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DDR-Landtechnik als Hobby Manfred Dockhorn und Karsten Matthey bauen alte Traktoren in Mehringen wieder auf: DDR-Landtechnik als Hobby

Von Detlef Anders 28.01.2020, 11:56
In der Werkstatt in Mehringen wartet der ZT303 wie nagelneu auf seinen ersten Einsatz. Daneben ist Platz, um einen weiteren Traktor aufzubauen.
In der Werkstatt in Mehringen wartet der ZT303 wie nagelneu auf seinen ersten Einsatz. Daneben ist Platz, um einen weiteren Traktor aufzubauen. Gehrmann

Mehringen - Als im September 2019 die Fans historischer Landtechnik beim Nachtpflügen der Traktorfreunde aus Wilsleben waren, da konnten sie erstmals einen Verbund von drei Schönebecker ZT303 und ZT300 erleben, die mächtig Staub aufwirbelten. Einen von ihnen steuerte der Mehringer Manfred Dockhorn.

Jetzt im Winter, wenn der Mitarbeiter eines Landwirtschaftsbetriebes Überstunden abbummelt, hat er Zeit, um den Hobbys zu frönen. Neben dem Reiten gehört für den 62-Jährigen der Aufbau von alten DDR-Traktoren dazu.

Manfred Dockhorn hat nicht nur einem der zwischen 1972 und 1982 gebauten ZT303, das waren die Standardtraktoren mit Allradantrieb, wieder neues Leben eingehaucht, sondern auch schon einen zwischen 1957 und 1962 ebenfalls in Schönebeck gebauten RS09 wiederbelebt. „Der war für die Landwirtschaft das beste Gerät. Man konnte alles damit machen. Eine Drillmaschine anbauen, einen Hochrahmen.“

Manfred Dockhorns erster Traktor war einer vom Typ Brockenhexe

Sein erster Traktor war eine Brockenhexe. So hießen die von 1949 bis 1952 in Nordhausen gebauten Traktoren RS 02. „Damit habe ich vor zehn Jahren angefangen.“ In seiner Pkw-Garage musste das Auto weichen und im Winter draußen stehen.

Für das Schrauben an größeren Traktoren steht hinter dem Wohnhaus heute mehr Platz zur Verfügung. Gerade steht Traktor Nummer 4, wieder ein RS09, in der Werkstatt und wird demontiert. Mit einem 1.000 Gramm schweren Hammer schlägt Manfred Dockhorn auf einen Bolzen, um den Hubarm abnehmen zu können. Er kann nicht anders.

Nach der Wende wollte niemand mehr mit Ost-Traktoren auf den Acker, weiß der Mehringer. Fast alle Landwirte kauften sich mit der neuen D-Mark West-Traktoren. Die alte DDR-Technik wurde vergessen.

Dockhorn reparierte einst als Schlosser Traktoren in einer LPG 

„Der ZT stand 27 Jahre draußen in Groß Schierstedt“, schildert Dockhorn. Er hatte den Trecker dann jungen Leuten abgekauft, die dafür gar keine Fahrerlaubnis hatten. „Ich hatte mal einen ZT gemacht für einen guten Kumpel“, sagt er. Dockhorn schildert, dass er einst als gelernter Schlosser in der LPG Traktoren reparierte und als Agrotechniker mit den ZT’s auf dem Acker unterwegs war.

„Ich hatte Lust, mal wieder so einen ZT aufzubauen und für mich zu haben“, beschreibt er die Motivation. „Alles war fest. Es gab nicht eine Schraube, die ging.“ Die Schrauben mussten aufgebohrt werden.“ Langsam begann er dann, den Allrad-Traktor zu demontieren und später wieder zusammenzubauen.

Die Werkstatt, in der Manfred Dockhorn und sein Schwiegersohn Karsten Matthey schrauben, ist gut ausgestattet. Eine große Dieselheizung sorgt für Wärme. Mit der gut drei Meter hohen Standbohrmaschinen lassen sich auch größere Löcher bohren. Ein Amboss aus einer Schmiede wird zum Richten benutzt.

Die Werkstatt in Mehringen ist mit für die meisten Arbeiten ausgestattet

Die großen Reifen der Hinterräder der Traktoren wechseln die beiden Männer schon selbst. Nur bei den kleineren Vorderrädern lassen sie sich helfen. „Man muss ja ein bisschen Spaß haben, sonst geht die Zeit nicht rum“, sagt Dockhorn über das Winter-Hobby.

Gebrauchte Ersatzteile lassen sich für alle Traktoren noch finden. „Hobbys kosten nun mal Geld. Aber es ist schön, wenn man damit fahren kann“, sagt der 39-jährige Schwiegersohn. Karsten Matthey ist in Radisleben mit neueren Traktoren groß geworden. Er findet es aber toll, die Traktor-Oldies aufzubauen. Seit vier Jahren lebt er in Mehringen. „Ich hatte früher eine Modelleisenbahn. Was das mittlerweile an Geld kostet“, meint Matthey.

Karsten Matthey ist in Radisleben mit modernen Traktoren groß geworden

Die Bastler weisen auf gerade benötigte Fenstergummis oder ein neues Dachblech für den RS09 hin. Wie in der Mangelwirtschaft gelernt, wird improvisiert. Das Blechdach wird mit Auslegware als Himmel beklebt. Man muss sich nur zu helfen wissen.

„Die Decken (Reifen) waren kaputt, das Motorgehäuse hatte ein Loch und der Tank war durchgefault“, beschreibt Dockhorn die größten Mängel des RS09, den er für 100 Euro jemandem abgekauft hat. Auch der Kotflügel war kaputt. „Aber irgendwann ist man fertig.“

Manfred Dockhorn ist mit seinen Traktoren auch gern bei den Festumzügen in der Umgebung zu Gast. Egal ob beim Heimatfest in Mehringen, in Schackstedt, beim Jubiläum in Schackenthal oder in Endorf. Jeder zeigt dort die gerade neu aufgebaute historische Landtechnik, und die Gäste freuen sich. „Wir helfen uns als Kollegen in der Landwirtschaft.“

Die fertigen Traktoren stehen überdacht auf dem Grundstück von Dockhorn. Aber ab und zu müssen sie auch bewegt werden. „Die stehen sich sonst kaputt.“ Und so kommt es, dass Dockhorn mit seinen Traktoren und dem fast dreijährigen Enkel hin und wieder eine Runde durch das Dorf fährt. „Es freuen sich immer viele, wenn ich mit dem Trecker ankomme.“

Bei vielen Umzügen in der Region ist Manfred Dockhorn schon mit Traktoren dabei gewesen

Was ihm den Kick zum Weitermachen gibt? „Wenn der Motor läuft und man zum ersten Mal rausfährt.“ Auch den Enkel hat der Virus schon erfasst. „Der ist närrisch nach die Trecker“, meint er in Mundart. Der kleine Plastik-Traktor muss immer in der Werkstatt vor dem ZT parken, so der Opa stolz. 

Vielleicht hilft der Filou ja bald in der Werkstatt. Und bekommt irgendwann seinen eigenen ZT. „So schlecht war die Technik ja nicht“, denkt der Opa voraus. „Warum sollte sie aus dem Blickfeld verschwinden?“ (mz)