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Komödie Komödie: Hase als Fluchthelfer aus der Wirklichkeit

Von Kerstin Beier 29.01.2002, 18:50

Staßfurt/MZ. - Kennen Sie Harvey? Nein? Dann wird es aber Zeit! Obwohl: Wahrscheinlich können Sie ihn gar nicht kennen. Harvey ist nämlich ein weißer, zwei Meter großer Hase und der beste Freund des liebenswürdigen Elwood P. Dowd (Winfried Glatzeder).

Man muss schon ein wenig närrisch sein, um ihn zu sehen. Irgendwann einmal muss ihn jener Dowd, einst zur besseren Gesellschaft gehörend, angeschafft haben. Und nun begleitet ihn das weiße Tier auf Schritt und Tritt. Harvey erleichtert seinem Freund die wohl notwendige Flucht aus der Realität.

Und wenn der freundliche, nie aggressive und immer ausgeglichene Dowd seine dünkelhafte Schwester Veta Louise Simmens (Gaby Gasser) und deren Tochter Myrtle Mae (Daniela Ziemann) schier in den Wahnsinn treibt, dann ist das nicht mehr sein Problem. Auf jeden Fall ist so ein Hase eine praktische Sache. Das sieht bald auch der Psychiater Professor Chumley (Joost Siedhoff) ein, der am liebsten auch einen hätte ... Nach zweieinhalb Stunden Komödie weiß das hochgradig amüsierte Publikum im ausverkauften Saal des Salzlandtheaters langsam selbst nicht mehr, wer nun eigentlich ein bisschen närrisch ist. Und der weiße Hase, von dem niemand je auch nur die Ohren erblickte, ist zum guten Bekannten eines jeden geworden.

Mit "Mein Freund Harvey" landete die 1907 geborene Schriftstellerin Mary Chase auf Anhieb einen Riesenerfolg. 1944 wurde das Stück in New York uraufgeführt, 1775 Vorstellungen folgten bis zur Spielzeit 1948/49. Bereits kurz nach der Uraufführung wurde die Dramatikerin mit dem berühmten Pulitzer-Preis ausgezeichnet.

Das Theater am Kurfürstendamm Berlin verpflichtete mit Winfried Glatzeder nicht nur einen hervorragenden, charismatischen Schauspieler, sondern gleichzeitig einen Publikumsmagneten - zumindest im Osten des Landes.

Und so waren wohl viele vor allem seinetwegen ins Staßfurter Salzlandtheater gekommen - um zu sehen, was denn geworden ist aus dem jungen Draufgänger aus der "Legende von Paul und Paula".

Erfreut konnten viele nach dem Wiedersehen feststellen: Winfried Glatzeder ist noch immer der alte - sein Spiel herzerfrischend, von zurückhaltender Eleganz und mit immer noch jungenhaftem Charme. Herzerfrischend, humorvoll und dynamisch aber auch die anderen Ensemblemitglieder, denen es zu verdanken war, dass das Stück wie aus einem Guss über die Bühne ging.

Wunderbar zum Beispiel Gaby Gasser in ihrem verzweifelten Bemühen, ihren Bruder in eine Anstalt einweisen zu lassen. Mit ihrem Redeschwall raubt sie dem engagierten Dr. Sanderson (Daniel Del-Ponte) und der verliebten Schwester Kelly (Isabel Arlt) beinahe den letzten Nerv. Und noch ehe sie sich versieht, schleppt sie der robuste Pfleger Wilson (Claus Stahnke) selbst als Patientin ab.

Ebba M. Reiter glänzt in der Rolle der gestrengen Mrs. Chauvenet, der reichen Erbtante, um deren Gunst alle buhlen: außer Elwood P. Dowd natürlich. Und außer Harvey.