Mordprozess am Landgericht Mordprozess am Landgericht Magdeburg: Befragung der Schöffen?

Magdeburg - Der Mordprozess gegen zwei Männer aus Aschersleben und einen aus Staßfurt am Landgericht Magdeburg zieht sich weiter in die Länge.
Der Vorsitzende Richter Dirk Sternberg unterbrach am Dienstag erneut die Verhandlung, um zwei Anträge des Verteidigers des Angeklagten Gerd G. (alle Namen geändert) zu beraten.
Dabei geht es um einen Befangenheitsantrag gegen den Psychologen, der G. untersucht hatte und dessen Einschätzung für das Gericht maßgeblich bei der späteren Strafzumessung ist, sollte es zu einer Verurteilung kommen.
Ein weiterer Antrag befasst sich mit den Schöffen.
Mordprozess am Landgericht: Gutachten wird von der Verteidigung nicht anerkannt
Das Gutachten sei „unprofessionell und einseitig“, begründete der Rechtsanwalt.
Möglicher Hintergrund: Der Psychologe hatte keine Anhaltspunkte etwa für eine verminderte Schuldfähigkeit seines Mandanten erkannt. Damit drohen ihm tatsächlich mindestens 15 Jahre im Gefängnis.
Zuvor hatte das Gericht den bereits beim letzten Mal gestellten Antrag des Verteidigers zurückgewiesen, einen weiteren Gutachter mit der Untersuchung seines Mandanten zu beauftragen.
„Das Gutachten enthält keine Widersprüche und entspricht den wissenschaftlichen Maßstäben.“
Der Experte hatte einen Teil seiner Erkenntnisse zuletzt unter Ausschluss der Öffentlichkeit dargelegt. Dabei ging es wiederholt um die Frage, ob G. Stimmen hört.
Mordprozess am Landgericht: Haben Medien die Laienrichter beeinflusst?
Außerdem stellte der Verteidiger am Dienstag den Antrag, die beiden Schöffen zu befragen. Er wolle damit herausfinden, inwiefern die Berichterstattung der „Mitteldeutschen Zeitung“ sowie der „Bild“-Zeitung möglicherweise die Laienrichter beeinflusst.
Es habe vor und während des Prozesses zahlreiche Behauptungen und Spekulationen gegeben, insbesondere zu Verbindungen seines Mandanten in das Rockermilieu, so der Rechtsanwalt.
Er befürchtet, dass die Schöffen nicht mehr unvoreingenommen seien.
Mordprozess am Landgericht: Platzt der Prozess kurz vor dem Ende?
Sollte das tatsächlich der Fall sein, könnte der Prozess nach Ansicht von Rechtsexperten kurz vor dem Ende noch platzen.
Voraussetzung dafür ist aber, dass der Anwalt einen Befangenheitsantrag gegen die Schöffen stellt. Dann muss eine andere Kammer des Gerichts die Stellungnahme der Laienrichter bewerten und eine Entscheidung treffen.
In einer ersten Reaktion erklärte Richter Sternberg: „Das Gericht steht nicht für Fragen zur Verfügung.“ Gleichwohl wird sich das Gericht eingehender mit dem Antrag befassen.
Dass es Verbindungen in die Szene geben könnte, hatten nicht zuletzt Ermittler vor Gericht zu Protokoll gegeben. Staatsanwaltschaft und Nebenklage beantragten, die beiden Anträge abzulehnen.
Mordprozess am Landgericht: Familienvater soll aus Rache umgebracht worden sein
Die drei einschlägig vorbestraften Männer müssen sich wegen Mordes verantworten.
Sie sollen Anfang März einen 32-jährigen Familienvater brutal umgebracht haben - laut Staatsanwaltschaft aus Rache, weil das Opfer zuvor bei einem anderen Prozess einen ihrer Freunde belastete, der mittlerweile wegen mehrerer Raubüberfälle im Gefängnis sitzt.
G. und Ingo I. schwiegen zunächst, räumten später aber ein, dass es Streit mit dem später Getöteten in der Gartenanlage „Am Hangelsberg“ gab, ohne sich an Details erinnern zu können - mit einer Ausnahme: Der Mitangeklagte Normen N. aus Staßfurt soll dabei zugestochen haben. Dieser wies sämtliche Vorwürfe stets zurück.
Im Laufe des mittlerweile seit Monaten andauernden Prozesses traten mehrere Mitgefangene der Angeklagten auf, die die unterschiedlichen Versionen jeweils unterstützten.
Der Prozess soll nun am 17. November fortgesetzt werden. Dann erwartet Richter Sternberg in jedem Fall die Plädoyers aller Verfahrensbeteiligten. Mit einer Entscheidung rechnet der Vorsitzende jedoch erst einen Tag später. (mz)