Landesgartenschau Landesgartenschau: Die laute Kunst mit der Kettensäge
ASCHERSLEBEN/MZ. - Der Lärm ist ohrenbetäubend. Die Kettensägen heulen im Chor. Gierig fressen sich die scharfen Zähne durch das Holz. Wenn sich Bernd Schöbel, Dieter Krüger, Bernd Winter und Mike Richter an die Arbeit machen, fliegen die Sägespäne.
Die vier Männer sind in ihrem Element. Bäume fällen sie nicht. Sie schnitzen Skulpturen. Mit Kettensägen. Chainsaw Carving nennt sich die Kunst des Kettensägens, der sie frönen. Am Wochenende haben sie auf der Landesgartenschau ihre Maschinen angeschmissen.
Bernd Schöbel lassen die Geräusche kalt. In seinem Gehörschutz ist ein Radio. Die Musik sei hilfreich, abzuschalten und "sich der Sache richtig zu widmen". Der "Eulenmacher" aus Bad Kösen hat Hobby zum Beruf gemacht. Schon sein Großvater sei Tischler gewesen und habe geschnitzt, erklärt er, woher seine Faszination für den Werkstoff Holz komme. Den Holzscheit vor Augen ist die Idee nicht weit: "Man muss wissen, was man aus dem Holz holen kann", sagt der ursprünglich aus dem Erzgebirge stammende Schöbel. Am Montag will er eine Eule schlüpfen lassen. Aber der Kreativität seien in diesem Metier keine Grenzen gesetzt, erzählt er von seiner bisweilen kuriosesten Auftragsarbeit: einen riesigen Phallus - "den hat eine Schar Krankenschwestern ihrem Chefarzt geschenkt". Um auf dem Laufenden zu sein, bilde er sich regelmäßig weiter: "Man muss dranbleiben. Ohne Fleiß kein Preis", ist Schöbel überzeugt und macht sich am Schleifgerät zu schaffen, mit dem er seinen Skulpturen den letzten Schliff verpasst. "Ich bin für die feinen Ausarbeitungen - das ist mein Richtung", erklärt er, dass jeder Kettensägenschnitzer seinen Kunstwerken eine individuelle Note verleihe, die dem Kenner verrät, wer der Künstler ist.
Wer durch den Harz reist, kommt nicht um Bernd Winter herum. Der Tischler aus Neinstedt bei Thale betreibt das Chainsaw Carving seit zwei Jahren. Hexen, Teufel, Zwerge und Kobolde, die hutzeligen Waldbewohner haben es ihrem Mann vornehmlich angetan, sagt seine Frau Petra, "das passt ja auch in unsere Gegend". Sie selbst habe sich noch nicht im Kettensägenschnitzen ausprobiert. "Er lässt mich nicht", tut sie zunächst eingeschnappt, ehe sie loslacht: "Nein, ich habe mich noch nicht getraut, aber es reizt mich schon mal." Nicht weniger reizvoll sei es, ihren Gatten zu Schnitzvorführungen zu begleiten - dieses Wochenende Aschersleben, nächstes Bad Düben, "um auch mal die Meinungen anderer zu hören und sich selbst ein Bild von den unterschiedlichen Stilen zu machen". "Das macht unheimlich Spaß", so Winter.
Das Schnitzen hat Dieter Krüger schon als Kind Spaß gemacht. Wie man dazu komme? "So wie andere zum Stricken", so der Thüringer aus Wiehe. "Als das mit den Motorkettensägen losgegangen ist, habe ich es probiert und bin dabei geblieben", sagt er, der, wie wohl jeder andere auch, mit einer ganz normalen "Brennholzsäge" angefangen hat. "Es ist erstaunlich, was man damit machen kann", so Krüger. "Die Maschinen, die wir verwenden, sind die üblichen, an denen lediglich einige Veränderungen vorgenommen worden sind", erläutert er. Sie seien rückschlagsärmer und damit weniger gefährlich und verfügen über Spezialschienen, um auch filigrane Konturen schneiden zu können, spricht's, klettert auf die Leiter, schmeißt eine seiner Kettensägen an - der Lärm ist ohrenbetäubend -, setzt an, und dabei wirbeln die Späne nur so durch die Luft.