Salzlandkreis Salzlandkreis: Leben Dohlen im Turm?
gatersleben/MZ. - Nur in Schadeleben und Gatersleben gebe es noch einige vereinzelte Paare.
In Gatersleben wohl etwas mehr. Mindestens acht schwarze Vögel, vermutlich Dohlen, fliegen dort nämlich regelmäßig um den Kirchturm von St. Stephani herum, landen auf den Dachvorsprüngen und unterhalten sich lautstark. Ob und wo genau die Tiere in der Kirche leben, wollte Pfarrerin Friederike Holtz deshalb nun endlich wissen und kletterte am Dienstag die hölzernen Stufen des alten Kirchturms hinauf.
Der wurde in der Vergangenheit gleich zweimal zerstört und wieder aufgebaut. Das ist aus alten Papieren zu erfahren, die im Jahr 2007 in einer aus der verrosteten Turmspitze geborgenen Schatulle entdeckt worden sind. Darin erklärt der ehemalige Pfarrer Wilhelm Hohenthal, dass der 1621 erbaute Turm 1664 den Flammen zum Opfer fiel und neu aufgebaut wurde. Am 2. Juli 1884 dann der nächste Schicksalsschlag: Ein Blitz zerstörte abends nach 7 Uhr das Bauwerk, für das 1887 erneut der Grundstein gesetzt werden musste. Inzwischen ist hier auch das hölzerne Treppenhaus erneuert worden, ebenfalls wie die beiden großen Glocken, deren Vorgänger man im Krieg eingeschmolzen hatte. Und genau eine Ebene über den Glocken, oben hinter den riesigen Zifferblättern der Turmuhr, wo sonst nie jemand hingelangt, entdeckt die Pfarrerin dann auch die ersten Spuren der Tiere, die offensichtlich unter der Turmhaube leben.
"An einem der Zifferblätter ist ein Türchen auf", zeigt Friederike Holtz auf ein kleines Loch, die mögliche Einflugschneise. Die lässt sie vorsorglich offen, damit die Tiere nicht ausgesperrt werden. Und auch die Neugier ist geweckt. Deshalb möchte sich die Pfarrerin nun mit Uwe Nielitz, der als ehrenamtliches Mitglied des Naturschutzbundes Fachmann auf diesem Gebiet ist und auch schon die Hoymer Dohlen betreut, in Verbindung setzen.
Nielitz könnte ihr nämlich bestätigen, ob die tierischen Untermieter tatsächlich Dohlen und damit Rote-Liste-Arten sind. Und ob die Kirchengemeinde noch irgend etwas an den Lebensumständen der bedrohten Vögel, die als außerordentlich intelligent gelten und gern gesellig leben, verbessern kann.
"Auf alle Fälle sind sie hier im Turm sicher", weiß Friederike Holtz, als sie die hölzernen Stufen wieder hinuntersteigt. Vorbei an den drei Glocken von St. Stephani und der noch gut funktionierenden Turmuhr. Denn der Kirchturm ist von der geplanten Dachsanierung des Gotteshauses glücklicherweise nicht betroffen.