Marken-Qualität Marken-Qualität: Schutzschild für Majoran aus Aschersleben
Aschersleben/MZ. - Die Adresse stimmt. Ausreichend frankiert ist der Umschlag auch. Und am liebsten hätte Jörg Overkamp die Unterlagen gestern selbst zur Post gebracht. "Für uns hängt viel davon ab", erklärt der Chef des Majoranwerks in Aschersleben (Salzlandkreis). Denn die Sendung enthält den Antrag auf ein noch seltenes Warensiegel.
Die Europäische Union soll Thüringer Majoran, der komplett aus Sachsen-Anhalt kommt, möglichst schnell als geschützte Ursprungsbezeichnung registrieren. Dahinter stecken weder Laune noch Zufall: Es geht um den Ruf des mit 500 Hektar größten europäischen Majoran-Anbaugebiets, das jährlich 500 bis 600 Tonnen des Gewürzes auf den Markt bringt. Produktpiraten mit Billig-Angeboten von teils fragwürdiger Qualität bedrohen jedoch nicht nur den Markt in Deutschland. Auch in Polen, Tschechien, in den Niederlanden und in Belgien lässt sich Majoran unter diesem Namen gut verkaufen.
Mit dem angestrebten Schutzsiegel will das Werk vor allem seine rechtliche Position stärken. Stimmen das Deutsche Patentamt und die entsprechende EU-Behörde zu, kann das Unternehmen aussichtsreich gegen unlautere Konkurrenz gerichtlich vorgehen. Dann erscheint das EU-Gemeinschaftszeichen nämlich auf jedem Majoran-Tütchen aus Aschersleben und ist Garantie für den exklusiven Inhalt. Overkamp: "Was drauf steht, muss auch drin stecken - nämlich unser Thüringer Majoran."
Ob Eisbein oder Erbseneintopf - mehr als 16 000 Fleischereien und Gastwirtschaften bundesweit, die direkt beliefert werden, schätzen Majoran aus Aschersleben. Es bedarf aber weit mehr als nur vieler Kunden, um das Schutzsiegel zu erhalten. Kontrollen von Anfang bis Ende - das ist quasi der Mindestnachweis. Höchste Anforderungen gelten hinsichtlich der Qualität und der Verpackung. Darüber hinaus verlangen die Prüfer einen historischen Exkurs. "Es geht schlicht um die Einmaligkeit des Produkts", erklärt Overkamp. Glücklicherweise habe man wahrlich gute Karten. Denn die Aromastoffe des hiesigen Majorans sind nach Aussage des Chefs doppelt so stark wie die der Mitbewerber und deren zumeist in Ägypten beheimateten Plantagen.
Dass auch Sterne-Köche wie Alfons Schuhbeck auf Thüringer Majoran schwören, darin sieht Overkamp einen kleinen, aber nicht unwichtigen Fingerzeig auf Spitzenqualität. Man hoffe aber auch noch auf einen Überraschungseffekt. Sicher nur wenige EU-Mitarbeiter wüssten, dass Majoran nach ersten zaghaften Versuchen in Thüringen schon seit mehr als 120 Jahren ausschließlich im Regenschatten des Harzes angebaut werde. Der nährstoffreiche Boden und das Wetter ergänzten sich ideal. Overkamp: "Man glaubt es kaum, das Klima ist besser als am Mittelmeer, was den Majoran anbetrifft."
Neben dem Majoran-Werk hoffen 23 Landwirte und verarbeitende Betriebe aus der Region auf eine positive Entscheidung der Behörden in München und Brüssel. Dass es klappen kann, beweisen bereits zwei andere geschützte Marken aus Sachsen-Anhalt: Halberstädter Würstchen und Baumkuchen aus Salzwedel.
Thomas Lange, Geschäftsführer der Agrarmarketinggesellschaft Sachsen-Anhalt, sieht darin erst den Anfang. Nicht nur der Preis, sondern vor allem die Qualität entscheide künftig über die Kaufentscheidung. Vor diesem Hintergrund erweise sich das Gütezeichen als Wettbewerbsvorteil, von dem auch mittelständische Produzenten profitieren könnten. "Gerade bringen wir Fleischer zusammen, die allesamt die Harzer Pottsuse herstellen." Dabei handelt es sich um ein besonders nahrhaftes und haltbares Schmalzfleisch, einst Geheimtipp unter Bergleuten. "Aus unserer Sicht ist das ein Premiumprodukt, das auch als solches angeboten werden muss."