1.900 Euro netto auf Lohnzettel gefälscht Pizzafahrer kauft E-Klasse-Mercedes: Ex-Chef von Pizzeria wegen gefälschter Verdienstbescheinigung vor Gericht

Aschersleben - Wenn ein lange arbeitsloser Pizzeria-Mini-Jobber einen Kredit über 31.299 Euro bekommt, um sich in Staßfurt eine Mercedes-E-Klasse zu kaufen, dann ist das schon zum Kopfschütteln. Zumal Udo K. (24) bereits dreimal durch die Führerscheinprüfung gefallen ist und gar kein Auto fahren kann.
Doch nicht er muss sich deswegen derzeit vor dem Amtsgericht in Aschersleben verantworten, sondern der frühere Pizzeria-Chef Hanjo P. (alle Namen geändert).
Die Staatsanwaltschaft Magdeburg wirft dem 42-jährigen Magdeburger vor, „durch Vorspiegelung falscher Tatsachen“ im Herbst 2016 einen „Irrtum erregt“ und eine Bank getäuscht zu haben. Dies habe er gemeinsam mit dem als Zeugen geladenen und bereits in einer anderen Verhandlung zu einer Geldstrafe verurteilten Mitarbeiter seiner Pizzeria, Udo K., getan. Seinem Mitarbeiter hätte er dafür eine größere Geldsumme versprochen, die der aber laut eigener Aussage nie bekam.
Angeklagter soll seinem Mitarbeiter 1.900 Nettolohn bescheinigt haben
1.919 Euro Nettolohn soll Hanjo P. seinem Minijobber auf einer Verdienstbescheinigung für den Kreditantrag bescheinigt haben. Da der anschließend weder die Raten für den Kredit noch die von ihm abgeschlossene Vollkaskoversicherung zahlen konnte, flog der Schwindel auf.
Doch das Fahrzeug ist verschwunden. Auch die Pizzeria im Jerichower Land gibt es nicht mehr, so dass Udo K. seinen Job verlor. Eines Tages sei die Polizei gekommen und habe das Geschäft geräumt, weil die Miete nicht gezahlt worden sei, berichtete Udo K.
Der Mercedes ist verschwunden, die Pizzeria im Jerichower Land gibt es nicht mehr
In einer schriftlich vorgelegten Erklärung des Verteidigers, die Strafrichter Robert Schröter verlas, hieß es, dass P. zu keinem Zeitpunkt eine Kreditaufnahme mit K. beantragt hätte und diesen auch nicht dazu bestimmt hätte, für ihn einen Darlehensvertrag abzuschließen. Er habe nur gewusst, dass sich sein Mitarbeiter um den Kauf bemüht. Er sei gebeten worden, das Auto in Staßfurt abzuholen. Zum Abholen wäre dann seine Ex-Ehefrau mitgekommen.
Das Auto wurde bei ihm in der Garage lediglich untergestellt, weil K. durch die Fahrprüfung gefallen war. Eine Lohnbescheinigung hat er nicht ausgestellt, hieß es in der Erklärung.
„Ich war jung und naiv“, erklärt der junge Mann vor Gericht
K. schilderte das Geschehen in einer Form, nach der Strafrichter Schröter ihm attestierte, dass es „reichlich dämlich ist, was Sie gemacht haben“. Der Zeuge hob die Schultern und entschuldigte sich mit: „Ich war jung und naiv“.
Er hätte in der Annahme, ein Papier für das Arbeitsamt zu unterzeichnen, eine Unterschrift in der Pizzeria geleistet und auch seinen Ausweis seinem Chef gegeben, sagte Udo K.: „Ich wollte keinen Fehler machen und habe unterschrieben.“
Als dann einige Tage später von einer Bank die Zusage für einen 40.000-Euro-Kredit kam, habe er vermutet, dass das mit der Unterschrift in der Pizzeria zusammenhing. „Von einem Arbeitsvertrag hätte ich eine Kopie bekommen.“
Udo K. unterschrieb den Brief der Bank, durchgelesen habe er ihn nicht, erklärt er
Das Schreiben der Bank habe er sich erneut nicht durchgelesen, aber trotzdem unterschrieben und seinem Chef gegeben, sagte der einstige Mini-Jobber. Da er das Schreiben der Bank dann verlegt hatte, habe er die Bank um eine Kopie gebeten und sich gewundert, als auf dem zweiten Vertrag nun eine Kreditsumme von rund 30.000 Euro stand.
Seinen Chef habe er nicht daraufhin angesprochen. „Das könnte ein Fehler sein, da kommt noch irgendwas“, glaubte er. Bei seinen Anrufen sei der Bankmitarbeiter selbst nie zu sprechen gewesen.
Nachdem K. dann zum Abholen des Benz nach Staßfurt in das Autohaus fuhr, habe er dann noch den Kaufvertrag unterzeichnet. Das Geld sei bereits in bar im Autohaus gewesen. Danach wäre die Ex-Frau des Angeklagten mit ihm zurück in die Pizzeria gefahren, wo sie das Auto abgestellt haben. Mit seinem Chef wäre er dann noch manchmal im Auto mitgefahren, so der 24-Jährige.
Ehemaliger Chef habe ihm den Besuch von Schlägern angedroht
Sein Chef habe ihn mit lauten Worten zu den Unterschriften gedrängt, behauptete er. Später sei ihm gedroht worden, dass er von Schlägern Besuch bekommen könnte, wenn er Anzeige gegen ihn erstattet. Die Anzeige habe er dann doch erstattet, weil er immer mehr Post bekam.
Irgendwann sei ihm bewusst geworden, dass er einen Fehler gemacht habe, aber da sei es zu spät gewesen. „Die Polizei hat versucht, das Auto zu finden, aber es nicht gefunden.“
Verkäufer des Mercedes sagte als Zeuge vor Gericht aus
Als Zeuge schilderte der Verkäufer der E-Klasse, Klaus W. aus Güsten, dass er damals als Privatperson den Mercedes in Schönebeck für 23.500 Euro gekauft und das Fahrzeug zum Wiederverkauf für 29.900 Euro angeboten hat. In dem Staßfurter Autohaus hätte er nur als freier Mitarbeiter gearbeitet. „Ich habe in meinem Namen verkauft.“
Details zu diesem Fall kannte er nicht mehr. Er hätte üblicherweise die Unterlagen an die Bank weitergeleitet, von der nach automatischer Prüfung die Zusage kam. Das Geld wäre dann an das Autohaus ausgezahlt worden. Gegen Klaus W. sei auch ein Verfahren eingeleitet, aber inzwischen eingestellt worden, hieß es.
Im Raum stand dann die Frage, ob der Verkauf im Autohaus durch Klaus P. ein Umgehungsgeschäft war, um Haftungsfragen zu umgehen. Klaus P. hatte laut Polizeiprotokoll erklärt, dass er als freier Mitarbeiter im Schnitt 1.000 Euro pro Verkauf verdient. In dem Fall betrug die Differenz zwischen An- und Verkaufspreis aber 6.400 Euro. Die Verhandlung wird fortgesetzt. (mz)