Salzlandkreis Salzlandkreis: Alle Mann von Bord, Seelandperle Adé

SCHADELEBEN/MZ. - Das Wetter ist so, wie es sich Wolf-Dieter Sonnenberg gewünscht hätte für einen vorletzten Sommertag, als er noch Kapitän der Seelandperle war. Ideale Bedingungen für eine Rundfahrt auf dem Concordia See mit dem Fahrgastschiff. Doch seit dem verheerenden Erdrutsch in Nachterstedt im Juli vergangenen Jahres ist nichts mehr mit in See stechen. Monatelang hat das Schiff auf dem Trockenen gelegen, der Stadtrat der Stadt Seeland sich schweren Herzens zum Verkauf entschlossen.
"Das Wetter passt absolut nicht zur Stimmung", sagt Heidrun Meyer, Bürgermeisterin der Stadt Seeland, und beobachtet das Treiben am Ufer aufmerksam. Mitarbeiter der Magdeburger Firma Breithaupt und Philipp verladen die Seelandperle mit einem Kran auf einen Tieflader der Leipziger Spedition Wocken, die das Schiff noch in der Nacht nach Aken, von wo aus es in wenigen Tagen über die Elbe und den Mittellandkanal bis nach Nienburg an der Weser geschifft wird, gebracht hat. Per Schwerlasttransport. So wie es 2005 gekommen ist.
Sonnenberg erinnert sich noch genau an die Zeit, an die Schiffstaufe, an die Jungfernfahrt... Alles Geschichte. "Schön ist, dass sich ein neuer Eigner gefunden hat und die Seelandperle wieder fahren wird. Doch es bedrückt mich zu sehen, wie der ehemalige Arbeitsplatz verschwindet", so der gelernte Binnenschiffer, "und damit eigentlich auch die Perspektive des Seelands." Für den nun arbeitslosen Kapitän "war die Seelandperle das Zugpferd. Und wenn das Zugpferd weg ist - wie soll es denn dann weitergehen?", fragt er sich, während der Kran das schwere Schiff Stück für Stück ablässt.
Denn für die Seelandperle geht es weiter, allerdings nicht im Seeland. Neuer Eigner ist die Flotte Weser. Und deren Mitarbeiter haben das Schiff in den vergangenen Tagen und Wochen bereits reisetüchtig gemacht. Zudem wurde der Unterboden konserviert und mit einem neuen Anstrich versehen. "Bis wir es in Betrieb nehmen, muss noch ein bisschen was gemacht werden", ist Jörg Menze, Geschäftsführer der Fahrgastschifffahrt Flotte Weser, die Niederlassungen in Nienburg und Hameln hat, im Bilde. Wann genau es für das Schiff auf der Weser "Leinen los" heißt, stehe deshalb bislang nicht fest, aber ein bis zwei Fahrten schweben dem Geschäftsführer in diesem Jahr schon noch vor. Auslaufen wird die Seelandperle als eines von acht Schiffen der Flotte, dann aber unter einem anderem Namen, einem in der Weserregion geläufigen, den Menze jetzt noch nicht preisgeben will. Derweil sind alle Vorbereitungen getroffen, das Schiff verladen und festgezurrt. Den ganzen Vormittag hat es gedauert. Unter den Blicken etlicher Zaungäste, die sich am Aussichtspunkt versammelt haben, setzt sich der Schwerlasttransport in Bewegung. Hans Strohmeyer, Chef der Seeland GmbH, schaut auf die Uhr, "bislang läuft alles planmäßig", sagt er, als das Schiff an der "Arche Noah" vorbeizieht.
"Wir wissen nicht, wann wir den See wieder nutzen können", bezeichnet Meyer die Entscheidung zum Verkauf als vernünftige Entscheidung. "Wenn die Seelandperle steht, rostet sie vor sich hin - und das kann sich niemand leisten", so die Bürgermeisterin. "Wenn es weitergeht, kommt ein neues Schiff", sagt sie. Sonnenberg hofft auf ihre Aussage, darauf, dass in baldiger Zukunft wieder ein Schiff auf dem Concordia See seine Runden drehen wird. "Und vielleicht findet sich dann auch für mich ein Plätzchen an Bord des neuen Fahrgastschiffes", so der ehemalige Kapitän der Seelandperle, für den zur Zeit die Arbeitssuche Priorität hat.