König statt Königin König statt Königin: Ex-Berlinerin lässt Männer auf der Strecke

Wilsleben - Zwei große Schützenscheiben hängen an einem alten Haus im Pfarrwinkel. Jetzt kommt die dritte dazu. Nach zwei Siegen beim Adlerschießen in den vergangenen Jahren ist Mandy Jakob vor ein paar Tagen „Schützenkönig“ von Wilsleben geworden. Da sie die einzige Frau im Schützenverein ist, erfolgt keine Trennung nach Geschlechtern. Und so steht statt „Königin“ „König“ auf der Scheibe.
Die 41-Jährige ist waschechte Berlinerin, auch wenn sie nicht berlinert. Ihre Mutter hatte auf die hochdeutsche Aussprache Wert gelegt, berichtet Mandy Jakob.
König statt Königin: Das Leben dem Leistunsgsport gewidmet
Aufgewachsen ist sie in Berlin-Friedrichshain. Ihr Leben hatte sie einst dem Leistungssport gewidmet. Sie war erfolgreiche Judo-Kämpferin. Schon als Kind kam die Enkelin eines Judo- und Fußball-Trainers zum Sport. Und da sie erfolgreich war, wurde sie an die Sportschule delegiert.
Mandy Jakob räumte Medaillen ab und kämpfte für den SC Berlin in der Bundesliga um Punkte und bei den Deutschen Meisterschaften in der Gewichtsklasse 48 bis 52 Kilogramm um Medaillen. Das war ihr Leben, ihr Job.
König statt Königin: Erst in Schierstedt, dann nach Wilsleben
Zum Traumberuf als Polizistin reichten 1,58 Meter nicht. Die Friseurlehre brach sie ab und setzte auf Judo. Doch mit 29 wollten die Knochen nicht mehr. Als die Ehe zerbrach zog sie mit ihrem Sohn 2013 nach Schierstedt, ein Jahr später nach Wilsleben, wo ihre Tante und die Cousine leben.
Viele Jahre arbeitete sie palliativ. Sie hat todkranke Menschen begleitet. Doch das ging gesundheitlich dann nicht hauptberuflich.
Nachdem Mandy Jakob beim Schützenfest vor fünf Jahren das Adlerschießen gewonnen hatte, trat sie dem Verein bei. Als sie ihre Mutter pflegte, ließ sie die Mitgliedschaft ruhen. Erst seit dem Frühjahr ist sie wieder voll dabei. Sie arbeitet auch im Vereinsvorstand der Schützen als Schriftführerin. „Beim Schießen muss man sich auch konzentrieren und Ruhe bewahren. Zwar nicht rangeln und kämpfen, aber man muss wie beim Judo mental kämpfen.“
Durch eine Judo-Verletzung ist Mandy Jakob auf einem Ohr taub. Genaues Beobachten des Gegners ermöglichte ihr trotzdem ein erfolgreiches Kämpfen im Sport. 2014 kam der nächste Schicksalsschlag. Als sie in der Gastronomie arbeitete, erlitt sie stressbedingt einen Hörsturz. Eine weitere Erkrankung kam dann auch noch dazu.
Ab Oktober arbeitet Mandy Jakob ehrenamtlich bis Dezember drei Stunden täglich gegen eine Aufwandsentschädigung im Wilslebener Jugendclub. Vielleicht könnte daraus ja irgendwann mehr werden. Ehrenamtlich hilft sie heute noch beim Diakonischen Werk in der Sterbebegleitung.
Dorfgemeinschaftsverein soll wiederbelebt werden
Der Schützenverein ist nicht der einzige Wilslebener Verein, in dem sich die 41-Jährige engagiert. Sie ist Mitglied der evangelischen Kirchengemeinde und im Förderkreis zu Wilsleben. Mit einer Freundin versucht sie gerade, den Dorfgemeinschaftsverein wiederzubeleben – mit dem Wappentier der Wilslebener Schützen als „Kiebitzer Dorfgemeinschaftsverein“. Und beim Line Dance ist sie auch noch gern.
Was sie bei den Vereinen begeistert? „Ich liebe diese Zusammengehörigkeit, diese Teambereitschaft: Einer für alle und alle für einen, so ist das in dem Verein“, lobt sie die Schützen. Sie würde sich freuen, wenn noch mehr Frauen zum Schützenverein kommen. „Ich hoffe, dass ich noch mehr in den Bann ziehe.“ Vielleicht gibt es ja irgendwann ein Königsschießen der Damen. (mz)