1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Aschersleben
  6. >
  7. Kunstaktion in Aschersleben: Kunstaktion in Aschersleben: Ist mein Schatz ein Schatz?

Kunstaktion in Aschersleben Kunstaktion in Aschersleben: Ist mein Schatz ein Schatz?

Von Marianne Bothe 18.09.2016, 16:54
Henry Thurisch (links) und Bernd Hübner schätzen im Museum wieder private Schätze.
Henry Thurisch (links) und Bernd Hübner schätzen im Museum wieder private Schätze. Thomas Tobis

Aschersleben - Sie hatten es ja bereits vermutet, aber das Urteil eines erfahrenen Fachmannes sollte Gewissheit bringen: Ist das große, alte Wandbild eines Danziger Malers mit der Hafenansicht vor mittelalterlicher Kulisse nun echt oder doch eine Reproduktion? Jahrelang zierte das 100 Jahre alte Erbstück die Zörbiger Wohnung eines Ehepaares. „Nun haben wir alles umgestaltet und das Bild passt nicht mehr rein“, erzählt der Mann, während seine Frau ergänzt: „Es ist wahrscheinlich kein Original, aber wir sind neugierig, ob das auch stimmt.“ Noch harrt das gute Stück, sicher eingewickelt, der Begutachtung eines Fachmanns.

Zu genau diesem Zweck erwarten am Sonntagvormittag im Freimaurertempel am Markt Henry Thurisch, der junge Inhaber des Kunst- und Auktionshauses Breitschuh in Quedlinburg, und Bernd Hübner, ein erfahrener Mann im Antik- und Trödelhandel aus Blankenburg die Gäste. Gemeinsam mit dem Museum unter Luisa Töpel gibt es die dritte Aktion dieser Art in Aschersleben. Bisher immer ein Renner. Kostenlos „Schätze schätzen“ lassen wollen diesmal allerdings nur wenige.

Der erste Besucher ist aus Aschersleben und bringt in seinem Rucksack Porzellanteller aus Meissen und eine Käthe-Kruse-Puppe mit. „Man hat sich in seinem Leben ja oft eingemüllt. Im Alter muss man rechtzeitig aufräumen und sich von manchem trennen.“ Scherzend begründet er seine Überlegungen, zu unterscheiden, was weiter in der Vitrine bleibt und was er weggeben will, wenn er sich später, aber rechtzeitig vom Haus in eine kleine Wohnung verändert. Wahrscheinlich schafft es der große Teller aus Meissner Porzellan dann in eben diese Vitrine. Denn Henry Thurisch und Bernd Hübner erkennen darin einen Wert, der in einer Auktion mehrere hundert Euro erzielen könnte.

Schwierig zu verkaufen scheinen allerdings die Gegenstände aus der Tasche eines extra angereisten Rentner-Ehepaares aus Sangerhausen. Darin eine Musterkarte aus den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts mit böhmischer Bijouterie – 11 silberfarbene Armbänder mit Glassteinen aus Gablonz. Hübsch sehen sie aus, mit Blumenornamenten und kleinen Steinen, die anmuten wie Koralle und Granat. Auch wenn zwei in der Reihe fehlen, sollte man die Karte mit dem darauf befestigten Modeschmuck am besten zusammen lassen, rät Bernd Hübner. Dann könnte das vielleicht für ein heutiges Schmuckgeschäft oder eine Boutique interessant sein, meint auch Henry Thurisch. Aber es sei schwierig, hier einen Preis zu finden. Dafür sei der Schmuck als solcher eben nicht hochwertig genug, erfährt der Sammler aus Sangerhausen von den Experten. Für seine mitgebrachten alten Modezeichnungen aus der Biedermeier-Zeit um 1870, sowohl Litho als auch handkoloriert, gilt Ähnliches. Die Blattsammlung ließe sich verkaufen, wenn jedes Bild einzeln gerahmt wäre. Er müsste also selber noch einmal investieren in hochwertige Rahmen mit Passepartout und könnte die Motive dann einzeln zum Verkauf anbieten, wird ihm empfohlen. Will er das? Nicht unbedingt.

Auch die alte, handschriftliche Blattsammlung hat einen Wert, der vielleicht für ein Museum Im Erzgebirge interessant sei. Es handelt sich um eine Art Bauanleitung für Instrumente im Zusammenhang mit Bergbau in Freiberg. „Der Inhalt müsste aufgearbeitet werden, um die Frage zu beantworten: Wer hat das gemacht? Und warum? Womöglich hochinteressant für ein Museum“, erfährt der Sangerhäuser Sammler vom Antikwarenhändler. Das leuchtet ihm ein. Er zeigt sich verständnisvoll, hat noch viele andere Sachen zu Hause. Aber dafür will er einen gesonderten Termin machen.

Auch die Zörbiger Eheleute haben inzwischen ihre Schätze wieder eingepackt, neben dem kopierten Bild auch einige alte Gebrauchsgegenstände aus Porzellan. Sie hatten dreimal mit dem Museum in Aschersleben telefoniert, ehe sie endlich vom passenden Termin erfuhren. Reich werden sie mit ihrem alten Familienbesitz wohl nicht. Sie hatten es ja eigentlich auch schon geahnt. Nun wissen sie es.

Aber Aschersleben soll sich trotzdem lohnen. Sie besuchten die Stadt erstmals zur Landesgartenschau vor einigen Jahren und wollen nun wieder eine Runde entlang der Route drehen. Inzwischen scheint draußen die Sonne durch die Wolken und auch so bekommt die Anfahrt von Zörbig ihren besonderen Sinn.

(mz)