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Raus ins wildes Leben  Raus ins wildes Leben : Freiheit für drei Waldohreulen

Von Regine Lotzmann 11.01.2018, 10:10
Tierpflegerin Anja Recknagel entlässt die jungen Eulen in die Freiheit.
Tierpflegerin Anja Recknagel entlässt die jungen Eulen in die Freiheit. Uwe Nielitz

Aschersleben - Die Luft ist kühl an diesem Wintertag und Anja Recknagel zieht sich die schwarze Mütze fest über die Ohren. Handschuhe trägt sie aber nicht. Denn die Tierpflegerin muss die Hände frei haben.

Noch hält sie damit die junge Waldohreule an den kräftigen Beinen fest. Doch wenige Augenblicke später breitet das Tier die bräunlichen Schwingen aus.

Das erste Mal in Freiheit.

Denn die drei Waldohreulen, die im vergangenen Jahr im Ascherslebener Zoo das Licht der Welt erblickten, wurden jetzt ausgewildert.

Zoo Aschersleben: Erfolgreich gebrütet

„Wir haben seit einigen Jahren ein Paar Waldohreulen im Bestand“, berichtet Zoochef Dietmar Reisky von den Tieren mit den ausgeprägten Federohren und den leuchtend orange-gelben Augen, die damals aus dem Tierpark Gotha nach Aschersleben gezogen sind und nun erstmals erfolgreich gebrütet hatten.

„Das dauert bei den Waldohreulen immer sehr lange, bis sie Junge bekommen“, weiß der Zooleiter nämlich.

Dass der erste Nachwuchs nun nicht in einen anderen Zoo gehen, sondern ausgewildert werden sollte, darüber waren sich die Mitarbeiter schnell einig.

„Wir wissen, dass es um die Eulen in der Natur schlecht bestellt ist und die Bestände zurückgehen“, begründet er das.

Und fügt hinzu: „Eine Aufgabe des Zoos ist es nämlich auch, die heimischen Bestände zu schützen und zu erhalten.“

Zoo Aschersleben: Eine gefährdete Vogelart

„Die Waldohreule gehört im Salzlandkreis zu den gefährdetsten Vogelarten“, bestätigt Ornithologe Uwe Nielitz. „Noch vor 30 Jahren“, kann er sich erinnern, „gab es hier Winterschlafplätze mit über hundert Exemplaren.“

Vor allem in Koniferen, da sich die Tarnkünstler darin förmlich unsichtbar machen können und kaum gesehen werden.

Einen solchen Schlafplatz mit etwa zehn bis 15 Eulen gab es jahrelang in Groß Schierstedt am Kindergarten. Für die Anwohner ein echtes Highlight.

Zoo Aschersleben: Ursachen des Rückgangs nicht ganz klar

„Doch mittlerweile kann man diese schönen Vögel nur noch vereinzelt beobachten“, bedauert Nielitz, der ehrenamtlich für den Naturschutzbund arbeitet.

Die Ursachen für diesen rapiden Rückgang seien nicht ganz klar, meint er.

„Aber neben der negativen Veränderung in unserer Landschaft spielt sicher die massive Zunahme des Waschbären eine entscheidende Rolle“, glaubt er.

„Als Freibrüter in alten Krähennestern sind die Eulenküken für die nämlich eine leichte Beute.“

Deshalb weiß Nielitz den Beitrag des Zoos zum Artenschutz auch sehr zu schätzen. „Das war aber gar nicht so einfach“, gibt Dietmar Reisky zu.

Zoo Aschersleben: Genehmigung nötig

„Man darf das nämlich nicht einfach so“, berichtet er von der notwendigen Genehmigung durch das Landesverwaltungsamt Halle, für die zum Bespiel nachgewiesen werden musste, ob es sich um heimische Arten handelt.

In einem richtigen Vertrag wurde zudem geregelt, dass die drei Vögel auf dem Gelände der Alten Burg freigelassen werden mussten.

Viel wichtiger war aber die Vorbereitung der Tiere. Ab Herbst trainierten die Jungeulen für ihr Leben in Freiheit.

„Wir haben sie in eine große Voliere gelassen, damit sie dort richtig fliegen können.“ Und sie bekamen „lebende Nahrung“, um das Jagen zu erlernen. „Sie haben schnell gelernt, Beute zu schlagen.“

Denn nur so können die Mäusefänger am Ende auch in der Freiheit überleben. „Ich bin so froh, dass das geklappt hat“, sagt Dietmar Reisky und hofft, dass der Zoo ein bisschen mithelfen konnte, um die Bestände hier zu stabilisieren.

Zoo Aschersleben: Geborene Schauspieler

Denn diese Vögel sind nicht nur wahre Schönheiten, an ihnen sind auch echte Schauspieler verloren gegangen. Sie fauchen und miauen wie wilde Katzen oder kläffen wie ein Hund.

Und wenn der Mann eine Frau sucht, ruft er hoffnungsvoll „Huh!“, während die Angebetete mit „Uijo!“ antwortet. Fast wie im echten Leben also.

Zudem verstehen es die Waldohreulen, Fressfeinde von ihrem Nest wegzulocken. Wehklagend schleifen sie die Flügel über den Boden und markieren, schwer angeschlagen zu sein.

Notfalls lassen sie sich sogar trudelnd von einem Ast herabfallen. So versuchen sie, die jungen Eulen zu schützen, von denen nur jede zweite ihr erstes Lebensjahr übersteht.

Um zu schauen, wie sich die Ascherslebener Eulen in Zukunft so schlagen, wurden sie vorher übrigens noch beringt: mit Ringen der Vogelwarte Hiddensee.

In der Vergangenheit zeigten solche Beringungsfunde beispielsweise, dass Waldohreulen sogar 28 Jahre alt werden können. (mz)