Kunstmaler Herbert Köppe Kunstmaler Herbert Köppe: Auge in Auge mit sich selbst

Aschersleben - „Ich weiß nicht, ob es eine Ausrede war - aber wenn mein Mann damals später nach Hause kam, dann hat er gesagt, er musste wieder mal Modell stehen“, schmunzelt Marianne Alfs. Modell stehen für das Gemälde „Aktivist Alfs“ von Kunstmaler Herbert Köppe, das gegenwärtig im Ascherslebener Museum als Exponat des Monats gezeigt wird.
Das mit dem Modellstehen war im Jahr 1963. Im Frühjahr oder Sommer. Reinhard Alfs war damals ein jungen Spund und Chef von 17 Mann einer Arbeitsbrigade im VEB Geologische Bohrungen in der Ascherslebener Lindenstraße. Dort, wo 1971 aus den Geologischen Bohrungen der VEB Baumaschinen Gatersleben wurde und wo inzwischen - außer einer großen Freifläche - so gut wie nichts mehr an diese Unternehmen erinnert. Zwischen dem Betrieb und dem Maler Herbert Köppe habe seinerzeit eine Patenschaft bestanden. Eine Patenschaft zwischen Künstler und Arbeitern, wie es sie damals vielerorts gab.
„Irgendwie hat sich das mit dem Modellstehen dann ergeben - ich habe es von mir aus nicht gewollt, mich dann aber doch darauf eingelassen“, erinnert sich der heute 81-jährige Reinhard Alfs. Traurig sei er damals allerdings auch nicht gewesen, wirft seine Frau lachend ein. Wie viele „Sitzungen“ nötig waren, bis der Maler mit dem Ergebnis zufrieden war? Das weiß der Porträtierte allerdings nicht mehr so genau. „Es waren auf alle Fälle mehrere. Schließlich dauert es seine Zeit, bis so ein Bild fertig ist“, sagt Marianne Alfs.
Auf der Suche nach Verwandten
Das Werk habe dann lange im Volkshaus - dem heutigen Bestehornhaus - im Treppenaufgang gehangen, erzählen die beiden.
Spätestens kurz nach der Wende sei es von der Wand genommen worden. Alfs’ haben sich dann immer mal wieder an unterschiedlichsten Stellen nach dessen Verbleib erkundigt. Zunächst ohne Ergebnis. Der ehemalige Museums-Mitarbeiter und Restaurator Martin Just habe ihnen schließlich vor einigen Jahren erzählt, dass das Bild im städtischen Museum eingelagert worden sei. Dort verblieb es zunächst - auch von den Alfs’ ungesehen. Umso überraschter waren die beiden, als das Porträt jetzt doch wieder zum Vorschein kam und die Museumsbesucher in diesen Tagen sogar im Eingangsbereich begrüßt. Dazu war es gekommen, weil sich die Patentochter des Künstlers Herbert Köppe, Heidrun Benkmann aus Stuttgart mit der Frage an die Mitteldeutsche Zeitung gewandt hatte, ob man ihr bei der Suche nach Verwandten von Herbert Köppe behilflich sein könnte. Im vergangenen Jahr sei nämlich ein Besuch in Aschersleben in dieser Sache erfolglos verlaufen. Außerdem sei die Enttäuschung groß gewesen, dass ihr Patenonkel als Maler in seiner Heimatstadt Aschersleben so gut wie vergessen schien. Zumindest hatte die Stuttgarterin nicht - wie erhofft - bei ihrem ersten Aschersleben-Besuch nach genau 50 Jahren auch nur ein einziges Köppe-Werk zu Gesicht bekommen (die MZ berichtete).
Als sein fast schon vergessenes Porträt vor einigen Tagen plötzlich in der Zeitung zu sehen war, haben sich Reinhard Alfs und seine Frau sofort auf den Weg ins Museum gemacht, um es in Augenschein zu nehmen. Sie hätten zwar ein Foto von dem Gemälde - aber das Original sei doch etwas anderes - und vor allem schöner, sind sich die Eheleute einig. Und die Tatsache, dass das Porträt wieder in der Öffentlichkeit aufgetaucht ist, habe auch Folgen. „Ich wurde inzwischen schon von vielen Bekannten und ehemaligen Kollegen daraufhin angesprochen“, sagt Reinhard Alfs.
Weit gereister Künstler
Bei solchen Gelegenheiten werden dann natürlich auch Erinnerungen wach. Erinnerungen an die gemeinsame Arbeit in einem Betrieb, dem Reinhard Alfs von der Berufsausbildung bis zum Rentenalter die Treue gehalten hat. Ab 1950 zunächst als Lehrling, dann als gelernter Maschinenschlosser und später als Monteur.
Als solcher hat Reinhard Alfs viel von der Welt gesehen. Nicht nur fast sämtliche Ostblockstaaten, sondern beispielsweise auch Syrien und den Irak bereist. Und das Allerschönste - durch die Arbeit als Monteur haben sich Marianne und Reinhard Alfs erst kennengelernt. Sie arbeitete damals im Stützpunkt Osterwieck, wo Reinhard Alfs mehrere Maschinen zu betreuen hatte. Dabei passierte es, dass es schließlich zwischen den beiden gefunkt hat. Und ein kleines - zum Glück erhaltenes - Stück ihres gemeinsamen Lebens ist eben auch das 1963 von Herbert Köppe gemalte Porträt.
Viel Wehmut komme dagegen auf, wenn der Ascherslebener heute durch die Lindenstraße schlendert. Für ihn sei es einfach nur traurig, dass von seinem ehemaligen Betrieb nichts mehr übrig geblieben ist, sagt Reinhard Alfs und atmet tief durch. (mz)