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Lucas-Mühle in Giersleben Lucas-Mühle in Giersleben: Naturschutz statt Müllerei

Von Katrin Wurm 28.08.2019, 05:56
Karsten Schiedewitz (von links), Dominik Schumann und Silvana Lehe auf dem Gelände der Lucas-Mühle.
Karsten Schiedewitz (von links), Dominik Schumann und Silvana Lehe auf dem Gelände der Lucas-Mühle. Katrin Wurm

Giersleben - Verschlafen steht sie da, die Lucas-Mühle in Giersleben. Der Graben um das alte Gebäude ist schon längst trocken, kein Wasser plätschert mehr und auch das Mühlrad steht seit Jahren still. Aber es ist ein idyllischer Ort, der viel Ruhe ausstrahlt. „Ein Ort zum Wohlfühlen, zum Entspannen und zum Insichkehren“, sagt Silvana Lehe und blickt über das weite Grundstück, an dessen Ende die Wipper eine natürliche Grenze bildet.

Silvana Lehe gehört, genau wie Karsten Schiedewitz und Dominik Schumann, dem Verein Lucas-Mühle an, der die 700 Jahre alte Mühle samt Nebenhäuser und dem 25000 Quadratmeter großen Grundstück im vergangenen Jahr gekauft hat.

Lucas-Mühle in Giersleben: Workshops und Vorträge sind geplant

Der Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, wieder Leben in das historische Gemäuer der Gierslebener Mühle einziehen zu lassen. Die 18 Mitglieder wollen aber kein Korn mahlen und auch nicht dort wohnen. In Giersleben soll eine kulturelle Begegnungsstätte entstehen. Ein Ort, an dem Umwelt- und Naturbildung gelebt und weitervermittelt werden. Seminare, Workshops und Workcamps, Vorträge und mehr soll es geben, immer mit Blick auf den verantwortungsvollen Umgang mit der Natur und den natürlichen Ressourcen.

Doch bis das Objekt in Giersleben dafür genutzt werden kann, ist es noch ein weiter Weg, wissen die Vereinsmitglieder. Denn am Gebäude und auf dem Grundstück gibt es einiges zu tun. Wie die einzelnen Gebäude - die in den vergangenen Jahren teilweise als Wohnräume genutzt wurden - später einmal aussehen sollen, ist noch nicht ganz klar. Auch, weil in Sachen Denkmalschutz einiges zu beachten ist. „Wir sind mitten in der Konzeption. Alles soll gut geplant und durchdacht sein, damit wir hier etwas Nachhaltiges schaffen können. Uns geht es nicht um eine schnelle Lösung, sondern um eine sinnvolle“, sagt der Vereinschef Dominik Schumann.

Sanieren, Erhalten und Weiterentwickeln - das sind die Ziele, die sich der Verein auf die Fahnen geschrieben hat. „Und eben alles im Rahmen eines umfassenden Denkmal- und Naturschutzes“, sagt Silvana Lehe. Das fange schon bei den Baumaterialien an, die konsequent ökologisch und naturnah sein sollen.

Lucas-Mühle in Giersleben: Turbine unter Tonnen von Bauschutt freigelegt

Bei aller Arbeit, die da jetzt ansteht, entdecken die Vereinsmitglieder immer wieder Relikte aus der Vergangenheit. Richtig stolz sind sie zum Beispiel, dass endlich die riesige Turbine freigelegt werden konnte, die jahrelang unter Tonnen von Bauschutt ein unwürdiges Dasein fristete.

Unterstützt wurden sie dabei von Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus aller Welt, die im Rahmen eines internationalen Workcamps in Giersleben tätig waren. „Die jungen Leute waren uns eine große Hilfe“, sagt Vereinsmitglied Karsten Schiedewitz. Denn nun liegt die große Wasserturbine endlich frei. Eingesetzt werden kann sie natürlich nicht mehr, vielmehr soll sie als Anschauungsobjekt dienen.

Passenderweise konnte der Verein auch Unterlagen zu der Turbine - genauer gesagt eine Francis Zwillings Turbine - organisieren. „Hier war uns das Landesarchiv in Dessau eine große Hilfe“, freut sich Dominik Schumann und zeigt stolz eine Kopie der Zeichnung aus dem Jahr 1921, die quasi damals als Einbau-Anleitung diente. 80.000 Goldmark hat die riesige Turbine damals gekostet, zeigen die Unterlagen aus dem Landesarchiv.

Lucas-Mühle in Giersleben: Stolz auf den ertragreichen Garten

Stolz sind die Vereinsmitglieder auch auf ihren bereits ziemlich ertragreichen Garten, in dem Tomaten, Kürbisse, Zwiebeln, Sellerie, Kartoffeln, Radieschen und allerlei anderes Gemüse prächtig gedeiht.

Eine Streuobstwiese soll folgen, auch Bienenvölker möchte der Verein anschaffen. „Wir haben ein großes Grundstück, das wir auch sinnvoll nutzen wollen“, sagt Silvana Lehe. Wobei zur sinnvollen Nutzung auch gehöre, naturbelassene Ruheecken zu erhalten, wie das idyllische Fleckchen am Rande der Wipper mit Gartenbank.

„Wir wissen schon, dass das hier eine Mammutaufgabe ist. Aber wir wollen uns sinnvoll einbringen, etwas Nachhaltiges für Natur und Mensch schaffen, und wir sind davon überzeugt, auf dem richtigen Weg zu sein“, spricht Silvana Lehe von ihrer Motivation.

Lucas-Mühle in Giersleben: Unterstützung von Erben in Sachen Historie

Dankbar ist der Verein auch den Nachkommen der Müllerfamilie Lucas. Da die Mühle sich vor dem Erwerb durch den Verein in einer Erbengemeinschaft befand, entschied eben diese Gemeinschaft auch über die Zukunft der Gemäuer in Giersleben.

„Die Erben sind von unserer Idee überzeugt und das freut uns sehr“, sagt Silvana Lehe. „Wir bekommen Unterstützung von der Familie, gerade in Sachen Chronik“, schließt sie an. Und so freut sich der Verein über historische Fotos, die das Leben der Müllersfamilie zeigen.

Bereits jetzt finden auf dem Gelände Seminare statt, wie zum Beispiel ein Plastik-Vermeidungs-Workshop. „Der erste Workshop dieser Art kam schon gut an, deshalb gibt es eine Wiederholung“, sagt Schumann. Am Sonntag, 8. September - dem Tag des offenen Denkmals -, kann jeder - auch ohne Voranmeldung - zwischen 14 und 16 Uhr an dem Workshop teilnehmen. Dieser findet auf dem Gelände der Lucasmühle, Mühlenstraße 65, statt. (mz)

Die Rückansicht der Giersleber Mühle.
Die Rückansicht der Giersleber Mühle.
Katrin Wurm
Die freigelegte Turbine.
Die freigelegte Turbine.
Wurm