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Lange Gasse 7 Lange Gasse 7: Richtfest für den Abrisskandidaten

16.04.2004, 16:07

Quedlinburg/MZ/hk. - Der Abriss war eigentlich beschlossene und genehmigte Sache, doch dann entbrannte eine heftige Diskussion: In deren Folge nun das etwa 225 Jahre alte Fachwerkhaus Lange Gasse 7 in Quedlinburg zu einem einzigartigen Modellprojekt wird.

Am Freitag wurde auf der Baustelle, die seit acht Monaten in Betrieb ist, Richtfest gefeiert. Der Hausherr und Chef der Quedlinburger Wohnungswirtschaftsgesellschaft, Manfred Jäger, schlug den letzten historischen Nagel in den Dachstuhl. "Ich habe es selber nicht geglaubt, dass das was wird", gestand Jäger zuvor. Jetzt wird das große Haus für neue Mieter saniert. Einerseits. Andererseits wird das Haus zum Forschungsobjekt für Bauwissenschaftler und Baustoffproduzenten, wie Architektin Christina Jerx erläuterte: "Trotz bester Planungen gibt es immer wieder Fehler bei der Sanierung solcher alten Häuser." Eine falsche Wärmedämmung beispielsweise könne einem Fachwerkhaus letztlich so zusetzen, dass schwere Schäden bis hin zum Abriss die Folge sein können.

Um solche Fehler künftig zu vermeiden, werden die Technische Universität Dresden und das Deutsche Fachwerkzentrum Quedlinburg das Haus unter laufendem Betrieb beobachten. Mit einer Reihe von Messgeräten, die Schall- und Klimadaten aufzeichnen, wird kontrolliert, welche Auswirkungen die Kombination moderner, meist ökologischer Baustoffe, mit historischen Materialien hat. "Jede Wand, jede Decke ist anders gestaltet", erklärte die Architektin. Und jede Wohnung wird auch auf andere Weise beheizt. Ursprung der Wärme ist aber immer eine solarunterstützte Brennwert-Heizungsanlage, die installiert werden soll. "Wir wollen auf diese Weise auch mehr Akzeptanz für den Einsatz ökologischer und umweltfreundlicher Produkte schaffen", sagte Bettina Stöckicht vom Deutschen Fachwerkzentrum, welches die Dokumentation und Auswertung der Messergebnisse übernimmt. Damit nicht nur Wissenschaftler und Mieter von dem Pilotprojekt profitieren, wird im Erdgeschoss eine Ausstellung für Bauherren und andere Interessierte jederzeit offen stehen. Rund eine Million Euro kostet die Sanierung des Hauses, das Gros stammt aus Fördermitteln der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und Stadtsanierungs-Mitteln von Bund, Land und Stadt.