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Lehrermangel im Raum Aschersleben Lehrermangel im Raum Aschersleben: Unterrichtsausfall, Vertretung und Überstunden an Gemeinschaftsschule Albert Schweitzer

Von Marko Jeschor 15.03.2018, 11:10
Der Englischunterricht musste aufgrund von Personalmangel an der Schweitzer-Schule schon eingedampft werden.
Der Englischunterricht musste aufgrund von Personalmangel an der Schweitzer-Schule schon eingedampft werden. Frank Gehrmann

Aschersleben - Regulärer Englischunterricht? Der ist an der Gemeinschaftsschule „Albert Schweitzer“ in Aschersleben angesichts des Personalmangels längst nicht mehr möglich. „Wir mussten die Stundenanzahl reduzieren, um die vorhandenen Lehrer auf die Klassen zu verteilen“, berichtet Schulleiterin Katrin Jelitte. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs.

Auch sonst nehmen der Unterrichtsausfall bzw. die sogenannten nicht fachgerechten Vertretungsstunden an der Gemeinschaftsschule zu. Aktuell, so berichtet Jelitte, fehlen aufgrund von Langzeiterkrankten und schwangeren Kolleginnen vier Lehrkräfte. Theoretisch sollen sich 43 Lehrer und pädagogische Mitarbeiter um knapp 460 Schüler kümmern, die entweder ihren Haupt- oder Realschulabschluss bzw. künftig das Abitur ablegen wollen.

Vorbereitung auf Prüfungen leidet unter Lehrermangel

Praktisch ist eine vernünftige Vorbereitung auf die Prüfungen kaum zu bewältigen, wie auch aus Daten des Landesschulamts für das aktuelle Schuljahr hervorgeht.

Auf MZ-Anfrage teilte eine Sprecherin mit, dass die Unterrichtsversorgung gerade einmal mit 96 Prozent gewährleistet werden kann - ein weiterer Tiefpunkt. Jelitte glaubt angesichts des Krankenstands, dass selbst diese Angabe noch „schön gerechnet worden ist“.

Schulleiterin nennt offizielle Zahlen „schön gerechnet"

Noch schlechter sieht es nur noch an den Gymnasien im Landkreis aus. Auch an Grund- und Sekundarschulen sind Ausfall- und Vertretungsstunden eher die Regel als die Ausnahme (siehe Grafik „Unterrichtsversorgung und Schülerzahlen für den Salzlandkreis“). Angestrebt werden deutlich über 100 Prozent, um eben auch krankheitsbedingte Ausfälle kompensieren zu können.

Schweitzer-Schulleiterin Jelitte sagt, die Kollegen seien zwar äußerst engagiert, mittlerweile aber auch demotiviert. Denn: „Das geht ganz schön an die Substanz.“ Das Problem: Eine Entspannung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Die zulässigen Überstunden sind längst erreicht. Zudem sind aktuell nur zwei Stellen vom Landesschulamt ausgeschrieben: mit Schwerpunkt Mathe und Musik.

Am 15. März ist Bewerbungsschluss für ausgeschrieben Stellen

Diese gehören zu insgesamt 120 Stellen im Land, auf die sich (angehende) Lehrer bis einschließlich heute erneut bewerben können. Erneut, weil die Stellen bereits im vergangenen Dezember ausgeschrieben waren, die allerdings nicht besetzt werden konnten, wie Sprecherin Silke Stadör vom Landesschulamt am Mittwoch auf MZ-Anfrage erklärte.

Neben der Schweitzer-Schule gibt es weitere Stellen im Landkreis: vier ohne vordefinierte Fachspezifikation an nicht festgelegten Grundschulen sowie mehrere an verschiedenen Sekundarschulen.

Die beiden Stellen für die Schweitzer-Schule reichen dabei natürlich nicht  ansatzweise, um die tatsächlichen Lücken zu stopfen. Sie orientieren sich vielmehr „nur“  am künftigen Bedarf. 

Viele Lehrer scheiden wegen ihres hohen Alters bald  aus dem Schuldienst aus

Denn aufgrund des hohen Altersdurchschnitts werden in den nächsten Jahren mehrere Kollegen  in den Ruhestand gehen, wie Jelitte berichtet. Einer von ihnen ist der stellvertretende Schulleiter Wolfgang Reiter.

Mit den altersbedingten Abgängen wird sich auch die Unterrichtsversorgung in den naturwissenschaftlichen Fächern weiter verschlechtern. Denn gerade in diesen Bereichen seien neue Kollegen sehr gefragt, so Jelitte. Mit anderen Worten: Die Konkurrenz ist groß.

Dabei sind die Schulen im Landkreis laut Landesschulamt im Vergleich zu den drei großen Oberzentren Magdeburg, Halle und Dessau-Roßlau im Nachteil. Es werde im ländlichen Raum zunehmend schwieriger, ausgeschriebene Stellen zu besetzen, räumte die Sprecherin ein. Auch deswegen sind zuletzt vier Seiteneinsteiger vor Schulklassen gestellt worden.

Fast die Hälfte der Bewerber sind Quereinsteiger

Diese Quereinsteiger machen mittlerweile gut die Hälfte der Bewerbungen für Mathe, Physik und Chemie, aber auch Musik aus, wie Stadör weiter sagte. Ob die Bewerber tatsächlich geeignet sind für den Job vor der Klasse in der Schweitzer-Schule, wollte sie nicht sagen. Es gebe zwei Bewerbungen auf beide Stellen, diese müssten allerdings noch geprüft werden. Schulleiterin Jelitte will die Hoffnung trotz der düsteren Aussichten dennoch nicht aufgeben. „Wenn wir junge Leute bekommen, wäre das das Optimum.“ (mz)