mit Lederriemen und Schnallen, von denen lediglich eine noch im Original vorhanden war. Die anderen ließ Nowak auf profane Art altern - in der Regentonne.
Mit den Riemen war es schon etwas schwieriger, hier musste Dampf herhalten und diverse Lederfarben. "Da wir überhaupt keine Erfahrung hatte, haben wir alles aus dem Gefühl heraus gemacht", sagt der Schuhmachermeister. Wieder verwendet wurden, von einigen Ausnahmen abgesehen, hingegen die alten, geschmiedeten Nägel. "Hervorragende Arbeit", lobt Nowak den Schmied, "denn ich habe die problemlos heraus bekommen." Auf das neuerliche Einschlagen wurde jedoch verzichtet - die nötigen Löcher wurden vorgebohrt.
Inzwischen steht der Prügelbock, auf dem kurioserweise nur Männer ausgepeitscht wurden, wieder im Schlossmuseum. "Er passt hervorragend in unsere Ensemble der mittelalterlichen Strafgerichtsbarkeit", freut sich Museumsdirektor Mühldorfer-Vogt und spricht von einem "sehr wertvollen Mosaikstein" für das Quedlinburger Museum.